Ihre ganz individuellen Ansichten der Hustadt präsentieren die 21 Schüler des Kunstkurses der Hans-Böckler-Realschule seit 22. März am Hustadtring 51.

Beton und Blumen in der Hustadt

Die Entwicklung der Bochumer Hustadt von einem Ort der Moderne zu einer ghettoähnlichen Gegend haben Neuntklässler der Hans-Böckler-Realschule künstlerisch dargestellt. Initiator des Kunstprojektes „multiple
A(nsicht) – eine Hustadt Collage“ ist der Bochumer Dramaturg und Regisseur Winfried Paetzel. Finanzielle Unterstützung erhielt er von Bochum-Agenda 21.

Bochum, im März 2006. „Die Hustadt war früher ein Ort der Moderne, jetzt trägt sie Ihre ganz individuellen Ansichten der Hustadt präsentieren die 21 Schüler des Kunstkurses der Hans-Böckler-Realschule seit 22. März am Hustadtring 51.Züge des Ghettos“, meint der Bochumer Dramaturg und Regisseur Winfried Paetzel. Diesen Wandel möchte Paetzel mit dem Jugendprojekt „multiple A(nsicht) – eine Hustadt Collage“ sichtbar werden lassen. Schüler eines Kunstkurses der Hans-Böckler-Realschule in Bochum sammelten Eindrücke aus dem Uni-Stadtteil und verarbeiteten sie in Gemälden, Kohlezeichnungen und Collagen. Seit dem 22. März präsentieren die 14 bis 16-Jährigen ab 14 Uhr ihre Werke der Öffentlichkeit. Ort der Ausstellung ist der Hustadtring 51. Unterstützt wird das Projekt von Bochum Agenda 21.

Kontraste in der Hustadt
Jan (16) taucht einen dicken Pinsel in ein mattes Grau. Es ist die dominierende Farbe seines düsteren Bildes. „Die Hustadt ist geprägt von Beton“, sagt der Neuntklässler zu seinem dunklen Szenario. Die 14-jährige Diana lässt bunte Farben auf ihrer Leinwand erstrahlen. „Ein Graffiti an einer Mauer, daneben Bäume und Blumen „, sagt sie. „Ich stelle den Kontrast zwischen Beton und Natur da.“ Bilder der Hustadt – es kommt auf die Perspektive an.

Jugendliche sind unvoreingenommen
21 Schüler des Kunstkurses der Hans-Böckler-Realschule arbeiteten seit Januar an ihren Werken über den Bochumer Stadtteil. „Die Jugendliche gehen unvoreingenommen an solch ein Projekt, vor allem, weil keiner von ihnen in der Hustadt wohnt“, sagt Initiator Winfried Paetzel. Wegen der Hustadt-Nähe fragte er bei der Realschule an der Querenburger Straße an. Kunstlehrer Rolf Brekau war sofort Feuer und Flamme: „Das Thema hat mich interessiert und die Schüler auch.“

Recherche vor Ort und Interviews mit Hustädtern
„Unsere Aufgabe war es, die Hustadt künstlerisch darzustellen und zu verfremden“, erklärt Jan. Zunächst recherchierten die Jugendlichen vor Ort. „Wir machten Fotos von der Umgebung“, sagt Amman (15). Dabei achteten die Neuntklässler besonders auf bauliche Besonderheiten und Gegensätze. „Außerdem befragten wir Bewohner des Stadtteiles, ob sie sich mit der Hustadt identifizieren und ob sie sich dort wohlfühlen“, ergänzt Diana. Ihre Eindrücke verarbeiteten sie in Kunstwerken. „Die Schüler hatten freie Hand, ob sie ein Gemälde malen oder eine Fotocollage machen“, sagt Brekau.

Düsterer Gesamteindruck
Sehr individuelle Hustadt-Kunstwerke entstanden in der zweimonatigen Projektarbeit. Die Schüler bearbeiteten ihre Fotos am PC und verfremdeten sie dann mit Farbe und Pinsel. Ein Bild zeigt einen Betonklotz, darunter steht bedrohlich aber auch auffordernd „Exit“. Ein anderes Werk ist dominiert von dem Begriff „Ghetto“, drum herum Fragezeichen. „Es sind sehr talentierte Schüler, die das Niveau eines Leistungskurses haben“, ist Lehrer Rolf Brekau stolz auf seine Klasse. So unterschiedlich die einzelnen Gemälde sind, eins haben sie alle gemeinsam: sie vermitteln einen düsteren Gesamteindruck.

Interkultureller Garten für die Hustadt
Winfried Paetzel möchte bei „multiple A(nsicht) – eine Hustadt Collage“ Jugendliche in Atelierarbeit einbinden. Gleichzeitig will er die Lebensbedingungen der Hustadt-Bewohner verbessern, denn ihr Alltag ist vielfach geprägt von Hartz IV und den Anforderungen eines multikulturellen Nebeneinanders. Paetzel: „Ziel meines Projektes ist die Entstehung eines Interkulturellen Gartens. Dort pflanzen Migranten Gemüse an, um zusätzlich dazu Mut, Großzügigkeit und Optimismus zu ernten.“

Verknüpfung von Agenda-Themen
Dass die Jugendlichen mit soviel Eifer bei der Sache sind, erfreut Dr. Jürgen Löwer von Bochum-Agenda 21: „Jugendliche sind normalerweise schwer für Agenda-Themen zu erreichen. Deswegen unterstützen wir Winfried Paetzel bei seinen Projekten gerne.“ Schon bei der Aktion „Ponte Courage“, einem riesigen Boot, sei es Paetzel gelungen, die Agenda-Kernthemen Ökologie, Ökonomie und soziale Fragen so zu verknüpfen, dass auch Kinder und Jugendliche daran Interesse zeigen, so Löwer.

Jugendliche Migranten verarbeiten „ihren“ Stadtteil
Neben der Hans-Böckler-Realschule beteiligte sich auch der IFAK-Bochum e.V. an dem Kunstprojekt. Unter der Leitung der Bochumer Kunstpädagogin Andrea Harmes verarbeiteten hier Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund aus der Hustadt ihre Eindrücke von „ihrem“ Stadtteil. Diese Werke sind ebenfalls seit dem 22. März am Hustadtring 51 zu sehen. Im Rahmen der Ausstellung stellt Winfried Paetzel das Konzept der interkulturellen Gärten vor. Unterstützt wird er dabei von Dr. Christa Müller, Vorsitzende der Stiftung Interkultur, Tassew Shimeles, Leiter der Internationalen Gärten Göttingen, und Michael Wenzel, Vorsitzender des Bochumer Agenda-Beirates.

(Jens Südmeier)
Foto: Hanjo Schumacher / press image

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