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DVD-Rezension „Der Gott des Gemetzels“

Willkommen zwischen den Fronten. In Roman Polanskis Kammerspiel rasseln die Eltern zweier Raufbolde ordentlich aneinander und lassen nach kurzer Aufwärmphase tief hinter die gutbürgerliche Fassade blicken. Die seit dem 10. Mai auf DVD und Blu-ray erhältliche Verfilmung des gleichnamigen Theaterstücks von Yasmina Reza begeistert sowohl das Kinopublikum als auch die Kritiker.

[ruhr-guide] Wenn Regisseur Roman Polanski („Der Pianist“) ein Theaterstück verfilmt, kann sich der geneigte Cineast zurücklehnen und genießen.Der Gott des Gemetzels" title= Unter der Hand  des Meisters läuft sein hochklassiges Darstellerensemble aus Jodie Foster, Kate Winslet, John C. Reilly und Christoph Waltz in dieser bitterbösen Komödie zur Höchstform auf. Yasmina Rezas bissige Persiflage auf verbohrtes Bildungsbürgertum feierte in seiner ursprünglichen Form als Theaterstück bereits riesige Erfolge. Die unter Polanskis Regie entstandene Adaption überzeugt durch dessen zielgerichtete Inszenierung und das bravouröse Spiel der Hollywoodgrößen auch auf der Leinwand. Die Enge der Wohnung, auf die sich Polanski beschränkt, bindet der Filmemacher handlungsunterstützend ein. Hier stehen die Wände symbolisch für das sebstgewählte Gefängnis der Figuren. Dem Ensemble beim schubweisen Ausrasten zuzuschauen, ist vergnüglich und unterhaltsam zugleich, dennoch zeichnet sich der Stoff durch Tiefgang aus und wird nie zum Klamauk.

Rauferei mit Folgen

Penelope und Michael Longstreet (Foster und Reilly), die Eltern des “Opfers”, laden Nancy und Alan Cowan (Winslet und Waltz) zum DVD-Rezension " title=klärenden Gespräch in ihre spiessig-noble New Yorker Wohnung ein. Die anfängliche Zurückhaltung weicht, als ein Schreiben an die Versicherung aufgesetzt werden soll, das den Tathergang schildert. Die feine Gesellschaft beginnt sich über der Frage nach Schuld und Sühne zu zerfleischen. Bald entbrennt der unvermeidbare Wettbewerb – zunächst zwischen den Paaren, später zwischen den einzelnen Personen – um richtige und falsche Erziehungsmethoden, soziales und unsoziales Verhalten und Dergleichen. Rechthabereien werden von giftigen Spitzen übertroffen, Attacken mit Bloßstellungen gekontert. Die Fassade bröckelt nach und nach, bis sie schließlich mit Hilfe einer guten Flasche Whiskey völlig zerbricht. Dann offenbaren die Streithähne ihre wahren Meinungen, Gefühle und Einstellungen. Ohne Hand vorm Mund wird gemeckert, beschuldigt, an den Pranger gestellt. Die Kontrahenten entlarven sich selbst, der Schein verblasst, reiner Egoismus kommt zum Vorschein. Kein Kind der Welt verfügt über derartige Masken und letztendlich sind es die Eltern, die sich kindisch geben.

Hintergründiges Lustspiel

„Der Gott des Gemetzels“ entlarvt das penibel gesittete Bürgertum als cholerische, egozentrische und verbohrte Gesellschaftsschicht,DVD-Rezension " title= deren Scheinwelt schnell zusammenbricht: Aufgesetzte Moral und scheinheiliges Gutmenschentum prallen auf egozentrischen Allüren und Vorurteile. Der Stoff verwebt diesen Fäden klug. Bald geht es nicht mehr nur darum, was zwischen den Kindern passiert ist. Die Erwachsenen verlieren sich im Streit mit- und untereinander. Nahezu jeder ist des anderen Feind, wenn tollkühne Behauptungen aufgestellt und beleidigende Aussagen getätigt werden. Plötzlich werden Allianzen geschmiedet, Feindbilder gefasst.

DVD mit Interviews als Bonusmaterial

Für zu Hause erschien „Der Gott des Gemetzels“ auf DVD und hochauflösender Blu-ray, allerdings unterscheiden sich beide Medien nur im Bereich der Bild- und Tonqualität. Die Sonderausstattung ist gleich: Darstellerinformationen als Texttafeln, der Kinotrailer und ein 30-minütiges Interviewpaket mit allen vier Darstellern. Diese sind informativ und vermitteln einen Eindruck vom Entstehungsprozess des Films, dennoch könnte die Sektion gerne ausführlicher sein: Weder Regisseur Polanski noch Autorin Yasmina Reza kommen zu Wort. Bild und Ton sind in Ordnung, die deutsche Synchro wie auch die englische Originalfassung punkten durch gute Dialogverständlichkeit. Zudem gibt es deutsche Untertitel. Die Hörfilmfassung macht den Film auch für sehbehinderte Menschen erfahrbar.

Fotocredit: Constantin Film

(mo)

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