Deichkind

Arbeitsverweigerung mit Deichkind

Das neue lang erwartete Album von Deichkind, erscheint endlich an diesem Freitag und heißt wie die bombig eingeschlagene Single „Arbeit nervt!“. Ihre explosive Mischung aus Verweigerungspolitik, Ausschweifung und kultiviertem Losertum treibt hier seltsamste Blüten. Auch live haben sie die Hymne zum Liegenbleiben im Gepäck.

[ruhr-guide] In einer vernaddelten Welt, in der MenschenDeichkind Drogen nehmen müssen, um in ihrem Job funktionieren zu können, sind Deichkind die Retter vor dem großen Stumpf. Der Prostitution, die sich durch alle Schichten unserer Gesellschaft zieht, vom Politiker bis zur TV-Nutte und ihren Zuhältern, setzen die Hamburger Hymnen der Dysfunktion und des eigenen Versagens entgegen. Nichts bringt das deutlicher auf den Punkt als der Titel ihres vierten Albums, „Arbeit nervt!“. Genau! Das wollten wir doch auch gerade sagen, oder doch lieber nicht?

Dafür, dass Arbeit nervt, sind Deichkind ganz schön fleißig! Im Ursprung sind sie HipHop wie er mal gedacht war: Als ein Abenteuerspielplatz für neue Ideen. Doch während HipHop nach einer erfüllten Ewigkeit droht, im Siechtum zu verelenden, feiern Deichkind im zwölften Jahr ihres Bestehens die Pubertät. Oft eine eher finstere Phase mit Pickeln, Hormonschüben und jede Menge Teenage-Angst, das alles kann einem ganz schön das Leben versauen. Muss es aber nicht. Man kann es auch wie Deichkind machen.

Deichkind haben seit dem letzten Longplayer „Aufstand im Schlaraffenland“ nicht nur für mächtig „Remmidemmi“ gesorgt, sondern in der Zwischenzeit auch die professionelle Bierdusche erfunden, was sie bei den Juicy Beats 2007 eindrucksvoll unter Beweis stellten. Mit „Arbeit nervt!“ werden Deichkind nicht mehr nur im Bier duschen, sondern endlich auch im wohlverdienten Erfolg.

Neben einem zwingenden Appell Deichkindan die Trinker-Solidarität findet sich ein nahezu unheimlich schwereloses Liebeslied, das Deichkind noch in ungeahnte Höhen katapultieren sollte. Hier und da macht sich auch schon das vor kurzem zur Band gestoßene Goldlöckchen Ferris MC bemerkbar; der ehemalige König aller Druffis ist inzwischen cleaner als die Heilsarmee, rappt aber mit derselben Wolfes-Stimme wie eh und je. Weil Deichkind nichts so sehr hassen wie Kollabo-Hustler haben sie ihn gleich einverleibt. Das macht sie nur noch stärker.

An einer Stelle auf „Arbeit nervt!“ loopen DEICHKIND einen Beat des in Ungnade gefallenen Königs des Glam-Rocks, Gary Glitter und behaupten trotzig im Refrain: „Unzufrieden, faul und fett? Es geht mir gut dabei!“ Gekrönt wird das ganze von einem gehässigen: „Nana-nana-nanahh!“ Dasselbe Geräusch machen Kinder, wenn sie den Erwachsenen einen Streich spielen. Etwas später im selben Song, einem von mehreren kapitalen Hits: „Ich feuere keine Hits mehr raus und ruhe mich auf meinen Lorbeeren aus!“

Nun sollte auch der letzte merken, dass hier weder Ironie noch Koketterie weiterhelfen. Es geht um viel mehr. Deichkind leben das Tao der Gosse: Nichts ist gut, nichts ist schlecht, alles ist. Darauf ein Pils!

DEICHKIND LIVE



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Fotos: Nikolaus Brede

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