The WALTONS im Bochumer Zwischenfall

The WALTONS

Die WALTONS sind nach ein paar Jahren Ackerbau und Viehzucht auf Alpha Centauri zurück aus der Zukunft und stehen in den Startlöchern, die Cowpunkszene von neuem gründlich aufzurollen.

[ruhr-guide] So The WALTONS im Bochumer Zwischenfallzumindest verkündet es der Pressetext zur aktuellen Tour. Ob das auch zutrifft – das mit dem aufrollen, Alpha Centauri dagegen gilt als Fakt – erfahrt Ihr in den nächsten Zeilen. Aber zuerst mal für alle, die mit dem Namen Waltons nur die Schnarchnasen-Fernsehserie mit der kultigen Gute-Nacht-Szene verbinden: diese Waltons hier sind etwas lebhafter und waren in den 80ern ebenfalls Kult. Schnellen, druckvollen Cowpunk spielten Sie damals – und heute?

Am 15.12.04 hatten sich ca. 150 alte und neue Fans der Waltons im Bochumer Zwischenfall versammelt um ihre alten (oder neuen) Heroen mal wieder auf der Bühne zu erleben. Als erstes betraten aber die Roughnecks ebendiese und legten ein klasse Rokabilly-Psychobilly-Set vor. Dann kamen die Waltons, die übrigens schon vor 16 Jahren in derselben Kombination mit den Roughnecks die Zeche in Bochum gerockt haben. Für die Waltons war es übrigens so etwas wie ein entferntes Heimspiel, kommen sie doch ursprünglich aus Borken, auch wenn ihre Weidegründe heute in Berlin liegen.

Wie Sie rollen die Cowpunkszene gründlich auf: The WALTONSein guter Wein werden manche Dinge anscheinend mit dem Alter immer besser – so auch die Waltons. Während das Publikum in Erfurcht erstarrt zu faul war, das Tanzbein zu schwingen, gab die Band dagegen alles. Gespielt wurden Klassiker wie der „Waltons Square“ oder das geniale „Christmastime on Waltons Mountain“ – hier sang dann das Publikum auch endlich lauthals mit. Man merkte den drei Jungs auf der Bühne ihre Spielfreude an, die Musik ist etwas härter geworden und die Songs klingen so noch druckvoller: Cowpunk vom Feinsten halt. Die Bewegungsfaulheit des Publikums muss dagegen irgendwie an der Jahreszeit liegen – schon beim ausverkauften Meteors-Konzert im Zwischenfall am 1.12.04 herrschte eher eine etwas sakrale Stimmung – an den Waltons und der (nicht nur) für Konzerte genialen Location Zwischenfall lag es sicher nicht. Wie sagte John-Boy nach dem Auftritt im Interview: „Es ist halt nicht mehr 1988…“ Trotz mangelnder Tanzfreude war das Publikum aber restlos begeistert.

Und Die Psycho-Szene im Ruhrgebiet ist wieder jünger gewordenwie sieht das typische Waltons-Publikum so aus? Schwer gemischt, könnte man sagen. Ob die Waltons auf Metall- oder reinen Psychobilly-Festivals auftreten, immer sind sie die Exoten, die nicht wirklich einer Szene zuzuordnen sind. Im Zwischenfall dominierte sicherlich die Psychoszene das Publikum. Hatte man jahrelang kaum Psychos auf den Straßen gesehen, blüht die Szene nun wieder auf. Waren einige Psychos Ende der 80er in die rechte Szene abgerutscht und sogar der KKK ließ sich mal auf Partys blicken, ist sie heute wieder zu ihren Wurzeln zurückgekehrt und unpolitisch. Wie hier bei Paris und Mayo aus Wuppertal geht’s es nun wieder darum, nach der Maloche in der Woche am Wochenende zu feiern, zu saufen und ne Menge Spaß zu haben.

Aber zurück zu den Waltons: Was hat die eigentlich vom Ackerbau auf Alpha-Centauri wieder auf die Bühnen gelockt? Nach insgesamt 6 Alpen und 2 EP’s – die letzte Platte erschien 1994 – wurden sie jetzt von ihrer neuen Agentur H&F Booking aus dem Dornröschenschlaf geküsst und wollen wieder richtig durchstarten. Seit dem 11.12 ist auch ihre neue Platte am Start: „Spirit of Cowpunk“, die allerdings erst einmal nur auf Konzerten verkauft wird. Und davon spielen sie momentan einige – seit April 04 stehen die drei wieder auf den Bühnen der Welt.

Bestimmt bald auch wieder in Ostberlin, da haben die Waltons nämlich schon vor der Maueröffnung und dem panischen Udo heimlich Konzerte unter falschem Namen gespielt und ihre Verstärker über die Grenze geschmuggelt. Hier gab es – man sollte es kaum glauben – damals schon eine richtige Szene, die ihre Konzerte heimlich plante und nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda bekannt machte.

Wenn die neue Platte auch nur annähernd so gut ist wie das Konzert, dürfte demnächst durch die Szene zwischen Flensburg und München ein Raunen gehen: The Waltons are back!

(pk)

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