Douglas Gordon:
Out of the water

Douglas Gordon: Everything Is Nothing without Its Reflection – A Photographic Pantomine

Im Essener Folkwang Museum stellt der schottische Videokünstler Douglas Gordon sein Leben aus. Man findet einen ganzen Raum ausgefüllt mit einer großen Collage aus 180 Bildern, darunter alltägliche Motive wie Reisefotos, spielende Kinder, Nahaufnahmen von Speisen – es erinnert an Tumblr, Instagram und Co. Aber es gibt auch verwirrende, berührende und provozierende Bilder. Dazwischen hängen 180 Spiegel, sodass das Spiegelbild des Betrachters in die Installation integriert wird. Und man sieht: einzeln sind die Fotos eher banal, im ganzen entfaltet die Installation eine ganz besondere Wirkung! Die Ausstellung ist bis zum 2. März zu sehen.

[ruhr-guide] Im Folkwang Museum Essen findet man derzeit eine Kontroverse der besonderen Art:Douglas Gordon:
Out of the water während in einem Raum Ernst Scheideggers Sammlung an Magnum-Fotografien das Foto als tiefgreifendes und greifbares Medium ausstellt, findet man direkt nebenan eine Installation, welche, fotografisch gesehen, eher an die seelenlose Bilderflut des Internets erinnert: Douglas Gordons „Everthing Is Nothing without Its Reflection“. Die hohen Wände des Raums sind bis fast zur Decke mit unzähligen gerahmten Fotografien bedeckt, von Postkartengröße bis zur Postergröße ist alles dabei.

Eine „Timeline“ als Ausstellung

Die Bildmotive sind dabei meist trivial und genial zugleich. Von einem großen Bild schaut einen ein verschwommenes Kindergesicht an, auf einem anderen findet man die Skyline New Yorks, dort ein Foto eines Klaviergeschäfts im sozialen Brennpunkt, eine idyllische Wiese irgendwo in Schottland, halb aufgegessene Lasagne. Klingt für viele nicht nach künstlerischem Anspruch sondern erinnert eher an Foto-Postings auf Instagram, Facebook, Tumblr und Co. Dazwischen der Abzug einer antiken Fotografie eines Paares, eine golden angemalte Hand, Totenschädel oder ein Elefant.

Douglas Gordon
Bestpire 4

Fehlen nur die Bildunterschriften – Gordon verzichtet in seiner Installation komplett auf Bildtitel. So bleiben dem Betrachter die Hintergrundgeschichten verwehrt. Er erfährt nicht, dass es sich bei dem Kindergesicht um ein versehentlich aufgenommenes Polaroid-Selbstportrait seines Sohnes handelt, auf dem antiken Foto seine Großeltern zu sehen sind, die er nie kennengelernt hatte, und dass ausgerechnet seine schwangere Frau in einem grauen Morgenmantel ihn auf die Idee brachte, einen Elefanten abzulichten. Oder dass die mit Goldfarbe besprühte Hand eine Anspielung auf den Bond-Film „Goldfinger“ und mit Sean Connery ist – eine Hommage an Gordons Heimat Schottland.

Selbst ein Teil der Installation werden

Bildunterschriften sind aber nicht von Nöten, denn die meisten der Bilder sprechen für sich. Nur wie sie interpretiert werden, ist jedem selbst überlassen. Dazu tragen auch die vielen großen und kleinen Spiegel bei: zwischen den Fotografien aufgehängt, reflektieren sie die den Betrachter und die Bilder hinter ihm. Somit wirkt der Raum nicht nur größer und die Bilderauswahl noch vielfältiger, sondern man wird sozusagen ein Teil der Installation. Zwischen den privaten Szenen aus Douglas Gordons Leben schaut einem immer wieder sein eigenes Spiegelbild entgegen, eine „fotografische Pantomime“. Man assoziiert unbewusst das Gesehene mit dem eigenen Leben, sodass jeder etwas Anderes aus der Ausstellung mitnimmt.

Douglas Gordon:
Can’t stop playing

Der in Schottland geborene Douglas Gordon gilt als einer der einflussreichsten Videokünstler seiner Zeit. Zu seinen bekanntesten Werken zählt „24 Hour Psycho“, bei dem er Alfred Hitchcocks „Psycho“ auf ganze 24 Stunden ausgedehnt hat. Im Jahr 2006 erregte er Aufsehen mit seinem Projekt „Zidane: A 21st Century Portrait“. Bei einem Spiel filmte Gordon zusammen mit Philippe Parreno den französischen Fußballspieler Zinédine Zidane aus insgesamt 17 Blickwinkeln. Das Portrait fokussiert nur die Bewegungen und Gestik des Sportlers, alles um ihn herum wird komplett ausgeblendet.
Gordon ist weniger Fotograf als Video- und Performancekünstler, und das merkt man auch bei „Everything Is Nothing without Its Reflection“. Hier gelten die einzelnen Fotografien nicht als Kunstwerk, sondern die Gesamtheit der Installation lädt den Betrachter dazu ein, selbst ein Teil derer zu werden. Diese alltäglichen Bilder gepaart mit dem eigenen Spiegelbild rufen eine Flut an Assoziationen zum eigenen Leben aus, wie sie z. B. Pressefotografien nicht erreichen.

Douglas Gordon: Everything Is Nothing without Its Reflection – A Photographic Pantomine

30. November 2013 – 2. März 2014

Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen

Bilder: © Douglas Gordon / Studio lost but found / VG Bild-Kunst, 2013

(kb)

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