Der Pott ist rund. Das Lexikon des Revier-Fußballs

Der Pott ist rund. Das Lexikon des Revier-Fußballs

„Ihre Fahrkarte bitte“, schnauzt mich der Kontrolleur unfreundlich an, weil er offenbar nicht zum ersten Mal fragt. Ich zucke zusammen, der Wälzer auf meinen Knien folgt der Gravitation und peinlich berührt fingere ich mein Ticket aus der Hosentasche. Das Leben zieht seit kurzem unbemerkt an mir vorüber, denn „der Pott ist rund“ und alles andere egal.

[ruhr-guide] „Der Pott ist rund“ ist das Der Pott ist rund. Das Lexikon des Revier-FußballsLexikon des Revier-Fußballs, dessen erster von fünf geplanten Bänden soeben im Klartext-Verlag in Essen erschienen ist. In diesem ersten Band – der Chronik von 1945 bis 2005 – trägt Herausgeber Ralf Piorr auf 414 Seiten quantitativ und qualitativ unglaubliches Material zu den Reviervereinen in den oberen Ligen der letzten 50 Jahre zusammen. Beim Studium dieses unermesslichen Datenmaterials keimt die Frage, was haben die Autoren in den letzten Jahren sonst gemacht, außer an diesem Buch zu arbeiten? Schlafen? Essen? Ich glaube nicht. Aber vielleicht sind es ja auch Rentner, die von der Schrebergartenwarteliste gestrichen wurden?

Warum? Weil in diesem Buch alles steht. Ergebnisse, Abschlusstabellen, Mannschaftskader, Einsätze, Tore und Geschichten, Geschichten, Geschichten. Denn es ist nicht so, dass hier eine rein statistische Arbeit vorliegt. Verknüpft wird das massive Zahlenwerk in „Der Pott ist rund“ durch informative Texte mit amüsanten Kuriosa, die den ehrlichen Fußball vergangener Tage wieder aufleben lassen:

Vielleicht hat Oppa noch gewusst, dass sich die Erkenschwicker zum Spiel bei Rot-Weiss Essen im Winter 1951/52 ihre Stollen mit Petroleum einrieben, um auf vereistem Geläuf Stand zu finden. Die Roten kamen erst zur Halbzeit auf diese glänzende Idee, konnten den 0:5 Pausenstand aber lediglich noch in ein 4:6 ummünzen. Schalke 04 dagegen legte gegen die 3:2 Niederlage beim 1. FC Köln in der Saison 1955/56 Einspruch ein, da die Schneedecke die Torhöhe angeblich um mehrere Zentimeter reduzierte. Wer, außer geborenen Zebras, wusste schon, dass MSV-Trainer Friedhelm Wenzlaff zu Beginn der 1980er Jahre unter dem Pseudonym Franco Wenzera Schlagertexte schrieb?

Plötzlich erinnert man sich auch an den gegen Frank Fahrenhorst verhängten und umgehend wieder revidierten Elfmeter im Spiel gegen Union Berlin, der entscheidend am vierten Aufstieg des VfL Bochum 2002 beteiligt war. Es wird kaum jemanden geben, dessen Herz an einem Revierclub hängt, dem nicht beim Lesen irgendwann ein erinnerndes „stimmt ja“ über die Lippen kommt. Und wer auf seiner Lesebrille sitzt, den treiben die unzähligen Fotos ins hemmungslose Erinnern.

Fazit:

Derjenige, der also meint, er hätte Ahnung vom Fußball, ohne in diesem Buch geblättert zu haben, ist ’ne Wurst. Wer glaubt, es bleibt beim Blättern, ebenfalls. Ihr kommt da nicht mehr raus, sofern euch kein Kontrolleur stört. Deshalb, Fußballfreunde, räumt jetzt schon ein Regalbrett in eurer Vollholzeichenschrankwand frei, setzt euch mit einem Pils und Band 1 von „Der Pott ist rund“ davor, stöbert genüsslich und wartet auf das Erscheinen von Band 2 „Die Vereine“ im April 2006.

Der Pott ist rund. Das Lexikon des Revierfußballs
Band 1: Die Chronik 1945 bis 2005

RevierSport (Hg.), Essen 2005, Klartext-Verlag,

414 Seiten, zahlreiche, zum Teil farbige Abbildungen, Festeinband,
29,95 Euro, ISBN 3-89861-358-5

(Lubi)

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