Soul Kitchen Bildquelle: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG

DVD-Rezension „Soul Kitchen“

Die hippe Multikulti-Komödie „Soul Kitchen“ von Filmemacher Fatih Akin war bereits im Kino ein Publikumsliebling und räumte beim Internationalen Filmfestival von Venedig den Spezialpreis der Jury ab. Der deutsch-türkische Regisseur hat für seinen Film ein Schauspieler-‚Best of‘ seiner früheren Arbeiten wieder vor der Kamera vereint, allen voran überzeugen Adam Bousdoukos und Moritz Bleibtreu als Brüderpaar Zinos und Illias Kazantsakis in der rasanten Geschichte um die Szenekneipe „Soul Kitchen“ im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. „Soul Kitchen“ ist nach dem erfolgreichen Auftritt im Kino seit dem 25. August auf DVD und Blu-ray erhältlich.

[ruhr-guide] Kneipenbesitzer Zinos (Adam Bousdoukos) hat’s gerade wirklich nicht leicht: Seine Freundin Nadine (Pheline Roggan) Soul Kitchen Bildquelle: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KGzieht der neue Job nach Shanghai, Bruder Illias (Moritz Bleibtreu) kann nur aus dem Knast raus, wenn Zinos ihm einen Job gibt und Spitzenkoch Shayn (Birol Ünel) vertreibt mit seinen extravaganten Gerichten die ohnehin schon geringe Zahl an Gästen. Als auch noch Finanz- und Gesundheitsamt ihre Fühler ausstrecken, ist das pure Chaos perfekt. Dann setzt ein schwerer Bandscheibenvorfall Zinos ausser Gefecht und die Geschichte nimmt ihren Lauf …

Frische Komödie mit Seele

Fatih Akin gelingt mit „Soul Kitchen“ das, was viele vorher versucht haben und kläglich gescheitert sind: Die deutsche Komödie ist frisch, hat eine tolle Story zu bieten und lebt von seinen liebenswerten Figuren, die dem typischen Alltag entnommen scheinen. Albernheit, gekünstelten Humor oder konstruierte Dramaturgie findet sich hier nicht, stattdessen hat der Film Seele und ist stimmig erzählt. Der Verleih preist „Soul Kitchen“ als „Heimatfilm der neuen Art“ an und liegt damit alles andere als falsch. Der Film zeigt einen Deutsch-Griechen um die 30, der im Hamburger Problemviertel Wilhelmsburg seine schäbige Kneipe am Leben halten will. Wenig Gäste, die Kasse notorisch leer, auf sich allein gestellt und mit diversen Ämtern im Nacken lebt es sich als Kneipenchef nicht gerade rosig. Soul Kitchen Bildquelle: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KGDazu zieht die Freundin ins ferne Shanghai und der eigene Bruder verlangt nach einem Job um dem Knast dauerhaft fernbleiben zu dürfen.

Bald beginnt Thomas Neumann (Wotan Wilke Möhring), ein ehemaliger Schulkollege von Zinos, der ganz „dick in Immobilien macht“, seine Finger nach dem Laden auszustrecken und zieht dabei so manches hinterhältige Ass aus dem Ärmel. Dass das Ganze letztendlich kein ernstes Drama geworden ist, sondern als humorvolle Komödie mit Tiefgang enorm gefällt, lässt sich auf das tolle Drehbuch zurückführen, welches Akin zusammen mit Adam Bousdoukos verfasst hat. Letztgenannter war lange Zeit selbst als Gastronom tätig und hat eigene Erfahrungen in die Story einfliessen lassen. Und genau das merkt der Zuschauer, denn sowohl die negativen Seiten als auch alles Positive scheint mitten aus dem Leben zu kommen und sind lebhaft aufbereitet.

Darstellerleistungen besonders lebendig und glaubhaft

Adam Bousdoukos spielt die Hauptrolle des Deutschgriechen Zinos so überzeugend, dass der Zuschauer ihm von der erste Minute an die Soul Kitchen Bildquelle: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KGDaumen drückt, schließlich das „Soul Kitchen'“ vor allem und jedem retten zu können. Unter der Last der Ereignisse ist Zinos jedoch bald überfordert – auch körperlich, denn der Rücken macht schlapp – aus dieser verrückten Konstellation ergibt sich so manche amüsante Szene. Gerade wenn Zinos den Gourmetkoch Shayn Weiss einstellt und der die eher gutbürgerlichen Menüs zu einer Gourmet-Speisekarte umwandelt, was ihm die anspruchslose Stammkundschaft mehr übel nimmt als dass sie dankbar ist, ergeben sich viele komödiantische Sequenzen. Dennoch hat das Zusammenarbeiten aller Erfolg. Zinos, Shayn, die Kellnerin Lucia (Anna Bederke) und das Mitwirken von Bruder Illias formen aus dem „Soul Kitchen“ eine der angesagten Locations in Hamburg. Neben Bousdoukos‘ Zinos funktionieren nahezu alle Figuren hervorragend. Jede einzelne trägt ihren Teil zum Gesamtkunstwerk des Films bei – was vor allem den Darstellerleistungen zuzuschreiben ist. Bis in die kleine Nebenrolle sind sie das Herzstück des Films, lassen ihn aufblühen und verleihen ihm diesen unverwechselbaren rauen aber lebendigen Touch.

Parallelen zum realen Leben in der modernen Gesellschaft

Doch ‚Soul Kitchen‘ ist nicht bloss eine heitere Komödie. Soul Kitchen Bildquelle: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KGFatih Akins Film kann gleichzeitig als ein Querschnitt durch unsere aktuelle Multikulti-Gesellschaft verstanden werden und zeigt das funktionierende Zusammenleben vieler Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen. Themen, die der Regisseur auch in seinen früheren Werken wie beispielsweise „Gegen die Wand“, „Auf der anderen Seite“ oder „Im Juli“ behandelte, bezieht Akin hier erneut in sein Schaffen mit ein. Dabei zitiert sich der Regisseur selbst. Die Discoszene mit der tanzenden Anna Bederke im Fokus, ist eine Hommage an „Gegen die Wand“ – dort war es Sibel Kekilli die zu den Sisters of Mercy tanzte. Damals sah ihr Birol Ünel zu, heute ist es Bleibtreu. Toll, wie der Regisseur seine bereits verwendeten Stilelemente in „Soul Kitchen“ aufgreift und neu arrangiert.

Der Film ist besonders stark, wenn er das große Miteinander im ‚Soul Kirchen‘ feiert. Alle ziehen engagiert an einem Strick und lassen die Kneipe auf diese Weise aufblühen. Hier kommen die Einkommensstarken und die Genringverdiener zusammen, die Finanzamtangestellte tanzt neben dem Immobilienhai und alle kommen ersteinmal gut miteinander aus. Feiern, Essen und Trinken sind hier der Klebstoff für die sonst so unterschiedlichen Menschen. Diese positive Stimmung überträgt sich rasch auf das Publikum, welches mitleidet, sich auch ärgert, ganz oft lacht und sich schließlich mit einem guten Gefühl aus dem Kino verabschiedet. Akins Film beschert uns einen kleinen Wink, wie das große Miteinander funktionieren kann. Auch bei uns im Ruhrgebiet.

Funkig souliges Bonusmaterial krönen gute DVD-Aufarbeitung

Nicht nur der Film bringt ganz schön Groove ins Heimkino, auch die schwungvollen Extras sind einen Blick wert: Neben Jan Delays Musikvideoclip zumSoul Kitchen Bildquelle: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG Soundtracksong „Disco“ bietet die DVD einen künstlerischen Kurzfilm von Anna Bederke, der Lucia aus dem Hauptfilm. Dazu gibt es standardmäßig den Trailer zu „Soul Kitchen“. Das Feature „Party Breaks“ zeigt ein paar weitere Tanzsequenzen aus dem Film und vermittelt damit nochmal das stimmungsvolle Feeling. Zu guter Letzt kommt das Making of an der Reihe. Das knapp halbstündige Feature vermittelt einen Eindruck von der Entstehung des Films. Ein Interview mit Akin und Bousdoukos fungiert als Herzstück dieses Specials. Dabei kommt die Kumpelhaftigkeit der Macher rüber und vermittelt Einblicke, wie verrückt (im positiven Sinne) die Dreharbeiten abgelaufen sind.

Genau dieses Gefühl ist im fertigen Film auch zu spüren, der Zuschauer merkt, dass „Soul Kitchen“ eine Herzensangelegenheit der Macher ist. Nicht zu vergessen ist der Audiokommentar, den Regisseur Akin und Bousdoukos mit Informationen vollstopfen und mit Leben füllen. Das Reinhören lohnt sich daher auf jeden Fall, viele Hintergründe – interessante wie amüsante – werden kurzweilig vermittelt, was dem Zuschauer den Film nochmals näher bringt. Im Übrigens ist die Bild- und Tonqualität der DVD hervorragend, die Umsetzung hat bestens funktioniert. Schärfe und Kontrast sind völlig in Ordnung, im Tonbereich hat der Zuschauer die Wahl zwischen einer Dolby Digital 2.0 Spur (für den Fernseher) oder dem 5.1-Sound, der die Surroundanlage mit Arbeit versorgt. Alles im allem ein toller Film auf einer hervorragenden DVD. Zugreifen!

„Soul Kitchen“ – das Buch von Jasmin Ramadan. Lesen Sie hier die ausführiche Rezension.

(mo)
Bildquelle: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG

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