Shutter Island Graphic Novel Cover Bildquelle: Verlag Schreiber&Leser

Rezension Graphic Novel – Shutter Island

Anfang August startete der gefeierte Blockbuster-Thriller „Shutter Island“ als DVD und Blu-ray auf dem deutschen Heimkinomarkt. Regisseur Martin Scorsese liefert mit der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Dennis Lehane ein atmosphärisch dichtes Paradestück ab, in dessen Hauptrollen Leonardo DiCaprio, Ben Kingsley, Mark Ruffalo und Michelle Williams brillieren. Gleichzeitig mit dem Heimkinostart des spannenden Hollywoodstreifens erscheint im Münchener Schreiber&Leser-Verlag die gleichnamige Graphic Novel, eine nahezu perfekte Ergänzung zum Filmgenuss.

[ruhr-guide] „Comics sind doch nur was für Kinder“ – dieses Vorurteil haftet nahezu allen Publikationen an, die mit grafischen Erzählungen arbeiteten.Shutter Island Graphic Novel Cover Bildquelle: Verlag Schreiber&Leser Eine Unterscheidung zwischen Micky Maus und eher erwachsenengerechten Titeln wird scheinbar nicht getroffen. Das dafür allerdings höchste Zeit ist, belegen immer neue interessante Produkte, die ausschließlich für den Markt erwachsener Leser geschaffen sind. Diese nennt man dann nicht mehr Comics sondern „Graphic Novels“ – Eine Bezeichnung, die gerade auf den vorliegenden Band bestens zutrifft. Denn im Fall von „Shutter Island“ ist eins klar: Hier geht es um einen spannenden, düsteren und komplexen Kriminalfall, von dem Kinder die Finger lassen sollten. Stattdessen sei der Band jedem Freund von Comics oder Graphic Novels nahegelegt und allen Fans des Films wärmstens empfohlen.

Rätselhafte Story

Die US-Marshalls Teddy Daniels und Chuck Aule werden auf die entlegene Insel „Shutter Island“ gerufen, da in der sich dort befindenden Anstalt für psychisch kranke Straftäter ein Fluchtversuch stattgefunden hat. Ein äußerst erfolgreicher und verwirrender noch dazu, denn als die Ermittler die Zelle der mehrfachen Mörderin untersuchen, ist kein Hinweis auf das Zustandekommen der Flucht erkennbar, geschweige denn eine Spur der Vermissten auf der Insel aufzuspüren. Daniels beginnt, die Ärzte zu verdächtigen, in der Abgeschiedenheit der Insel zwielichtige Machenschaften auszuführen. Die Ermittler beginnen gewieft weitere Nachforschungen, der Fall wird immer rätselhafter und als zu allem Überfluss ein rasender Sturm den Kontakt zum Festland stört, sind Daniels und Aule schließlich auf der Insel gefangen …

Überzeugendes visuelles Konzept

An der Filmfassung hat vor allem das visuelle Konzept überzeugt. Die dunkle und düstere Gestaltung der Bilder war ein Highlight in Scorseses Thriller und Garant für die nervenzerreissende Spannung. Bei ihrem Vorhaben, eine grafische Erzählung des Stoffes auf die Beine zu stellen, haben sich Romanautor Dennis Lehane und Zeichner Christian De Metter ein funktionales graphisches Konzept ersonnen, das der Filmfassung in Atmosphäre und Eindruck in Nichts nachsteht. Als Grundton haben sich beide auf einen stimmigen sepiafarbenen Look geeinigt, der sich mit Ausnahme der Erinnerungssequenzen der Hauptfigur durch den gesamten Band zieht. Die abweichenden, in farbintensiveren, helleren Tönen gehaltenen Bilder zeigen Teddys Erinnerungen an Geschehnisse bevor er den aktuellen Fall annahm und sind aufgrund der farblich differenzierten Gestaltung klug von der hauptsächlichen Erzählung abgehoben. Beim Lesen des Graphic Novels kommt bereits mit dem Aufschlagen der ersten Seite ein unsicheres Gefühl auf, welches den rätselhaften Fall quasi auf einer Metaebene ankündigt.

Dunkle Schatten wohin man blickt, von schwarzen Flächen gezeichnete Gesichter prägen den noir-Stil dieser 127 Seiten starken Fassung des Stoffes. Undurchsichtige Charaktere werfen nicht nur bei Daniels zermürbende Fragen auf. Was ist es für ein dubioses Spiel, das sich hier abspielt? Was ist mit der geflohenen Insassin und wohin führt uns das Ganze? Was geht wirklich auf „Shutter Island“ vor? Die Story zieht wirklich in ihren Bann, verstärkt alle Empfindungen zusätzlich durch ihren markanten Stil. Künstlerisch eindrucksvoll und äußerst wirksam präsentiert De Metter die Geschichte in grafischer Form und versteht es vortrefflich, den Leser bis zur letzten Seite zu fesseln. Im Großen und Ganzen ist diese Umsetzung mit der Filmversion vergleichbar, lediglich die Erinnerungsfetzen Teddy Daniels‘ sind in reduzierterer Form eingebaut. Erzählt wird ausschließlich durch die Konversation der Figuren, eine Technik, die die Spannung erheblich verstärkt, denn der Leser weiß nur so viel, wie die Figuren im momentanen Augenblick.

Die Graphic Novel aus dem Hause Schreiber&Leser kann daher formal und inhaltlich überzeugen, auch die bisher auf dem Gebiet grafischer Erzählungen unerfahrenen Menschen können den Griff mit gutem Gewissen riskieren – der Band ist ein Highlight seines Fachs. Zusammen mit Scorseses Film und dem Roman ist die Graphic Novel die richtige Ausstattung, welche die bevorstehenden dunklen Herbstabende in eine geheimnisvolle Atmosphäre abtauchen lässt …

(mo)

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