Emscher Revier. Industrielandschaft im Prozess.
Industriedreck, Lärm, Kohle und fehlende Grünflächen – das sind die Vorurteile, die Menschen außerhalb des Ruhrgebiets nur zu gerne anführen, wenn sie die Region beschreiben sollen. Im Katalog "Emscher Revier. Industrielandschaft im Prozess" zur gleichnamigen Ausstellung hat man die Gelegenheit, die Fotografien von Joachim Schumacher zum Strukturwandel des Emscher-Reviers in kleinerem Format zu betrachten. Seine Arbeiten fangen den Umbruch eindrucksvoll ein, jedoch weder durch klischeehafte noch durch schonungslose Darstellung der Arbeiterklasse. Schumachers kontrastreiches Werk bietet dem Betrachter vielmehr Anregungen, seine Sichtweise auf die Dinge zu ändern, zu überdenken und zu hinterfragen.
[ruhr-guide] In der Ausstellung "Emscher Revier"

"Emscher Revier" im Zeichen der Kunst
Im Sinne des "New Topographic Movement" stilisiert Schumacher die von Menschen geformte Landschaft zu seinem Sujet, wie es in "Emscher Revier. Industrielandschaft im Prozess" zu sehen ist. Neben den Schornsteinen der Kraftwerke und Zechen nimmt Schumacher deshalb die Lebensregion der Menschen mit in seine Bilder auf. So findet sich auch der Kiosk von nebenan und der Schnellimbiss um die Ecke abgebildet. Das Spiel mit verschiedensten Lichteinfällen und Abstufungen schafft zudem eine farbliche Spannung, die den Blick des Betrachters fesselt. Die Bilder bestechen jedoch vor allem durch die Auswahl des Blickwinkels. Für den Ruhrgebietsbewohner eröffnet sich somit eine veränderte Perspektive auf seine eigene Umgebung. Menschen von außerhalb werden die Region Ruhrgebiet neu entdecken können.
Erhellende Einblicke ins Werk
Thomas Parent, stellvertretender Direktor des LWL- Industriemuseums und wissenschaftlicher Referent für die Zeche Zollern, zeigt Kultur und Traditionen des Ruhrgebiets auf sowie dessen architektonischen Besonderheiten. Er kommentiert die Fotografien in kurzer, prägnanter Art und Weise, sodass man einige Hintergründe der Aufnahmen versteht. Cordula Obergassel, die wissenschaftliche Volontärin am LWL-Industriemuseum ist, untersucht Ursachen und Gründe für das negative Bild wie es das Ruhrgebiet besitzt. Die Image-Kampagnen, die die Attraktivität des Ruhrgebiets steigern sollten, werden dabei durchaus kritisch betrachtet. Schumachers Bilder werden damit in den Zusammenhang von möglicher Wirkung und Zeitempfinden gestellt. Dr. Jochen Stemplewski,Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband, wiederum fokussiert vielmehr die große Bedeutung der Fotografie in Zeiten des Strukturwandels und hebt insbesondere die Zugkraft des Umbaus der Emscherlandschaft hervor.
Anhand dieser vier Beiträge erhält der Leser verschiedene Ansätze, um sich den Fotografien von Schumacher anzunähern. Sich mit ihnen auseinander zu setzen und ebenso Anknüpfungspunkte für eine weitere Beschäftigung mit dem fotografischen Blick auf das Ruhrgebiet zu finden. Einen sehr schönen Einstieg erhält der interessierte Leser in dem Buch "Emscher Revier. Industrielandschaft im Prozess" allemal.
Emscher Revier. Industrielandschaft im Prozess. Fotografien von Joachim Schumacher.
Herausgeber: LWL-Industriemuseum
Klartext Verlag, Essen 2011
144 Seiten, durchgehend farb. Abb.
ISBN: 978-3-8375-0353-1
Preis: 19,90€
(hp)