Cover: Ich komm ich weiß nit woher

Ich komm ich weiß nit woher

Ein Leben im Ruhrgebiet, ein Leben voller Umbrüche, ein Rückblick auf das vergangene Jahrhundert, eine spannende Biografie. All das bietet das Buch „Ich komm ich weiß nit woher“ von Herbert Sokolowski.

[ruhr-guide] „Wer in Gelsenkirchen Cover: Ich komm ich weiß nit woherzur Welt kommt und mit fünf Geschwistern groß wird, wer einen Bergmann zum Vater hat und sich sein Studium unter Tage verdienen musste, der kann sich durchsetzen im Leben.“ Und hat etwas zu erzählen, könnte man den Klappentext zum Buch „Ich komm ich weiß nit woher“ von Herbert Sokolowski ergänzen.

Herbert Solokowski hat ein bewegtes Leben hinter sich, von dem er hier dem Leser unterhaltsam zu berichten weiß: Im Jahr 1928 in Gelsenkirchen als Sohn eines heimlichen Sozialisten geboren, wird er schnell vom unsäglichen Zeitgeist jener Jahre erfasst und Jungzugführer in der Hitlerjugend, später dann Flakhelfer, dazwischen liegen die Jahre am Gymnasium in Gelsenkirchen. Es folgt ein Leben voller Brüche: Nach dem Krieg arbeitet Sokolowski als Bauernkencht im Münsterland, studiert in Mainz, München und Münster, malocht unter Tage, unterrichtet als Gymnasiallehrer am Heisenberg-Gymnasium in Gladbeck, wird hier von 1968 bis 1992 Schulleiter, arbeitet als Austauschschlehrer an einer High School in Pennsylvania/USA, bereist Israel und lebt auch heute noch in Gladbeck.

All diese Stationen in seinem Leben weiß Herbert Sokolowski seinen Lesern anschaulich und unterhaltsam näherzubringen. Das Buch „Ich komm ich weiß nit woher“ ist zum einen ein spannendes Stück Zeitgeschichte, das jungen Menschen eine gar nicht weit entfernte, aber in vielen Facetten unbekannte Zeit näherbringt, während ältere Leser sich in vielen Dingen wiederfinden und vielleicht einige Stationen ihres eigenen Lebens neu reflektieren werden. Aber auch das Ruhrgebiet ist mehr in diesem Buch als der bloße geografische Hintergrund einer Biografie. Wer sich für den Ruhrpott interessiert, wird hier viel über das Revier von unten erfahren:

„Fast an jeder dritten Straßenecke im Ruhrgebiet öffnete sich die Tür einer Kneipe. Das häusliche Elend, das erstickende Gefühl der eigenen Minderwertigkeit für ein paar Stunden zu vernebeln, dies ist ein unbezwingbares Motiv zum Gang in die Kneipe. – Männer stehen beieinander, an Tür und Hauswand gelehnt, und plaudern, auch am hellichten Vormittag; erbitterter Ton: Mit den kleinen Mann machen die da oben doch, wat se wolln. Und unsereins weiß nich, wie er seine Leute am Kacken halten soll. Arbeitslose Familienväter.

Auf den Straßen und den Hinterhöfen der Wohnviertel trieben

sich weit größere Kinderscharen als heute herum, viele davon blaß und schlecht ernährt. Woher kam ihnen ihre umtriebige Munterkeit? Sie lebten in Cliquen und Gangs, immer aufgelegt zu Gruppenspielen oder abenteuerlichen Unternehmungen. Wir hatten eben wenig vorgefertigtes Spielzeug, und es gab keine Comic-Hefte und keine Flimmerkisten. Noch waren unsere Fantasiekräfte nicht von visuellen und akustischen Reizen überflutet, so viel Begehren blieb ungestillt; das machte erfinderisch.“ (Auszug aus dem Kapitel „Elemente meines Ursprungs“)

Fazit: Herbert Sokolowskis Biografie bietet einen spannenden historischen Einblick in das vergangene Jahrhundert, der sich entspannt lesen läßt. Positiv auch der selbstkritische Umgang mit der eigenen NS-Vergangenheit. Ein interessantes Stück Zeitgeschichte, nicht zuletzt des Ruhrgebiets!

Herbert Sokolowski: Ich komm ich weiß nit woher
Zuhause im Ruhrpott, oft in der Welt. 1932 – 2005

Broschiert, 128 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Sammlung der Zeitzeugen (44),
Zeitgut Verlag, Berlin. 12,80 EUR, ISBN 3-933336-93-7.

Weitere Informationen zum Verlagsprogramm erhalten Sie unter: www.zeitgut.com

(pk)

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