Wir sind die Nacht; Copyright: Constantin Film

DVD-Rezension „Wir sind die Nacht“

Schon seit den frühen Tages des Kinos haben Vampire einen guten Stand beim deutschen Film. Bereits 1922 brachte Friedrich Wilhelm Murnau mit „Nosferatu, eine Symphonie des Grauens“ einen Klassiker des Genres auf die Leinwände der deutschen Lichtspielhäuser, u.a. gefolgt von Werner Herzogs „Nosferatu:Phantom der Nacht“ mit dem unvergessenen Klaus Kinski als Dracula. Als im Oktober letzten Jahres Regisseur Dennis Gansel („Die Welle“) mit „Wir sind die Nacht“ einen hochmodernes düsteres Horrormärchen in die Kinos brachte, fügte er der deutschen Filmgeschichte ein neues Vampir-Kapitel hinzu. „Wir sind die Nacht“ ist jetzt auf DVD- und Blu-ray erschienen. Die Scheiben sind technisch hervorragend und bestechen durch umfangreiche Sonderausstattung.

[ruhr-guide] Zu heutigen Zeiten kommt es nicht alle Tage vor, dass ein Vampirfilm in Deutschland entsteht. Für sein Blutsauger-ProjektWir sind die Nacht; Copyright: Constantin Film „Wir sind die Nacht“ hat sich Regisseur Dennis Gansel („Die Welle“) der Untoten-Thematik gewidmet und gemeinsam mit Jan Berger („Kebab Connection“) das Drehbuch verfasst. Mit Nina Hoss (Die weisse Massai“), Karoline Herfurth („Der Vorleser“), Jennifer Ulrich („Die Welle“), Anna Fischer („Liebe Mauer“) und Max Riemelt („Im Angesicht des Verbrechens“) kann „Wir sind die Nacht“ ein beachtliches Ensemble deutscher Schauspieler vor der Kamera vereinen. Eigentlich sind dies die besten Voraussetzungen für einen sicheren Blockbuster, doch an der Kinokasse ging die Produktion gnadenlos unter. Dies muss nicht zwingend am Film liegen, der zwar toll aussieht und fraglos durch sein talentiertes Ensemble besticht, doch für den angekündigten filmischen Rundumschlag im Vampir-Genre bietet die Story zu wenig Innovationen. Sie bietet kaum mehr als die Variation bekannter Motive und baut zu deutlich auf gängige Muster. Das gute Spiel der glänzend aufgelegten Darstellerriege hingegen, kann vollends überzeugen. Allerdings sind auch Hoss und Co. den stellenweise hölzernen Dialogen des Drehbuchs ausgeliefert.

Die zwei Seiten der Münze: Ewiges Leben vs. andauernde Rastlosigkeit

Lenas (Karoline Herfurth) Leben gleicht dem schieren Chaos. Von ihrer sorglosen Mutter vernachlässig, verwahrlost die junge Frau in den Strassen Berlins. Wenn sie Geld braucht, beklaut sie Passanten – rückhaltlos verlebt sie ihre Tage, bis sie eines nachts Louises (Nina Hoss) Nachtclub auf dem Wir sind die Nacht; Copyright: Constantin FilmGelände eines alten Vergnügungsparks entdeckt. Was sie nicht weiss: Zwischen den ausgelassen feiernden Nachtschwärmern wandeln blutdurstige Vampire! Louise bildet mit Charlotte (Jennifer Ulrich) und Nora (Anna Fischer) ein fatales Trio und sie will frisches Blut in ihrer Gruppe. Als sie Lena erspäht, ist sie hin- und hergerissen, verwandelt sie schließlich zum Vampir und verliebt sich in die hübsche Jung-Vampirdame. Zunächst verstört, erkennt Lena bald die Reize am Leben als entfesselte Untote, denn die Sexy-Clique führt ein actiongeladenes Leben auf der Überholspur. Als Lena jedoch von der Skrupellosigkeit ihrer Begleiterinnen erfährt, entdeckt sie, dass noch nicht alle menschlichen Regungen in ihr erloschen sind und stellt sich gegen das stetige Töten und Morden. Polizist Tom Serner (Max Riemelt) bemüht sich derweil um Aufklärung einiger Todesfälle, die mit den Vampir-Diven zusammenhängen. Von Lena fasziniert, versucht er ihr immer näher zu kommen, bis sie sich ihm offenbart. Auch Louise bleiben die aufkeimenden Gefühle ihres Lustobjektes zu dem männlich-menschlichen Störenfried nicht verborgen. Bald kulminieren die Handlungsstränge in einem dramatischen wie tragischen Finale …

Techno-Optik meets Vampir-Thriller

Gansel und sein Kameramann Torsten Breuer verstehen es vortrefflich, Berlin in aussergewöhnlich düsteren, nachtschwangeren Bildern einzufangen. Selten wurde die Hauptstadt derart bedrohlich finster gezeigt, so wirkt es, als lauere hinter jeder Ecke die unbändige Gefahr. Vor allem die Setdesigner, Kostümbildner und Makeup-Artists haben ganze Arbeit geleistet. Wir sind die Nacht; Copyright: Constantin FilmDie Arbeit der letztgenannten Berufsgruppe zeigt sich in den toll gestalteten Gesichtern, deren Nahaufnahmen ihre Wirkung nicht verfehlen. Die Filmsets sehen sowohl verstörend surreal als auch steinalt und anmutend ausgefallen aus. Louises Nachtclub beispielsweise, befindet sich den Überbleibseln eines alten Schwimmbades. Ein Ort, der durch kunstvolle Licht- und Farbeffekte hochgradig verfremdet, eine fantastische Stimmung voller Unsicherheit, Unwirklichkeit und Beklommenheit heraufbeschwört. Berlins düstere Strassen, seine verschiedenen Ecken und diverse andere Locations der Umgebung bieten anmutende Schauplätze für die Aktionen der vier Lady-Vamps, deren zügellose Sinnlichkeit nicht selten durch die glamourösen Sets zum Ausdruck gebracht wird. Im Einzelnen ist das Konzept von „Wir sind die Nacht“ sicher kein schlechtes. Sowohl die interessanten Figuren als auch die außergewöhnlichen Settings bieten eindeutige Schauwerte und Anreize, sich dem Film zu widmen. Leider baut Gansels Werk im Bereich der Story ab, da die Geschichte zu wenig Neuigkeiten aufweist. In vielen Genrefilmen wird das Spannungsfeld des Vampirdaseins ausgelotet. Dies heisst nicht, das „Wir sind die Nacht“ dies schlecht macht, doch entwickelt der Film eben nur wenige markante Alleinstellungsmerkmale, die ihn von Vergleichstiteln abheben könnten. So schreitet die Story um Lenas Vampirwerdung und ihre Rolle innerhalb der Blutsauger-Combo weiter voran, wobei sie jedoch zu sehr im Bekannten bleibt: Lenas Abscheu, gegenüber Menschen gewalttätig zu werden, ist dahingehend leider keine Ausnahme. Auch der Lovestory-Part verläuft zu vorhersehbar, um vollends zu überzeugen. Was Gansel jedoch hervorragend gelingt, sind die opulenten Actionszenen, die gerade zum Filmende an Kraft gewinnen. Hier kommen einige Special Effects zum tragen und nicht wenige Stuntleute vollbringen unmenschliche Manöver, so dass versucht wird, die Schwächen der Story zumindest mit allerlei Schauwerten auszugleichen. Gepaart mit dem rasanten Look des Gesamtfilms kann dies Einiges abfangen, weshalb „Wir sind die Nacht“ für ein Genrepublikum nicht uninteressant sein dürfte.

Technisch einwandfreie DVD mit umfangreichen Extras

Das es an der Bildqualität der DVD-Version nichts auszusetzen gibt, manifestiert sich an den gekonnt stilisierten Bildern der Nachtsequenzen, die sich auf der Schreibe gut umgesetzt präsentieren: Sattes Schwarz und ein stimmiges Kontrastverhältnis sorgen für das klares Bild des Films. Auch später, wenn Gesichter mit verschiedenen Farbschattierungen präsentiert werden, zeigt sich der Farbkontrast den Herausforderungen gewachsen. Der Ton – Dolby Digital 5.1 und DTS 5.1 – zeichnet sich durch gut verständliche Dialoge, sowie fulminante und gerade in der Musikuntermalung starken Sounds aus. Deutsche Untertitel für Hörgeschädigte machen „Wir sind die Nacht“ löblicherweise auch für hörbehinderte Menschen erfahrbar. Als Extras bietet der Silberling den Audiokommentar von Gansel und Berger sowie zwei über 20 Minuten lange Features: Das Making of und Videotagebuch des Streifens. Zusätzlich erweitern zwei alternative Enden, ein Feature zu den Spezialeffekten, Teaser, Trailer und Darstellerinfos (Texttafeln) die Sektion.

Copyright: Constantin Film

(mo)

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