Günther Sawitzki hielt den Kasten 1955 sauber.

SV Sodingen: Fußball unterm Förderturm

Zechen und Fußball gehörten im Ruhrgebiet lange Zeit zusammen. Nur in wenigen Vereinen lagen jedoch Fußball und Förderturm so dicht beieinander wie beim Sport-Verein von 1912 Sodingen. Gegründet im Bergbaustädtchen Sodingen, das seit den 20er Jahren zur Stadt Herne gehört, spielte der SVS nach dem Zweiten Weltkrieg neun Jahre lang in der Oberliga West, der damals höchsten Spielklasse.

[wmp] Seine Heimspiele Günther Sawitzki hielt den Kasten 1955 sauber.trug der SV Sodingen im Glück-Auf-Stadion aus, das direkt auf dem Gelände der Zeche Mont-Cenis stand. Fast alle Spieler arbeiteten auf Mont Cenis und kamen aus der näheren Umgebung. Das und die Tatsache, dass die „kleinen“ Sodinger mit den großen Vereinen der Oberliga West, etwa dem FC Schalke 04, Rot-Weiss Essen oder Borussia Dortmund, mithalten konnten, machten den Arbeiterverein auch außerhalb des Ruhrgebiets außerordentlich beliebt. Meist kämpfte der SVS gegen den Abstieg, was das Image eines Davids noch verstärkte. Genauso wie die Konkurrenz zum eher bürgerlich geprägten Lokalrivalen Westfalia Herne.

In der Endrunde um die deutsche Meisterschaft

Hannes Ädamik (re.) trifft per Fallrückzieher gegen Viktoria Berlin.„Sodingen ist die einzige deutsche Elf, die englisch spielt“, soll der damalige Bundestrainer Sepp Herberger aufgrund des vom SVS bevorzugten „Kick and Rush“ gesagt haben. Herberger beobachtete in den 50er Jahren einige Begegnungen des SV Sodingen, da dort auch Nationalspieler – Hans Cieslarczyk oder Gerhard Harpers – kickten. Den größten Erfolg ihrer Vereinsgeschichte feierten die in grün und weiß spielenden Sodinger in der Saison 1954/55. Platz zwei in der Oberliga West bedeutete die Qualifikation zur Endrunde um die deutsche Meisterschaft. Nach einem 3:0-Sieg über den SSV Reutlingen zog der SVS in die Endrunde ein. In zwei Vierergruppen wurden die Finalteilnehmer ausgespielt. In der Sodinger Gruppe hießen die Gegner: 1.FC Kaiserslautern, angeführt von zahlreichen Weltmeistern von 1954 um den legendären Fritz Walter, Hamburger SV und Viktoria 89 Berlin. Mit 7:5 Punkten erreichte der Stadtteilverein einen beachtlichen dritten Platz.

Chaotische Szenen auf Schalke

Volle Glückauf-Kampfbahn: Fritz Walter findets zum Haareraufen.Unvergessen ist vor allem das in der Schalker Glück-Auf-Kampfbahn ausgetragene Heimspiel gegen Kaiserslautern. Nicht nur wegen des 2:2-Unentschiedens. Bereits Stunden vor Spielbeginn kam es zu chaotischen Szenen. Etwa 80.000 Menschen drängten in das gerade einmal halb so viele Plätze bietende Stadion. Die Schätzungen der Zuschauerzahl reichen von 55.000 bis 65.000. Bis an die Tor- und Seitenauslinien standen die Massen, bei Eckstößen mussten Spieler und Linienrichter erst für eine Schneise sorgen. Und der Schiedsrichter war mehrmals gezwungen, das Spiel zu unterbrechen. „Was kann diese Mannschaft kämpfen“, sagte Lauterns Spielführer Fritz Walter, nachdem dem SV Sodingen auch im Rückspiel am Betzenberg ein 2:2 gelungen war.

Heute nur noch fünftklassig

Von solchen Fußballfesten kann Sodingen heute nur noch träumen. Mittlerweile kickt der Verein in der fünfthöchsten Spielklasse, der Verbandsliga Westfalen II. Bergleute sind dort schon lange nicht mehr aktiv. Vor mehr als 25 Jahren wurde „Mont Cenis“ geschlossen. Den SV Sodingen gibt es immer noch.

(Jens Witte, WM-Portal Dortmund)

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