The Killer inside me

DVD-Rezension: The Killer inside me

Ein kleines texanisches Nest in den 50er-Jahren: Deputy Lou Ford fristet sein Dasein als Aufseher für Recht und Ordnung. Das hinter dieser Fassade ein sadistischer Psychopath lauert, der seine brutalen Triebe hinter der verschlossenen Tür auslebt, ahnt zunächst niemand. Im abgründigen Noir-Psychothriller „The Killer inside me“ von Regisseur Michael Winterbottom („9 Songs“) spielen Casey Affleck („Oceans Twelve“), Kate Hudson („Nine“) und Jessica Alba („Fantastic Four“) in den Hauptrollen. Die spannend-verstörende Literaturadaption ist soeben bei Universum Film DVD und Blu-ray erschienen.

[ruhr-guide] Nachdem „The Killer inside me“ im Rahmen der letztjährigen Berlinale als Beitrag zum internationalen The Killer inside meWettbewerb gezeigt wurde, erntete der Noir-Thriller höchst zwiespältige Reaktionen. Regisseur Michael Winterbottom, der mit „In this World“ vor sieben Jahren den Hauptpreis des Festivals – den Goldenen Bären – gewinnen konnte, musste sich teils harscher Kritik stellen. International wurde der Film ähnlich kontrovers aufgenommen, seine explizite Gewaltdarstellung sowie fehlende innovative Impulse im Genre des Psychothrillers wurden dem Arthausfilmer oft angekreidet. Diese Auffassungen sind mit ein Grund dafür, dass „The Killer inside me“, der auf einer Romanvorlage von Jim Thompson basiert, nicht in deutschen Kinos lief, sondern nun als direct-to-dvd-Titel auf dem deutschsprachigen Heimkinomarkt startet. In vielerlei Hinsicht sind die Kritiken zweifellos berechtigt, Winterbottoms Film empfiehlt sich dennoch für all jene, die sich gerne sowohl im Thriller als auch im Noir-Fach bewegen und Filme mögen, die sich stilistisch abseits vom glatten Einheitsbrei Hollywoods bewegen.

Schockierender Blick hinter die heile Fassade

Lou Ford (Casey Affleck, „Lonesome Jim“) ist Deputy in einer texanischen Kleinstadt. Nach außen hin menschenfreundlichThe Killer inside me und warmherzig, lauert innerlich der brutale Killer. Lou ist ein Sadist und Psychopath wie er im Buche steht. Tief in seinem Inneren liegen traumatische Erinnerungen an eine belastete Kindheit verborgen, die sich erst durch die Affäre mit der Prostituierten Joyce Lakeland (Jessica Alba) ihren Weg nach außen bahnen. Ab diesem Zeitpunkt wird aus dem gutmütigen Biedermann ein psychopathischer Mörder. Seine Verbrechen vollzieht er im Verborgenen, so das weder seine Lebensgefährtin Amy (Kate Hudson), noch die Kollegen der örtlichen Polizei Verdacht schöpfen. Mit jeder fortschreitenden Filmminute nimmt das Unheil seinen Lauf, Ford versinkt nach und nach in seiner psychotischen Ekstase. Nach aussen stets um falschen Schein bemüht, offenbaren sich die seelischen Abgründe harsch und ungefiltert, sobald die Tür ins Schloss gefallen ist. Winterbottom nimmt den Zuschauer mit in das Innerste einer kranken Seele, eine filmische Reise, die mehr als unangenehm ist. Was in Ford vorgeht, ist mit Worten nicht zu beschreiben. Ohne auch nur den Hauch von Zurückhaltung frönt er seinen von Brutalität und Gewalt geprägten Neigungen.

Ungeschönte Darstellung, die verstört

Winterbottom ist nicht zimperlich. Wie in vielen seiner früheren Arbeiten schreckt nicht er vor ungewöhnlichen Bildern zurück,

The Killer inside medie es in sich haben. Der Brite nutzt die extreme Gewaltdarstellung, um den Charakter zu zeichnen. Auf diese Weise öffnet er ein Blickfenster, der Zuschauer erlebt Lous Perversion quasi hautnah und erkennt die Schwere seiner Psychosen. Dies ist definitiv herausfordernd und nicht angenehm, aber als stilistisches und erzählerisches Mittel des Filmemachers nicht erfolglos. Winterbottom fokussiert über die gesamte Filmlänge seinen Hauptcharakter Lou Ford und nähert sich auf diese Weise der Ich-Perspektive der Buchvorlage an. Affleck schafft es vorzüglich, die Last der Konzentration auf seine Figur zu tragen. Gerade die markante Mimik seines Gesichts und eine überzeugende Regungslosigkeit sowie Gefühlskälte, lassen die Darstellung des psychopathischen Killers Lou glaubhaft gelingen. Wie glatt und souverän er die Polizeibeamten abblitzen lässt, die immer wieder versuchen ihm – zurecht – etwas anzuhängen, ist beispielhaft für Afflecks gekonntes Spiel. Die krassen Unterschiede zwischen Lou als fürsorglichem Kleinstadt-Deputy und seiner verborgenen Seite, setzt Winterbottom mit sicherer Hand in Szene. So resultiert ein bestens ausgeleuchteter Charakter, dessen Background sein Agieren erklärt. Leider ist diese Konzentration auch der Grund für die ansonsten recht flachen Charaktere: Weder Lous Lebensgefährtin Amy Stanton (Kate Hudson, „Nine“) noch die sinnliche Joyce Lakeland (Jessica Alba, „Meine Frau, unsere Kinder und ich“) sind ausgiebig beleuchtet. Das besonders die beiden Frauen unter Fords Übergriffen zu leiden haben, entstammt zum größten Teil der Tatsache, dass diese weiblichen Figuren seine unterdrückten Aggressionen auslösen. Daher ist es umso tragischer, dass diese Charaktere deutlich zu kurz kommen, was dem Film den Vorwurf bescherte, ausschließlich eindimensionale und auf die Opferolle reduzierte Frauenrollen zu verwenden.

Solide DVD-Umsetzung

Die DVD aus dem Hause Universum Film ist technisch auf der Höhe der Zeit, vor allem die Bildqualität kann überzeugen. Der bei Winterbottom-Filmen stets besondere Belichtungsstil ist im Vergleich zur Kinoprojektion gut erhalten. Sowohl Schärfe als auch Farbkontraste sind hervorragend aufbereitet, so dass sich der Silberling nicht verstecken muss. Die zurückgefahren Kontraste sind vor allem in Szenen, welche die karge texanische Landschaft zeigen, stimmungsprägendes Stilmittel, welches vom Regisseur nicht nur in diesem Film gerne und zielgerichtet verwendet wird. Die Ödnis der Umgebung beschreibt nicht selten Leben und Wesen der Kleinstädter – Winterbottoms Konzentration auf die künstlerische Verstrickung von formaler Gestaltung und inhaltlichen Belangen ist auch in „The Killer inside me“ ein wichtiges Element, welches die DVD unverfälscht transportiert. Im Ausstattungsbereich wird der Standard geboten: Deutscher und englischer Ton als Dolby Digital 5.1-Tonspur und deutsche Untertitel. Etwas ärgerlich ist, dass an einer englische Untertitelung gespart wurde. Da die Originalversion stark dialektgeprägt und für Zuschauer mit gängigen Englischkenntnissen nur sehr schwer zu verstehen ist, wären englische Schiften behilflich, um den vollen Genuss des rauen Scripts zu kommen. Der Extra-Bereich ist mit einem „Behind the Scenes“-Clip und dem deutschen Trailer etwas mager besetzt. Allerdings ist der Blick hinter die Kulissen mit einer Länge von 25 Minuten erfreulich umfangreich ausgefallen und bietet interessante Einblicke in den Entstehungsprozess.

Copyright „Universum Film“

(mo)

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