Kolonie Eisenheim in Oberhausen

Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet

Sie gelten heute als geschätzte Denkmäler im Ruhrgebiet. Die Arbeitersiedlungen – entstanden aus sozialer Not, für die vielen Arbeiter, die plötzlich in den Zechen und Fabriken mit der einsetzenden Industrialisierung im Revier gebraucht wurden.

[ruhr-guide] Im 19. und frühen 20. Jahrhundert entstanden sie dort, eng angebunden an die Zechen, wo bis dahin noch das Vieh geweidet hatte und Korn geerntet wurde und legten den ersten Grundstein für die heutigen Ruhrgebietsstädte. Die Hochöfen und Zechen sind nun geschlossen, doch was bleibt ist ein Hauch lebendiger Geschichte, in der heute nach wie vor in Nachbarschaft miteinander gelebt wird.

Als Mitte des 19. Jahrhunderts die Industrialisierung auch in Deutschland einsetzte, entstanden im Raum zwischen Ruhr und Lippe sehr schnell, sehr viele Fabriken, Zechen wurden gegründet und der Kohleabbau nahm eine größere Dimension an. Bis dahin wurden die noch wenig gebrauchten Arbeitskräfte aus der Region rekrutiert. Doch mit der einsetzenden neuen wirtschaftlichen Kraft wurden mehr Arbeiter gebraucht. Sie wurden größtenteils aus dem Osten Europas wie Preußen, Schlesien und Masuren kommend, von den Zechen Kolonie Eisenheim in Oberhausenangeworben. Aufgrund dieser Wanderbewegung herrschte im bis dahin relativ dünn besiedelten Ruhrgebiet dramatischer Wohnungsmangel. So musste in kürzester Zeit, möglichst günstig, viel Wohnraum geschaffen werden. Dies war die Grundsteinlegung für die Arbeitersiedlungen.

Gründung der Kolonien

Denn der wenige vorhandene Wohnraum war vollkommen überbelegt und aufgrund der mangelhaften sanitären Ausstattung ein Krankheits- und Seuchenherd. Dem entgegenwirkend entschlossen sich Werksbesitzer zu reagieren und neuen Wohnraum zu schaffen. Doch die Motive waren unterschiedlicher Art. Ihnen ging es in erster Linie darum, qualifizierte Arbeiter und ihre gesamte Familie an den Betrieb zu binden. Sie sollten somit in unmittelbarer Nähe sesshaft werden. Zum anderen wurde das Wohnungsbaukonzept als Werbung genutzt, um mit großen und günstigen Wohnungen Arbeitskräfte ins Ruhrgebiet zu holen. Die Bergarbeitersiedlungen im Ruhrgebiet, die sich um die Zechen herum gruppierten hießen Kolonien. Obwohl diese noch sehr einfach angelegten Reihenhäuser, ohne jede Begrünung waren, milderte dieses Konzept die Umstände des sozialen Lebens.

1846 wurde die heute älteste Zechenkolonie, die Kolonie Eisenheim von der Gutehoffnungshütte in Oberhausen konstruiert. Die Häuser wurden einfach gebaut und boten für zwei Wohnungen Platz. Im frühen 19. Jahrhundert entstanden hauptsächlich monoton wirkende enge Reihensiedlungen mit zweistöckigen Häusern. Typisch waren die aus Backstein gebauten Häuser, in denen jeweils vier Wohnungen untergebracht waren. Jede Wohnung hatte einen eigenen Eingang und drei bis vier Zimmer. Später wurde Wert darauf gelegt, dass jedes Haus einen Vor- und Hintergarten hat, damit die Familien, um über die Runden zu kommen, Kartoffeln und Gemüse anbauen und sich in einem Stall ein Schwein halten konnten. Auch war der Garten eine enorm wichtige Möglichkeit für die aus landwirtschaftlich geprägten Gegenden kommenden Arbeiter, um sich mehr in ein städtisches Leben zu integrieren. Die Siedlungswohnungen der Werke waren erheblich günstiger als eine Wohnung in dieser Größe auf dem freien Markt. So kommt es, dass um 1900 jeder fünfte Arbeiter in einer von 25.000 Siedlungswohnungen gewohnt hat.

Vorbildliche Kolonie mit eigenem Charakter

Die Alte Kolonie Eving in Dortmund wurde in den Jahren von 1898 bis 1900 in der Nähe der Zeche Vereinigter Stein und Hardenberg gebaut und galt als vorbildlich. So schrieb die „Dortmunder Zeitung“ am 13.10.1900: „Zum erstenmale begegnet man hier einem nach Zahl und Umfang imposanten Häuserviertel, bei dem nicht jede Arbeiterwohnung eine Kopie des benachbarten bietet, sondern sozusagen einen eigenen und eigenartigen Charakter trägt.“ Neben einem 1903 verwirklichten Wohlfahrtshaus gab es weitere soziale, sehr fortschrittlich wirkende Einrichtungen wie einen Kindergarten, eine Hauswirtschafts- und Kochschule, eine Wäscherei und auch eine Bibliothek.

Diesem Trend folgend änderte sich das Bild einer bis dahin Margarethenhöhe in Essentypischen Arbeitersiedlung. Ab 1905 wurde begonnen Arbeitergartenstädte zu bauen. Hierzu zählen die Musterbeispiele die von dem Architekten Robert Schmohl in Bochum-Hordel entworfene Bergarbeitersiedlung Dahlhauser Heide sowie die noch bekanntere Kruppsche Siedlung Margarethenhöhe, entworfen von Georg Metzendorf. Doch auch in der Siedlung Teutoburgia in Herne-Börnig gleicht kein Haus dem anderen, vielmehr gibt es ständige Variationen.

Heute sind diese Wohnsiedlungen wieder begehrter Wohnraum. Es ist grün, es gibt kleinere Straßen und man kennt die Nachbarn. Dass die Arbeitersiedlungen noch größtenteils so gut erhalten sind oder nach dem Krieg wieder originalgetreu aufgebaut bzw. restauriert wurden und nicht den Abrissbaggern in den 70er Jahren zum Opfer gefallen sind, ist vielerorts den aktiven Bürgerinitiativen zu verdanken, die sich tatkräftig für ihre ihnen ans Herz gewachsenen Siedlungen eingesetzt haben.

(kt)

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