1955 feierte Rot-Weiss Essen die Deutsche Meisterschaft.

Rot-Weiss Essen: Erster Nachkriegs-Meister des Westens

Rot-Weiss Essen: Deutscher Fußball-Meister 1955 und einziger höherklassiger Klub in Deutschland, der sich einen Rechtschreibfehler im Namen leistet.

[wmp] In 1955 feierte Rot-Weiss Essen die Deutsche Meisterschaft.der Geschichte von Rot-Weiss Essen gibt es viele Höhepunkte: 1953 erster DFB-Pokalsieger nach dem Zweiten Weltkrieg, Bundesliga-Aufsteiger 1966, 1969 und 1973. Fast noch größer ist jedoch die Zahl der Tiefschläge, von denen der Absturz in die Viertklassigkeit 1998 sicher der größte war. Den zweifellos größten Triumph feierte RWE 1955 mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft. In einem packenden Finale besiegten die Rot-Weissen den favorisierten 1. FC Kaiserslautern, der neben Fritz Walter noch mit drei weiteren Weltmeistern von Bern auflief, mit 4:3. Kurz vor Schluss hatte es noch 3:3 gestanden. In der 84. Minute gingen die Lauterer vermeintlich in Führung. Doch der Treffer fand wegen Abseits keine Anerkennung. Zwei Minuten später köpfte der stark angeschlagene Penny Islacker – aus abseitsverdächtiger Position ? ins Lauterer Netz. Dieses Tor zählte. Und Rot-Weiss Essen holte als erste Mannschaft nach Kriegsende den Titel wieder in den Westen der Republik.

Zwei Bosse

Stützen der damaligen Meister-Mannschaft waren Kapitän  Aufstellen zum Endspiel um die Meisterschaft in Hannover.August Gottschalk, Torhüter Fritz Herkenrath und der „Boss“ Helmut Rahn, Siegtorschütze im WM-Endspiel 1954 gegen Ungarn. Außerhalb des Fußballplatzes gab es noch einen Boss, Vereins-Boss Georg Melches. „Dieser Name ist untrennbar mit Rot-Weiss Essen verbunden“, sagt Fußballhistoriker Ralf Piorr. Länger als ein halbes Jahrhundert beeinflusste Melches, Ehrenvorsitzender und einer der Gründer von RWE, die Geschicke des Klubs. So absolvierte Essen als eine der ersten deutschen Mannschaften bereits in den 1950er Jahren eine Reihe von Freundschaftsspielen gegen internationale Vereine. Unter anderem waren Teams aus Ungarn oder Argentinien zu Gast im Ruhrgebiet. „Mitte der 50er Jahre brach RWE sogar zu einer mehrwöchigen Südamerikatournee auf“, erzählt Piorr. 1964, ein Jahr nach Melches? Tod, wurde der Sportplatz an der Hafenstraße in Georg-Melches-Stadion umbenannt. So heißt die 25.000 Zuschauer fassende Heimstätte der Rot-Weissen bis heute. Eine Besonderheit: Nur von drei Seiten ist das Spielfeld von einer Tribüne umgeben.

„Ich danke Sie“

Auf diesem Spielfeld kickten auch in den 60er und 70er Jahren, in denen Essen zwischen Bundesliga und Zweitklassigkeit hin und her pendelte, großen Namen im RWE-Trikot: Manni Burgsmüller, Horst Hrubesch, Frank Mill. Und natürlich Willi Lippens, wegen seines watschelnden Laufstils „Ente“ genannt. Legendär geworden ist sein Ausspruch „Ich danke Sie“. Nach einer Gelben Karte veralberte der linke Außenstürmer so die nicht ganz korrekte Grammatik des Schiedsrichters, der gesagt hatte: „Ich verwarne Ihnen!“. Der Schiedsrichter verstand den Pfundskerl Fritz Herkenrath rettet in höchster Not.trockenen Humor von Lippens nicht und zeigte ihm die Rote Karte. Die Zuschauer waren trotzdem begeistert.

Berühmtes Ehrenmitglied

Und Zuschauer hatte Rot-Weiss Essen schon immer reichlich. 1907 gründete er sich als SV Vogelheim im Arbeiterviertel Bergeborbeck und schloss sich später mit mehreren anderen Vereinen zusammen. RWE haftete schnell das Image eines Arbeiterklubs an. Im Gegensatz zum bürgerlichen Ortsrivalen Schwarz-Weiß Essen konnte der Verein damit wesentlich mehr Anhänger anlocken. „Bis heute besitzt Rot-Weiss Essen ein großes Fanpotenzial. Zudem gibt es genug finanzkräftige Unternehmen in der Stadt. Es ist ein Rätsel, warum sich der Klub mit diesen Voraussetzungen bis heute nicht in der Bundesliga hat etablieren können“, sagt Piorr. Momentan kämpfen die Essener um die Rückkehr in die Zweite Bundesliga. Unterstützt werden sie dabei von einer Fußball-Legende. Seit November 2005 ist Pelé Ehrenmitglied. Bei der Verleihung seiner Mitgliedsurkunde im Georg-Melches-Stadion sagte der brasilianische Superstar: „Es ist für mich eine große Ehre, jetzt dem Verein anzugehören, in dem der „Boss“ Helmut Rahn spielte.“

(Jens Witte, WM-Portal Dortmund)

Fotos Der Pott ist rundaus „Der Pott ist rund“. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ralf Piorr. Lesen Sie zu diesem herausragenden Buch auch unsere Rezension zu Band 1 und Band 2.

Der Pott ist rund.
Das Lexikon des Revierfußballs
Band 1: Die Chronik 1945 bis 2005
Band 2: Die Vereine – 1945 bis 2005

Ralf Piorr (Hg.), Essen 2005 und 2006,
Klartext-Verlag, jeweils 29,95 Euro,
Band 1: ISBN 3-89861-358-5
Band 2: ISBN 3-89861-356-9

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