Maloche und Minirock

Maloche und Minirock – Das Ruhrgebiet in den 1960er Jahren

Dieser Bildband ist eine Liebeserklärung an den Pott, seine Menschen und den Zeitgeist der 60er. Rund 300 mitreißende Bilder von 17 Fotografen dokumentieren eine Zeit des Aufbruchs und der Hoffnung, in der die Röcke kürzer, und die Musik lauter werden. Es wird malocht, gestreikt und demonstriert, Zechen schließen und Universitäten eröffnen – das Revier befindet sich im Wandel. Reisen Sie mit dem Bildband ins Ruhrgebiet der 60er-Jahre!

[ruhr-guide] In dem Vorgängerband „Koks und Cola“ ließMaloche und Minirock Wilfried Kaute die 1950er Jahre im Ruhrpott wieder aufleben, nun bekommen im neuen Bildband die 60er-Jahre ein Andenken. Diese Dekade ist eine ganz bedeutende, so herrscht doch im Gegensatz zur Nachkriegszeit in den 50ern eine Aufbruchstimmung – man hat den Krieg endlich hinter sich gelassen.
Ein neues Zeitalter sollte beginnen, in dem das Ruhrgebiet modernisiert und reformiert wird, aber nicht ohne dass der alte Kohlenpott immer noch im Hintergrund weiterarbeitet. Allerdings wird man hier und da erkennen, dass die Entwicklungen im Ruhrgebiet später vonstatten gehen als in Metropolen wie Berlin, so schien man hier oft noch tief in den 50ern zu stecken.

Eine Dekade der Gegensätze

Der Bildband „Maloche und Minirock“ zeigt Kontraste wunderbar auf. Hier findet man das Nebeneinander von Alt und Neu. Man sieht, dass die Zeiten sich ändern, neue Brücken werden gebaut, man geht auf die Straße und streikt, die ersten Computer halten Einzug in den Büros, die ersten Unis des Ruhrgebiets schießen aus dem Boden. Wohlstand ist kein Fremdwort mehr, man kann sich viel mehr „Luxusartikel“ wie Schuhe, Taschen, Autos oder den Italienurlaub leisten.
Die ehemaligen Gastarbeiter haben sich mit ihren Familien in Deutschland eingelebt und sind nicht mehr nur auf Durchreise.

Und auch die Popkultur ändert sich, die Röcke werden kurz und die Musik laut. Die Jugendlichen des Revier lassen ihre Haare wachsen und pilgern zu Konzerten der legendären Rolling Stones oder der Beatles in Essen-Rüttenscheid – ja, die Beatles kamen nach Essen-Rüttenscheid! Ab 1968 kommt der große Wendepunkt, Hippies kampieren und demonstrieren auf den öffentlichen Plätzen.
Noch sind Kohle und Erz allgegenwärtig, aber die ersten Schichten beenden ihre Maloche und Fördertürme werden gesprengt. Man genießt den Ruhestand, Frauen arbeiten als Kranführerin und werden unabhängiger.

Der Bilderband stellt dem Wandel aber auch eine Art Parallelwelt gegenüber. Man findet Fotos, auf denen Kinder auf Industriegeländen und vor rauchenden Schlöten spielen, ältere Herren mit dem „Pilsken“ im Schrebergarten, Fabrikarbeiter im Stahlwerk und die letzten Kumpel. Und überhaupt viele Industriemotive, denn die sind im Ruhrgebiet der 60er-Jahre noch weniger wegzudenken als heute.

Werbefotografie vs. Alltagsszenen

Wilfried Kaute hat für seinen neuen Bilderband tausende von Negativen und Abzügen des Fotoarchivs im Ruhr Museum Essen durchgeschaut und die schönsten und ausdrucksstärksten herausgesucht.
Dabei sind Fotografien von 17 verschiedenen Bildreportern, Werbe- und Industriefotografen wie Marga Klingler, Ludwig Windstosser, Rudolf Holtappel, Jürgen Hebestreit, Willy van Heekern, Anton Tripp oder Heribert Konopka.

Viele von ihnen spiegeln Erinnerungen an das Ruhrgebiet vor 50 Jahren wieder, wie sie vom neuen Massenmedium Fernsehen beeinflusst wurden. So werden alltäglichen Motiven farbenfrohe Illustrationen aus der Hochglanzwelt gegenübergestellt. Die perfekt gestylte Frau im Leopardenmantel neben der schicken Luxuskarosse bildet einen krassen Gegensatz zu Schrebergarten und Taubenschlag.

Nostalgie pur

Die meisten Aufnahmen sind in nostalgischem schwarzweiß, hauptsächlich weil es sich im um Bilder für Zeitungen und Illustrierte handelte. Manche Bilder waren bis heute unveröffentlicht. Sie alle bieten einmalige Einblicke in eine vergangene Lebens- und Arbeitswelt.
Ältere werden ihre Kindheit und Jugend wiederaufleben lassen, Jüngere können anhand des faszinierenden Bildbandes in eine Zeit des Aufbruchs und der Hoffnung eintauchen, als wären sie selbst mit dabei gewesen. Wilfried Kautes „Maloche und Minirock“ ist eine Liebeserklärung an das Ruhrgebiet. Reisen Sie mit den zahlreichen Fotografien zurück in die 60er und lassen sie diese außergewöhnliche Dekade wieder aufleben!

Maloche und Minirock- Das Ruhrgebiet in den 1960er Jahren

Wilfried Kaute
Gebunden, Schutzumschlag
Emons Verlag 2013
320 Seiten
39,95 €
ISBN 978-3-89705-217-1

Foto: Emons Verlag

(kb)

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