Bahnhof Langendreer Front

Bahnhof Langendreer

Ein alter Bahnhof, der zu neuem Glanz erstrahlt. Das Gebäude der ehemaligen Bahnhaltestelle in Bochum Langendreer ist nicht nur ein wichtiger Teil Bochums in vielerlei Hinsicht, sondern auch ein Ort der die Zukunft, die Gegenwart und die Vergangenheit so nah aneinander schweißt wie kaum ein anderer. Einst blühender Umschlagpunkt der Ruhrindustrie, Zeitzeuge und Opfer der wirtschaftlichen Entwicklung, wurde er zum Erfolgsobjekt der Bochumer Besetzerszene in den Achtziger Jahren und damit zum kulturellen Dreh- und Angelpunkt Bochums. Seit nun mehr als 20 Jahren überzeugt der Bahnhof durch hochqualitative Kulturangebote und Parties, die niemand mehr missen möchte.

[ruhr-guide] Historisch ein alter Knacker, der Geschichten Bahnhof Langendreer Frontzu erzählen weiß, die so manches Mal wie Märchen klingen mögen, ist der Bahnhof Langendreer aus kultureller Sicht ein junger Hüpfer. Ein Besuch ist immer auch ein Erlebnis. Zahlreiche Veranstaltungen im Bühnenbereich, Parties für Mainstream und Subkultur, das Programmkino in dem Filme mehr als nur Unterhaltung darstellen oder die einladenden gastronomischen Angebote in Restaurant und Kneipe locken immer wieder zahlreiche Gäste in den Bahnhof. Und auch das immerwährende politische Engagement macht das soziokulturelle Zentrum zu einem Treffpunkt der verschiedenen Kulturen, Ideologien und Mentalitäten sowie vor allem der Menschen hinter diesen. Der Bahnhof ist ein Ort der Auseinandersetzung – mit sich selbst, der Welt oder dem gebotenem Programm.

Wir wollen ein Zentrum! – ein Rückblick

Kaum hatten die Achtziger Jahre begonnen, wurden in Bochum die ersten Fabriken besetzt. Die Forderung war ein autonomes Kulturzentrum. Es sollte in Stadtnähe sein, sollte genug Platz für Veranstaltungen, Werkstatt, Wohnräume, Gastronomie, Gruppenräume und Büros bereithalten und vor allem sollte es nicht erbettelt werden. In ganz Deutschland wurden damals Häuser, Fabriken und Plätze besetzt. Manchmal auch Behörden oder andere öffentliche Einrichtungen um Druck auszuüben. Vielerorts hatten die Besetzer auch Erfolg und setzten ihre Vorstellungen in Taten um, schufen Einrichtungen, die nicht unter dem Scheffel der Regierung oder eines Chefs standen, um in Selbstverwaltung kulturell und politisch arbeiten zu können. Nach vier Jahren Kampf und einer immer näheren Zusammenarbeit mit der Stadt Bochum, aber niemals ohne kritische Distanz, gelang es der Initiative Bahnhof Langendreer 1984 das verwahrloste Gebäude zu übernehmen. Zwei Jahre dauerten die teils abenteuerlichen Renovierungsarbeiten bis 1986 die ersten Besucher empfangen werden konnte.

1908 wurde das Bahnhofsgebäude erbaut und diente viele Jahre als wichtiger Umschlagplatz für den Personentransport sowie der Industrie im Ruhrgebiet. Mit neun Gleisen war er größer als der damalige Hauptbahnhof. Doch mit dem Wandel der Wirtschaft wurde der Bahnhof für die Deutsche Bahn immer unwichtiger bis er 1982 sogar komplett geschlossen wurde und ab da dem Verfall zum Opfer fiel. Als er 1984 nicht nur vor dem Abriss bewahrt, sondern auch noch für eine so ganz andere Nutzung hergerichtet wurde, entschied sich die Stadt dazu, ihn unter Denkmalschutz zu stellen.

Selbstverwaltung – heißt das nicht Chaos?

Wie kann eine Einrichtung über 20 Jahre lang ein so komplexes AngebotBahnhof Langendreer unter einen Hut bringen ohne jemanden, der sie leitet? Im Bahnhof Langendreer wird über diese Frage nur geschmunzelt, denn dort arbeiten die wohl erfahrensten Menschen in Sachen Selbstverwaltung. Das Wort Selbstverwaltung hat wie alles im Leben seine Licht- und Schattenseiten. Zum einen heißt es sicher, dass niemand benachteiligt wird, keiner hat eine alleinige Entscheidungsgewalt wodurch alle Entscheidungen gemeinsam und in Absprache untereinander getroffen werden. Doch das heißt auch, eine ständige Reflexion sich selbst und seinem Umfeld gegenüber, um nicht persönliche Konflikte in den Arbeitsalltag zu bringen sowie ein immer währendes Abwägen zwischen Sachlichkeit und Emotionalität, denn Entscheidungsfindung heißt in der Selbstverwaltung auch und vor allem Konfliktlösung. Die Menschen, die im Bahnhof Langendreer Tag für Tag ihre Arbeit verrichten, tun dies größtenteils nicht der Arbeit oder des Geldes wegen, welches Sie dadurch verdienen, sondern weil es um den Bahnhof, das Zentrum und die Idee an sich geht. Die Berufung ist es, Teil dieses Projektes zu sein und getan wird, was eben anfällt. Sicher gibt es für jeden Bereich die geeignete Fachkraft oder Sachautorität, doch findet sich im Gremium, in welchem gemeinsam Entscheidungen getroffen werden, kein Unterschied zwischen dem Finanzplaner und denjenigen die Abends an der Kasse den Eintritt kassieren. Im übrigen auch nicht auf der Lohnabrechnung. Und das Besondere am Bahnhof Langendreer ist, dass sich diese Selbstverwaltung über 2 Jahrzehnte nicht zu einem Knäuel aus Individualkonflikten entwickelt hat, sondern ein stetig gleich bleibendes hohes Maß an politischen wie soziokulturellem Engagement den Alltag beschreibt.

Das kulturelle Programm im Bahnhof Langendreer

Der Bahnhof hat verschiedene Möglichkeiten kulturelle Veranstaltungen anzubieten. Einmal gibt es die große Halle, in der um die 400 Personen Platz finden. Hier werden große Konzerte und Parties, aber auch Theater, Kabarett oder Comedy präsentiert. Im Studio 108, das früher als Werkstatt diente, finden alle Veranstaltungen statt, bei denen nicht so viel Publikumsandrang erwartet wird. Weiterhin gibt es oft auch in der Gastronomie kleinere Konzerte, Vorträge, Lesungen oder Comedy-Veranstaltungen. Die musikalische Bandbreite im Bahnhof Langendreer ist nahezu unendlich. Ob im Bereich Rock oder Pop, Weltmusik, Soul, Balkanbeats oder Singer/Songwriter findet sich im Laufe des Veranstaltungsjahres für jeden Geschmack das Richtige. Besonders stolz ist man auf die zahlreichen Konzerte verschiedenster Kulturen der ganzen Welt. Auch die Parties im Bahnhof machen von sich reden. Seit Jahren schon gibt es hier Partyreihen, die für viele nicht mehr wegzudenken sind. Ob es die Worlmusic-Party „Globalibre“ ist oder die seit 19 Jahren bestehende „Boys“ auf der sich schwule Männer ganz Zwanglos vergnügen können. Auch die „Oldiesnight“ ist ein Klassiker, der regelmäßig den Bahnhof zum überkochen bringt.

Endstation Kino

In Zeiten einer immer größer werdenden Fülle an Filmen, die ausschließlich der netten Unterhaltung dienen und ansonsten bar allem Anspruchs sind, ist es gut zu wissen, dass es Kinos wie das im Bahnhof Langendreer gibt. In einem kleinen Vorführraum, in dem es nicht um das spektakulärste Sounderlebnis und die größte Leinwand geht, sondern um die Filmkunst an sich, kann sich für einen moderaten Preis ein alle paar Tage wechselndes Programm angeschaut werden. Nicht nur neueste Produktionen, sondern auch Filmklassiker tauchen immer wieder im Monatsplan auf. Weiterhin werden Filme aus anderen Ländern und Kulturen immer wieder gern im Originalton mit Untertiteln gezeigt. Nicht zu vergessen sind Dokumentarfilme, Stummfilme mit musikalischer Livebegleitung und das Kinderkino jeden Sonntag.

Neben einem Zentrum für öffentliche Veranstaltungen bietet der Bahnhof Möglichkeiten für interne Treffen der verschiedensten Gruppen oder Bildungsveranstaltungen. Um die 15 Gremien kommen hier regelmäßig zusammen. Auch gibt es eine tamilische Schule, die jeden Samstag Kinder und Jugendliche in der Kultur und Sprache ihres Heimatlandes Sri Lanka unterrichtet, aus welchem sie wegen eines Bürgerkrieges fliehen mussten. Um weitere Beispiele zu nennen, tagen der schwul-lesbische Sportverein „AufRuhr“ und die Theatergruppe „Gegendruck“ des öfteren im soziokulturellen Zentrum.

Der Bahnhof Langendreer ist mit seinen zahlreichen Angeboten und Möglichkeiten ein Ort, der den Namen soziokulturelles Zentrum mehr als verdient hat. Seit über 20 Jahren finden hier Kultur und Unterhaltung, sowie politisches und soziales Engagement ein Zuhause und laden sich liebend gern jeden Abend Gäste ein.

Parties im Bahnhof Langendreer

Freitags

jeder 1. Freitag: Fräsh / Hip-Hop R’n’B Dancehall Electro
mit: DJ OGC (La Schmoov)

jeder 3. Freitag: Lost Sounds / Goth Rock Batcave Wave Post & Horror Punk

Samstags

jeden 1. Samstag: Boy-S / Party für Schwule

jeden 2. Samstag: Frauen Abend / Party nur für Frauen
http://www.frauenabendbochum.de/

jeden 3. Samstag: Globalibre / Worldbeat mit DJ Gärtner der Lüste
und: Afrikanista mit DJ Ado

jeden 4. Samstag: Oldies Night / Musik der 60er bis 90er
mit: DJ R. Tameling

(de)

Fotos: ruhr-guide

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