Coverbild Die Wanderhure Bildquelle: Universum Film

Die Wanderhure

Große TV-Events haben im deutschen Fernsehen eine lange und erfolgreiche Tradition, weshalb in regelmäßigen Abständen historische oder politisch-gesellschaftliche Geschichten formatgerecht als Ein- oder Mehrteiler aufbereitet werden. Am 05.10.2010 flackerte bei Sat1 der neuste TV-Eventfilm über den Bildschirm: Alexandra Neldel musste als „Wanderhure“ ihre geraubte Ehre wiederherstellen und sinnte gegenüber ihren Peinigern auf Rache. Wie es sich für eine ordentliche Marketingstrategie gehört, folgte rasch die DVD zum TV-Event: „Die Wanderhure“ steht seit dem 8. Oktober in den Läden.

[ruhr-guide] 1414: Marie Schärer (Neldel) lebt als Tochter eines angesehenen Mannes ein unbeschwertes Coverbild Die Wanderhure Bildquelle: Universum Film Leben in Konstanz. Der Vater lässt ihr viele, für die Zeit ungewöhnliche Freiheiten und sorgt sich um die Bildung seines Kindes, was damals für Mädchen als unüblich galt. Maries lichte Tage sind jäh beendet, als der Vater einer arrangierten Ehe mit dem Sohn des Grafen von Keilburg zustimmt. Widerrede wird nicht geduldet. Marie jedoch hegt indes lodernde Gefühle für ihren Jugendfreund Michel. Als der Bräutigam in Spe davon Wind bekommt, sinnt er zusammen mit seinem Vater einen finsteren Plan aus. Maries Vater wird ermordet, die junge Frau selbst geschändet und daraufhin wegen Unzucht entehrt. Misshandelt und dem Tode nah, flüchtet Marie. Das Hab und Gut ihres Vaters geht in den Besitz des Grafen über. Als Marie von einer Gruppe Wanderhuren
aufgenommen wird, schließt sie sich, um zu überleben, den Frauen an und verdient ihren Lebensunterhalt fortan mit Prostitution. Voller Wut fasst sie einen Racheplan, für dessen Umsetzung Marie die Ausbeutung ihres Körpers weiterführen muss. Schnell erkennt sie, dass der Graf von Keilburg sein nächstes Opfer ersonnen hat und eine weitere Intrige plant. Jetzt wittert die intelligente Frau ihre Chance, Rache zu nehmen. Taktisch klug geht sie zu Werke um dem hinterhältigen Grafen und seinem Sohn das Handwerk zu legen …

Roman von Iny Lorentz als Grundlage

Dieser TV-Film basiert auf dem gleichnamigen historischen Roman aus der Feder des Schriftstellerehepaares Ingrid KlockeSzene aus Die Wanderhure Bildquelle: Universum Film und Elmar Wohlrath, die unter dem Pseudonym Iny Lorentz schreiben. Auf die Veröffentlichung der „Wanderhure“ im Jahr 2004 sind bis heute drei Fortsetzungen gefolgt. Leser scheint die gute Frau „Wanderhure“ also durchaus zu finden, obwohl bereits in Buchform die mangelhafte Darstellung der epochalen Sachverhalte sowie die sprachliche Form angemahnt wurde. Auch die Verfilmung werden die Kritiker nicht ungescholten davon kommen lassen. „Die Wanderhure“ wirkt an manchen Stellen einfach zu aufgesetzt und konstruiert. Das allgegenwärtige hin- und her Integrieren überschattet die eigentliche Geschichte einer starken jungen Frau, die für ihre Zeit ungewöhnlich eigenständig denkt und agiert.
Marie lässt sich nicht schlichtweg abspeisen und widersetzt sich dem Treiber der machtgierigen Männerschaft. Vom Ansatz her ist die Geschichte äußerst interessant und mit einer facettenreichen Hauptfigur gekrönt, doch leider wirkt der Film oftmals übertrieben und spätestens ab der Filmmitte fehlt es an Zugkraft. Das seichte, einfach-verständlichem TV-Format beschert dem Werk eine unnötige Banalität, hier hätte eine aussergewöhnliche Inszenierung deutlich mehr Pepp bewirkt. So bleibt der Film zu seicht und in gewisser Weise spannungsarm, da zum Teil vorhersehbar.

Lob an die Hauptdarstellerin

Alexandra Neldel, die sich schon immer im TV behaupten konnte und durch hervorragende Abstecher ins KinoSzene aus Die Wanderhure Bildquelle: Universum Film („Bang Boom Bang“) an Glanz gewonnen hat, spielt ihre Rolle mit viel Engagement und sticht qualitativ nach oben heraus. Andere Leistungen wirken leider oft hölzern und unpassend, können nicht mit Neldel mithalten. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass eine zielgerichtetere Dramaturgie und ein mutigerer Abstand vom TV-Format für mehr Zug gesorgt und den so wichtigen roten Faden hinzugefügt hätte. Leider sticht nur die Hauptdarstellerin heraus, alle anderen Figuren und Darsteller bleiben in den Sphären einer Fernsehproduktion, die zwar eine interessante Geschichte erzählt, aber wegen mangelnder Facetten im Mittelmaß stockt.

Werbefrei auf DVD

Wen die Werbung des Privatfernsehens nervt, der kann sich „Die Wanderhure“ auf DVD zulegen. Deren Bildqualität ist in Ordnung, an manchen – zumeist dunklen Stellen – fällt etwas Bildrauschen auf. Ansonsten erfüllt die DVD den gängigen technischen Standard. Auch im Audiobereich (deutsch, Dolby Digital 5.1) gibt es nichts gegenteiliges zu bemerken. Als Extras sind drei Interviews enthalten, in denen Götz Otto, das Autorenehepaar und Alexandra Neldel Erzählungen über die Hintergründe der Produktion und Berichte von den Dreharbeiten sowie ihre persönlichen Empfindungen preisgeben. Für Zuschauer, die einen kleinen Einblick hinter die Kulissen der „Wanderhure“ erhalten möchten, sind die Gespräche mit einer Gesamtlänge von einer halben Stunde (2 x 12 Min, 1 x6 Min) sicher lohnenswert.

(mo)

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