Rekonstruktion eines Tempels in Uruk

Uruk – 5.000 Jahre Megacity im LWL-Museum für Archäologie Herne

Uruk gilt als die älteste bekannte Großstadt der Menschheit. Wasserversorgung, Kulturzentren, Fastfood, Wegwerfgeschirr und Bürokratie – alles Erfindungen der Moderne? Genau das alles kannte man in Uruk schon vor 5.000 Jahren. Nach der Erfindung der Keilschrift gab es sogar Kreditsysteme, Eheverträge, Lieferscheine und Wörterbücher. Der legendäre König Gilgamesch stammt auch aus der vorchristlichen Metropole, die im heutigen Irak liegt. Im LWL-Museum für Archäologie in Herne können Besucher bis zum 21. April 2014 über 300 Exponate zur faszinierenden Megacity bewundern.

[ruhr-guide] Schon seit 100 Jahren arbeiten deutscheRekonstruktion eines Tempels in Uruk Forscher an der Ausgrabung der Jahrtausende alten Metropole. Man erreichte in der Zeit viele Erkenntnisse über das Leben der Bewohner von Uruk, und das obwohl bisher nur fünf Prozent der Megacity ausgegraben sind. Nun ist Uruk bereit für die Museen – das LWL-Museum für Archäologie in Herne stellt als zweite und letzte Station nach Berlin die Entdeckungen aus Uruk aus. Auf 800 Quadratmetern gibt es über 300 Exponate zu bestaunen, die Ausstellung erstreckt sich von Tontafeln mit Keilschrift über weitere originale Artefakte bis hin zu digitalen Architekturmodellen. Darunter befinden sich Leihgaben aus aller Welt, so z. B. vom British Museum in London oder dem Pariser Louvre.

Endspurt der Uruk-Ausstellung – Ostertage im LWL-Museum für Archäologie

Knapp fünf Monate hat die Uruk-Ausstellung im LWL-Museum für Archäologie in Herne den Besuchern die erste Großstadt der Menschheit gezeigt. Die letzten beiden Tage der Ausstellung am Ostersonntag und Ostermontag (20. und 21.4.) sind randvoll mit Archäologie und Geschichte und warten auf Experimentierfreudige. Neben Führungen durch die Sonder- und Dauerausstellung und der Mitmachausgrabung gibt es auch eine kostenlose Vorführung zu Waffen, Krieg und Streitkultur.

Jeweils drei Rundgänge führen durch die Sonderausstellung: Um 12, 14 und 16 Uhr starten am Ostersonntag und Ostermontag die „Stadtführungen“ durch Uruk. Zu entrichten ist nur der Museumseintritt.

In den Herner Boden geht es für alle, die sich selbst als Archäologen ausprobieren wollen. Im Grabungscamp auf dem Museumsgelände steht am 20. und 21. April um 15 Uhr eine Grabungsfläche bereit, um Kelle und Pinsel selbst in die Hand zu nehmen, mit Zeichenbrett und Stift Funde zu dokumentieren oder Vermessungsmethoden kennen zu lernen. Die Kosten betragen insgesamt für Erwachsene 7 Euro und 3,60 Euro für Kinder und Jugendliche.

Wer lieber die schon ausgegrabenen Funde bewundert, ist am 20. und 21. April um 14 Uhr in der Führung durch die Dauerausstellung richtig aufgehoben. in einer nachgestalteten Ausgrabungen durch die Spuren der Menschen in Westfalen – vom Faustkeil aus Mammutknochen über den Fürst aus Beckum bis zu den Römern, Franken und den Zeitgenossen Karls des Großen. Zu zahlen ist nur der Museumseintritt.

Am Ostermontag, 21. April, zeigt die Vorführung „… von kûner recken strîte …“ Waffen, Krieg und Streitkultur der Völkerwanderungszeit und des Mittelalters. Um 15 Uhr werden nicht nur Waffen und Kampftaktiken demonstriert. Die Besucher haben außerdem die Gelegenheit, selbst Ausrüstung und Waffen anzulegen und ihren Platz im mittelalterlichen Her einzunehmen. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Für alle Angebote ist aufgrund der hohen Nachfrage eine vorherige telefonische Anmeldung während der Öffnungszeiten unter Tel. 02323 94628-0 oder -24 zu empfehlen.
Die Öffnungszeiten des Museums sind: Dienstag, Mittwoch, Freitag 9 Uhr bis 17 Uhr, Donnerstag 9 Uhr bis 19 Uhr und Samstag, Sonntag, Feiertag 11 Uhr bis 18 Uhr. Das Museum ist am 24., 25. und 31. Dezember sowie am 1. Januar geschlossen.

Uruk, das ungefähr 300 Kilometer südlich vom heutigen Bagdad lag, kann als Wiege der Zivilisation betrachten werden. Obwohl es hier nur Lehm gab, entwickelte sich zwischen Euphrat und Tigris eine 5,5 Quadratkilometer umfassende Großstadt, wie es sie hier noch nie gegeben hat. Uruk setzte damit einen Grundstein für Mesopotamiens Stadtkultur, später nur übertroffen vom aufstrebenden Babylon, welches u. a. durch das Abzwacken der Wasserversorgung Uruk langsam aber sicher in den Untergang trieb.

Der Gilgamesch-Epos

58 SchweineartenDer uralte Mythos des legendären König Gilgamesch bildet den Auftakt der Ausstellung.
Der König von Uruk, laut Epos zu einem Drittel menschlich und zu zwei Dritteln göttlich, reist mit seinem Freund Enkidu in die weite Welt und kehrt mit umfassendem Wissen zurück. Er errichtete eindrucksvolle Bauwerke, die, insbesondere die Stadtmauer, die Bewohner Uruks schützen sollten. Bei den Ausgrabungen wurde tatsächlich eine neun Kilometer lange und bis zu neun Meter breite Mauer gefunden, welche ein Indiz für weit fortgeschrittenes Organisationstalent und architektonische Fähigkeiten ist.

Lieferscheine, Rezepte und Vokabeln

Ihr frühes Organisationstalent bewiesen die Bewohner Uruks mit der Urform des Lieferscheins: kleine Tonfiguren, sogenannte Tokens, wurden in handgroßen Tonkugeln gefüllt und informierten über einzelne Lieferungen. Später entwickelte sich aus den Tokens die Keilschrift. So ritzte man die Symbole in kleine Tontafeln, wie man sie auch in der Ausstellungen betrachten kann. Glockentöpfe aus Uruk
Auf einer anderen Tafel findet man ein genaues Rezept für Bier – denn Bier galt schon damals als ein Kulturgetränk und war ein wichtiges Grundnahrungsmittel.
Aber nicht nur Lieferscheine und Rezepte fand man in Keilschrift dokumentiert. Schon vor 5.000 Jahren mussten junge Gelehrte Vokabeln lernen. So fand man Listen mit Namen, Gefäßbezeichnungen oder mit Eigenschaften von Göttern. Besonders kurios ist eine Tontafel, auf der 58 verschiedene Schweinearten verzeichnet sind.

Massenproduktion statt Selbstversorgung

Mit der Entwicklung Uruks zu einer Großstadt mit etwa 40.000 bis 50.000 Einwohnern änderte sich auch das Leben der Menschen. Man versorgte sich nicht mehr selbst, sondern ging zur Arbeit. Arbeitsteilung und Massenproduktion waren nun Alltag. Ein Beispiel dafür sind die sogenannten „Glockentöpfe“. Zu tausenden gefunden, wiesen die schlichten, massenweise hergestellten Keramikgefäße kaum bis gar keine Gebrauchsspuren auf. Wahrscheinlich wurden sie zu den Arbeitspausen mit einer schnellen Mahlzeit befüllt und nach dem Essen einfach weggeworfen – das Plastikgeschirr und Fastfood von damals.

Fortschritt neben Magie

Dämon Humbaba im LWL-Museum HerneIm Gegensatz zum heutigen Stadtwesen war Religion nicht von der Politik und Wissenschaft getrennt. Sie nahm eine große Rolle im Leben der Menschen in Uruk ein, so besaß die Stadt eine eigene Göttin: Inanna-Ischtar. Im LWL-Museum für Archäologie kann man dazu einige beeindruckende rekonstruierte Heiligtümer besichtigen.
Trotz all des Fortschritts legte man in Uruk noch viel wert auf Magie und Kult. Dazu gehörte auch Wahrsagerei, welche sowohl vom König als auch vom einfachsten Arbeiter zu Rate gezogen wurde.
Eine besonders skurrile Methode war die Eingeweideschau und bei einem Orakelspruch heißt es: „Wenn die Gedärme aussehen wie Humbabas Gesicht, kommt Unheil.“

Uraltes Phänomen Großstadt

Und trotzdem beeindrucken die vielen Parallelen der 5.000 Jahre alten Megacity zur Gegenwart.
Ob Stadtverwaltung, Infrastrukturmaßnahmen, Arbeitsteilung, Massenproduktion, Repräsentation der Stadt und ihrer Elite sowie der tägliche Gebrauch von Wörterbüchern, Kreditsystemen, Eheverträgen oder Lieferscheinen – das alles gab es schon vor Jahrtausenden in Uruk.
Rund hundert Jahre Forschungsgeschichte bringen aufschlussreiche Tontafeln, Siegel, Architektur-Modelle und Rauminstallationen ins LWL-Museum für Archäologie Herne und lassen die einstige Metropole für die Besucher wiederauferstehen. Und man erkennt, dass das Phänomen der Großstadt keine Erfindung der Moderne ist!

Uruk – 5.000 Jahre Megacity im LWL-Museum für Archäologie Herne

03. November 2013 – 21. April 2014

Öffnungszeiten:
Dienstag, Mittwoch, Freitag 9 Uhr bis 17 Uhr
Donnerstag 9 Uhr bis 19 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertag 11 Uhr bis 18 Uhr
geschlossen am 24., 25. und 31. Dezember sowie am 1. Januar

Eintrittspreise:
Sonderausstellung Uruk
Erwachsene: 5 Euro, ermäßigt: 3 Euro
Kinder, Jugendliche, Schüler: 2 Euro
Familien-Karte: 11 Euro
Gruppen Erwachsene (ab 16 Personen): p. P. 4 Euro

Kombiticket Dauer– und Sonderausstellung
Erwachsene: 8 Euro, ermäßigt: 4,50 Euro
Kinder, Jugendliche, Schüler: 3 Euro
Familien-Karte: 15 Euro
Gruppen Erwachsene (ab 16 Personen): p. P. 6 Euro

(kb)

Foto 1: LWL / © artefacts-berlin.de; wissenschaftliches Material: Deutsches Archäologisches Institut
Foto 2 + 3: LWL / © Staatliche Museen zu Berlin, Vorderasiatisches Museum / Olaf M. Teßmer
Foto 4: LWL / © Royal Museums of Art and History, Brüssel

Nach oben scrollen