Ein Sargtischler in NY

Ein Sargtischler in NY – Hartmuth Malorny

„Ein Sargtischler in NY – und andere Stories“, das neue Buch von Hartmuth Malorny entführt wieder in die kalte Welt der Unglücklichen, der Verzweifelten und Geschundenen. Das im Oktober 2010 erschienene Buch bietet unterschiedliche Geschichten, die aber alle den gleichen, düsteren Grundton beibehalten. Es erzählt die Geschichten der Alkoholiker, der Prostituierten und Bettler, illusionslos und minimalistisch.

[ruhr-guide] Häufig erkennt man biografische Elemente in seinen Büchern. „Ein Sargtischler in NY“ bildet Ein Sargtischler in NYkeine Ausnahme. Oft handelt es sich um Trunkenbolde ohne Hoffnung, um Menschen, die in ihrem eintönigen Trott gefangen sind oder Gewalt und Sex.
Malorny, der U-Bahnfahrer, der Ex-Alkoholiker wird auf dem Klappentext nicht ohne Grund mit Bukowski verglichen. Zum amerikanischen Kult-Autor lassen sich viele Parallelen ziehen, eine der auffälligsten ist wohl der Alkoholismus, aber auch die Art des Schreibens und die Thematik. Vielleicht sogar das Motiv. Der innere Zwang zu schreiben um das Leben überhaupt noch auszuhalten. Ohne Schreibmaschine würde Malorny schon längst im Dachstuhl baumeln, wie er von sich selbst behauptet. Für den ruhr-guide schreibt er die allmonatliche Kolumne „Malornys Welt„.

Nah am Leben

Ob der Protagonist in der Fremde qualvoll krepiert, ob der sauer verdiente Lohn in wenigen Monaten für Saufgelage und Nutten verprasst wird oder ob Situationen in der U-Bahn geschildert werden, immer ist die Geschichte nah am Leben, ohne jedwede Verschönerung oder Auslassungen. Vergewaltigungen, Selbstmord, Armut, Amoklauf – das alles findet in Malornys Geschichten seinen Platz. Meist erzählt er aus der Ich-Perspektive, besonders bei den biografisch angehauchten Texten berührt dies.

Manchmal sind es nur Ausschnitte aus dem Leben, ein Saufabend oder die Beschreibung des Nordmarkt-Parkes. Die Geschichten weisen auf eine tiefe Resignation, darauf, dass der Mensch nur ein Mensch ist und selbst nicht aus seiner Haut heraus kann. Hier wird keine Moralpredigt gehalten sondern einfach Beobachtungen niedergeschrieben, ohne großes Trara. Was das beim Leser auslöst? Dem Autor ist es vielleicht egal, es geht um die Geschichten. Wer die illusionslose Einstellung teilt, der mag die Stories voller Zustimmung lesen, wer optimistischer denkt mag widersprechen und anmerken, dass die Welt voller Schmetterlinge und Blümchen ist.
Auf jeden Fall lässt das Buch Bilder im Kopf zurück und vielleicht sieht man die Welt sogar mal ein bisschen anders, wenn man das nächste Mal Straßenbahn fährt, wenn man durch einen Park geht oder die alten Zechen betrachtet. Auch die lokale Nähe tut das Ihre dazu, es spielt nicht in einer fernen Zeit in einem fernen Land sondern hier und jetzt. Clubs werden benannt, Straßen und Plätze. Man ist selbst vielleicht schon da gewesen und achja! eigentlich hat sich eine ähnliche Szene zugetragen, aber das hatte man erfolgreich verdrängt …

Ein empfehlenswertes Buch aus dem Matsch der Großstadt, der Anonymität und der Einsamkeit. Augenblickgeschichten zum weiterdenken, perfekt als Lektüre für den Bahnsteig oder den Stadtpark. Da braucht man dann nämlich nur den Blick zu heben und ist sofort mittendrin in einer von Malornys Geschichten.

Ein Sargtischler in NY – und andere Stories

Hartmuth Malorny
Verlag: Edition PaperONE
ISBN-10: 3941134590

(eh)

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