Blu-ray Cover Der Ghostwriter Bildquelle: Arthaus / Kinowelt Home

Der Ghostwriter

Während der Arbeit an den Memoiren des ehemaligen britischen Premierministers Adam Lang (Pierce Brosnan) kommt dessen Ghostwriter auf mysteriöse Weise ums Leben. Ersatz muss her und so bemüht sich der in Zeitnot geratene Verlag um einen Nachfolger (Ewan McGregor). Da sich Lang zusammen mit Frau (Olivia Williams) und Assistentin (Kim Cattrall) auf der abgelegenen Atlantik-Insel Martha’s Vinegard vor der US-Küste aufhält, reist der „Ghost“ dorthin, um unter größten Sicherheitsvorkehrungen das Werk seines Vorgängers abzuschließen.
Doch bald kann auch er die düsteren Schatten, welche seit Beginn über dem Projekt liegen, nicht mehr ignorieren. Spätestens als er durch seine Recherchen auf eine globale Verschwörung trifft, wird es auch für den ihn brenzlig.

[ruhr-guide] Roman Polanskis qualitativ hochwertiger Thriller ist seit dem 16. September auf DVD, Blu-ray und in einerBlu-ray Cover Der Ghostwriter Bildquelle: Arthaus / Kinowelt Home DVD-Special Edition zusammen mit der Polanski-Doku „Wanted and Desired“ im Handel erhältlich.
Ghostwriter sind ungenannte Autoren, die Nicht-Schreiberlingen beim Verfassen ihrer Texte unter die Arme greifen. Grade Biographien von Politikern werden oftmals zusätzlich aufgepeppt und von dröger Schreibe befreit. Als ein Verlagshaus Millionenbeträge für die Memoiren des ehemaligen britischen Premierminister Adam Lang (Brosnan, „James Bond – Goldeneye“) auslegt und dessen Ghostwriter unter mysteriösen Umständen zu Tode kommt, wird der neue „Ghost“ (McGregor, „Männer die auf Ziegen starren“, „Star Wars – Episode I – III“) in einer Hauruckaktion angeworben und im Handumdrehen in Langs Hochsicherheitshaus gebracht. Die aufreibende Arbeit beginnt, ein Gespräch folgt dem vorherigen, zudem muss das erste Skript überarbeitet werden. Schnell erkennt der Ghost, dass dieses Projekt unter keinem gute Stern steht und findet sich in einem Strudel politischer Intrigen wieder.

Polanski mit dem ersten zeitgenössischen Thriller seit 20 Jahren

Zusammen mit „Shutter Island“ war „Der Ghostwriter“ Ewan McGregor in Der Ghostwriter Bildquelle: Arthaus / Kinowelt Homewohl der gefeiertste Thriller im Rahmen der diesjährigen Berlinale. Anders als der amerikanische Star-Regisseur Martin Scorsese („Departed“) wurde der polnisch-französische Filmemacher Roman Polanski jedoch mit einem Preis ausgezeichnet und erhielt den renommierten Silbernen Bären der Internationalen Filmfestspiele Berlin für die „Beste Regie“. Und das zurecht, denn Polanskis Polit-Verschwörungsthriller ist Spannungskino der ersten Güteklasse. Hatte sich der Regisseur in den letzten Jahren mit „Oliver Twist“, „Die neun Pforten“ oder „Der Pianist“ völlig anderen Filmgenres verschrieben, wandelt er nun auf den Spuren seines Mega-Hits „Chinatown“ mit Jack Nicholson, einem der besten Neo-Noir Thriller weltweit. Im „Ghostwriter“ vermischt er politische Intrigen, mysteriöse Morde und Verschwörungen zu hochklassigem Thrillerkino,das auch aufgrund seiner zahlreichen Verweise auf das politische Geschehen der jüngsten Vergangenheit fesselt.

Robert Harris‘ Roman „Ghost“ als Basis

Viele Kritiker und Zuschauer erkennen im unnahbaren Adam Lang einen fiktionalisierten Tony Blair. Das kommt natürlich Ewan McGregor und Kim Cattrall in Der Ghostwriter Bildquelle: Arthaus / Kinowelt Homenicht von ungefähr, basiert „Der Ghostwriter“ doch auf dem Roman „Ghost“ von Robert Harris, einem britischen Autor und Journalisten, der oftmals über Politik und Zeitgeschichte berichtete. Klug verknüpft dieser seine fiktionale Idee mit non-fiktionalen Parallelen, die Polanski gerne aufgreift und ein undurchsichtiges Komplott um den ehemaligen Premiers schnürt. Harris erhielt für sein Werk 2008 den „International Thriller Writer’s Award“. Der Herausforderung, eine literarische Vorlage dynamisch umzusetzen, meistert Polanski mit dieser deutsch-französisch-britischen Koproduktion ganz hervorragend. Die Geschichte gewinnt an Brisanz, als ein früherer Minister Lang beschuldigt, sein Einverständnis zur unrechtmäßigen Folter von Terrorverdächtigen gegeben zu haben. Die Arbeit am Buch kommt ins Stocken, weshalb sich der Ghost ausgiebig mit der ersten Version des Werkes befassen kann und dabei auf rätselhafte Hinweise stösst. Er beginnt am natürlichen Tod seines Vorgängers zu zweifeln und stellt eigene Nachforschungen an. Ewan McGregor in Der Ghostwriter Bildquelle: Arthaus / Kinowelt HomeDiese bringen ihn in eine prekäre Lage: Alles deutet darauf hin, dass sein Vorgänger im Stande war, eine tiefer gehende Affäre aufzudecken und deshalb ermordet wurde. Rasch bestimmen Undurchsichtigkeit und Geheimniskrämerei das Geschehen, Wahrheit und Lüge sind nicht mehr voneinander zu trennen.

Immer dichter werdendes Lügenkonstrukt

Der Regisseur versteht es vortrefflich, den Fortgang seines Films mit entsprechenden visuellen Kniffen zu untermauern. Die Insel, auf der sich Langs Hochsicherheitshaus befindet, wirkt von Beginn an gefährlich. Während der Anreise zieht düsteres Unwetter auf, dunkle, peitschende Wellen erwecken beim Zusehen ein ungutes Gefühl. Die hermetische Abriegelung des Anwesens steuert weitere Befangenheit bei, eine gewisse Heimlichtuerei um das Skript lässt den verunsicherten Ghost nicht gerade wohler zumute werden. Die Isolation einer Insel erschien selten so gefahrvoll und bedrückend wie hier. Das diese atmosphärischen Bilder auf Sylt und Usedom aufgenommen wurden, ist dem mitproduzierenden Studio Babelsberg zuzuschreiben, welches zudem in Berlin und den Hauseigenen Studios Dreharbeiten organisierte.

Die Schlinge zieht sich zu

Als Vorwürfe von allen Seiten Lang belasten, wird es auch für den Ghostwriter heikel. Plötzlich nehmen rätselhafte Figuren Ewan McGregor in Der Ghostwriter Bildquelle: Arthaus / Kinowelt HomeKontakt zu ihm auf, wollen ihn ausfragen oder gar bedrohen. „Mit gefangen mit gehangen“ mag man als Zuschauer Langs Assistentin Amelia Bly (Kim Cattrall, „Sex and the City“) zustimmen. Cattrall spielt ihre Nebenrolle als treue Seele an Langs Seite überaus glaubwürdig, wirkt zunächst freundlich und hilfsbereit, zieht sich jedoch bei zu forschen Fragen schnell in ihr abweisendes Schneckenhaus zurück. Auch Olivia Williams („An Education“) als Ruth, Ehefrau des Ex-Premiers, vermag dies zu tun, liefert sich jedoch eine leidenschaftlichen Zicken-Krieg mit Bly, deren Beziehung zu Adam deutlich über das geregelte Maß der Arbeit hinaus ging. Auf der einen Seite schafft es Polanski diese hervorragenden Rollen mit durchweg plausibel agieren Schauspielern aufleben zu lassen, versteht es darüber hinaus nahezu perfekt, seine Story voranzutreiben. Bildgestaltung und Dynamik, Belichtung und Szenendesign sind kaum zu toppen. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass Roman Polanskis spannend erzählter Thriller Schritt für Schritt gekonnten Spannungsaufbau aufweist und aufgrund seiner soliden handwerklichen Inszenierung auf ganzer Linie überzeugt. Brosnan spielte selten besser, McGregor passt fabelhaft in seine Rolle.

Polanski unter Hausarrest

Es ist nicht möglich, einen Polaski-Film zu beschreiben, ohne auf die besondere rechtliche Situation des Regisseurs einzugehen.Olivia Williams in Der Ghostwriter Bildquelle: Arthaus / Kinowelt Home Nachdem sich der umstrittene und in den USA auf der Fahndungsliste stehende Polanski im Frühjahr diesen Jahres einer U-Haft fügen musste, konnte er seinen Film nicht persönlich auf der Berlinale präsentieren. Seine Verhaftung ist auf ein unaufgeklärtes Sexualverbrechen aus den 70er Jahren zurückzuführen, dass seit je her auf einen ordentlichen Prozessausgang wartet. Haftstrafen und weitere juristische Schritte begleiten seither Polanski. Eine Klärung der Tatsachen scheint ausser Sichtweite. Auch ein Grund, weshalb die Inhaftierung im direkten Vorfeld der Berlinale massive Kritik einiger Fachkollegen nach sich zog, die im Vorgehen gegen Polanski große Missstände sehen. Manche vermuteten sogar, dass die Auszeichung mit dem Silbernen Bären als Solidaritätsbekundung zu verstehen sei. Mittlerweile ist der 77-jährige auf freiem Fuss, doch spätestens beim nächsten Filmstart, wird die Geschichte mit großer Sicherheit wieder aufgewärmt.

Kontrastreiches Bild, schöne Extras

Die diesem Text zugrunde liegende Blu-ray weist ein kontrastreiches, stimmig gestaltetes Bild auf. Die Schärfe ist bei Pierce Brosnan in Der Ghostwriter Bildquelle: Arthaus / Kinowelt Homeeiner Auflösung von 1080/24p, also FullHD, bestens gelungen. Der Zuschauer kann zwischen der deutschen Synchronisation und der englischen Originaltonspur wählen (5.1 DTS-HD Master Audio), letztere ist besonders wegen Pierce Brosnan empfehlenswert, der im Original einfach toll rüberkommt. Ausschließlich deutsche Untertitel können eingeblendet werden. Als Extras gibt es die Featuretten „Der Ghostwriter: Die Besetzung“ und Fiktion oder Realität“, dazu Interviews mit Cast und Crew sowie ein Special zur Weltpremiere auf der 2010er Berlinale inklusive Pressekonferenz (Berlinale-Feature nur auf der BD). TV-Spots, Fotogalerie und Trailer runden das runde Paket ab. DVD-Käufer müssen auf das Berlinale-Zusatzmaterial verzichten, bekommen jedoch mit der „Special Edition“ gleich die Polanski-Dokumentation „Wanted and Desired“ dazu. So kann sich jeder Zuschauer die zu seinen Ansprüchen passende Variante aussuchen.

(mo)
Bildquelle: Arthaus / Kinowelt Home

Nach oben scrollen