In Burma sind die Schuhe der Prinzen mit dem Glück bringenden Hintha-Vogel verziert. Foto: Museum und Archiv, Pirmasens.

Schuhtick – Von kalten Füßen und heißen Sohlen

Ob Latschen, Quanten, Botten, Schlappen oder Treter, gemeint ist stets der Schuh. Ebenso vielfältig wie die Bezeichnungen sind auch die Geschichten, die sich um das Fußkleid drehen. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat sich der Kulturgeschichte des Schuhs angenommen und präsentiert mit über 400 Exponaten eine Ausstellung im LWL-Museum für Archäologie, zu sehen bis zum 5. Juli 2009 in Herne.

[ruhr-guide] Es riecht so gar nicht in der In Burma sind die Schuhe der Prinzen mit dem Glück bringenden Hintha-Vogel verziert. Foto: Museum und Archiv, Pirmasens.Ausstellungshalle im LWL-Museum, obwohl im gesamten Raum Schuhe ausgestellt sind, die auch schon einen Besitzer hatten. Ob der Geschichte und dem Wert, die mit so manchem Schuhpaar einhergehen, stehen die Exponate doch sicher im Schaukasten. Luftdicht verpackt, aber höchst ansprechend präsentiert. Gleich in der Eingangshalle finden sich einige Schätzchen, die auch so bezeichnet werden dürfen, denn die persönlichen Geschichten zu diesen Schuhen zeugen von Besitzern, denen die Quadratlatschen stets ein Kleinod waren.

Schutz gegen Hitze und Kälte

Aber eigentlich beginnt die Geschichte viel früher, nämlich damit, dass der Fuß so bloß und nackt daher kommt und trotz Hornhaut doch recht empfindlich den Witterungen oder den landschaftlichen Gegebenheiten ausgesetzt ist. Kaum, dass der Mensch Werkzeug erfand, wurde auch schon an einer Lösung für das nackte Ende des Körpers gesucht. Es musste etwas gegen Schnee und Eis, gegen den heißen Wüstensand, für den festen Tritt im felsigen Gebirge oder für den sicheren Schritt im schlammigen Moor gefunden werden. An Erfindungsreichtum ließen es sich die Menschen nicht mangeln. Getrost kann Kleidung und Schuhwerk Ötzis als hochwertige Outdoor-Bekleidung angesehen werden. Die Ergebnisse professioneller Tests dieser Ausstattung sind im Museum anzusehen.

Modisches Accessoire und Statussymbol

„Schöne Schuhe müssen nicht bequem sein, sondern einen Diese Plateau-Sandale hat der berühmte Designer Salvatore Ferragamo 1938 für die Schauspielerin und Sängerin Judy Garland kreiert.
Foto: Museo Salvatore Ferragamo, Florenz.schönen Fuß machen,“ sagt die Frau und streicht liebevoll über die Sohle eines Stöckelschuhs. In einer Dauerschleife werden Filmsequenzen aus einer Straßenumfrage gezeigt. Sie stimmen darauf ein, dass die Entwicklung des Schuhwerks längst nicht nur durch Wetterfestigkeit geprägt war. Schuhe sind weitaus mehr. Sie sind modisches Accessoire und Statussymbol, unterstreichen Macht und Sexappeal oder lassen auf die soziale Herkunft des Trägers schließen. Jahrhundertelang bestimmte die höhere Gesellschaft das modische Muss. Die Sohlen dieser Schühchen blieb der Geschmack von Ackerboden, Matsch und Unrat zeitlebens verborgen. Dagegen begleiteten die Barfüße oder die Holzpantinen das einfache Volk.

Jugend setzt Trends

Hinter einigen Glasvitrinen stehen die Schuhe, die eine Generation prägen können. Chucks, Vans oder auch DocMartens sozialisierten so manche Jugendliche durch Pubertät und Postadoleszenz und zieren mittlerweile sogar den Fuß von etablierten Berufstätigen, die sich von dem Outsidercharme ein bestimmtes Image versprechen. Seit dem 20. Jahrhundert setzt nämlich Jugend den Trend. Und eine der Jugendlichkeit verfallenen Gesellschaft greift begierig nach dem vermeintlichen Jungbrunnen. Setzt sich ein Schuhmodell durch, dann erst innerhalb der jugendlichen Subkultur. Dort muss das Modell dem Skaten, Breaken, Pogen, Le Parkour oder ähnlichem genügen. Einem Kult um Chucks oder DocMartens steht dann nichts mehr im Wege.

Von Holz über Leder hin zu Synthetik

Die Ausstellung beweist, dass sich wahrhaftig aus jedem Material ein Schuh herstellen lässt. In Brasilien fertigten Macusi-Indianer sich Schuhe aus Rindenbast und Lehm. Oder in Japan entstanden im vorvergangenen Jahrhundert Stiefel aus Lachshaut. Natürlich gibt es Holzschuhe aus allen möglichen Ländern für die verschiedensten Zwecke; und mit der Rohölgewinnung kam auch der synthetische Schuh auf. Besondere oder legendäre Schuhe prominenter Besitzer sind ebenfalls zu bewundern. Den roten Kardinalsschuhen, die Kardinal von Galen einst trug, ist nicht anzusehen, dass sie ehemals die Form einer Handtasche hatten. Warum, das wird in der Ausstellung verraten!

Der Laufsteg für den eigenen Catwalk

Zu guter Letzt darf bemerkt werden, dass in dieser Ausstellung, Besucherinnen und Besucher können in der Ausstellung selbst in die Schuhe schlüpfen. Foto: LWL/Kuhn wie auch im gesamten Museum, das Thema sinnlich erfahren werden kann. Besonders hervorzuheben ist dabei die museumspädagogische Arbeit. So kann das unterschiedliche Schuhwerk angezogen und auf dem eigens aufgestellten Catwalk ausprobiert werden. Wie sich dabei Materialien, Form und Absatzhöhe auf Gangart und sicheren Tritt auswirken, darf dann jeder individuell entscheiden. Eine Musikbar präsentiert eine Auswahl an Liedern, in denen der Schuh besungen wird. Das sind gar nicht mal so wenige und viele bekannte Songs sind darunter …

Bis zum 5. Juli 2009 kann die Ausstellung „Schuhtick. Von kalten Füßen und heißen Sohlen“ besucht werden. Zu sehen sind über 400 Exponate aus den letzten 40.000 Jahren. Besondere Aufmerksamkeit wird der europäischen Schuhmode gegeben.

LWL-Museum für Archäologie

(ehem. Westfälisches Museum für Archäologie)
Europaplatz 1
44623 Herne
Tel: 02323-94 62 80
Fax: 02323-94 62 833

Öffnungszeiten:
Die, Mi, Fr: 9.00 bis 17.00 Uhr
Do: 9.00 bis 19.00 Uhr
Sa, So: 11.00 bis 18.00 Uhr

Eintrittspreise:
Ausstellung „Schuhtick. Von kalten Füßen und heißen Sohlen“: 5,00 Euro.
Ansonsten:
Erwachsene: 3,50 €
Kinder (6 bis 17 J.): 2,- €
bei Teilnahme an Führung/museumspädagogischem
Angebot:
1,60 € (2 Begleiter frei)
Familientageskarte: 8,- €
Ermäßigungsberechtigte: 2,10 €
Das Museum ist behindertengerecht gebaut.
Bei Sonderausstellungen gelten andere Eintrittspreise.

(Stand: Dez 08, Angaben ohne Gewähr)

Anfahrt:
Pkw: A43, Abf. Herne-Eickel (15) auf Holsterhauser Str. Richtg Herne-Zentrum, Parkplätze/Parkhaus links Berliner Platz/Schmiedestr.
VRR: von Herne Hbf U-Bahn U35, Haltest. Herne Arch.Museum / Kreuzkirche

(sk)

Fotos: LWL/Kuhn; Museum und Archiv, Pirmasens; Heimathaus Münsterland, Telgte; Museo Salvatore Ferragamo, Florenz

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