Filmposter Midnight in Paris

DVD-Rezension „Midnight in Paris“

Regielegende Woody Allen schickt seinen Hauptdarsteller Owen Wilson auf eine zauberhafte Zeitreise: In dem am 21. Dezember 2011 auf DVD und Blu-Ray veröffentlichten Film „Midnight in Paris“ quält sich der verträumte Schriftsteller Gil tagsüber in der heutigen Gegenwart durch Shoppingtouren an der Seite seiner schnippischen Verlobten, entflieht zur Geisterstunde unserer Zeit und findet sich im Paris der 1920er-Jahre wieder, wo er auf die damaligen Größen der Literatur und Kunst trifft. Woody Allens 42. Regiearbei ist bei Concorde Home Entertainment erschienen und überall im Handel erhältlich.

[ruhr-guide] Das verlobte Pärchen Gil (Owen Wilson, „Starsky & Hutch“) und Inez (Rachel Filmposter Midnight in ParisMcAdams, „Sherlock Holmes“) urlaubt gemeinsam mit Inez‘ Eltern und einem befreundeten Ehepaar in Frankreichs Hauptstadt. Während die oberflächliche Inez das randvolle Programm zwischen Shopping- und Sightseeingtouren durchhastet, trottet Gil dem übereifrigen Touristentrupp lustlos hinterher. Als nachgefragter Drehbuchautor zwar beruflich erfolgreich, fühlt er sich zu Anspruchsvollerem berufen: Eine Karriere als Romanautor wird angestrebt, was die auf materielle Werte fixierte Lebenspartnerin samt spießiger Familie überhaupt nicht nachvollziehen kann – und will. Während sie sich dem Paris der Gegenwart vollkommen zugehörig fühlen, eifert Gil längst vergangenen Zeiten nach, in denen die Metropole an der Seine als Zuhause der künstlerischen Avantgarde galt. Nachdem Gil sich eines Abends abkapseln kann und verträumt geschichtsträchtige Strassen entlang wandert, passiert das Unglaubliche: Ein altertümlicher Wagen gabelt ihn auf, plötzlich findet er sich in den 1920ern wieder und trifft auf zahlreiche Berühmtheiten der Geschichte: Zelda und Scott Fitzgerald, Hemingway, Picasso, Dalí, Buñuel und Gertrude Stein kreuzen Gils Wege. Zunächst verunsichert und verwirrt, findet sich der Amerikaner bald bestens in dieser illustren Gesellschaft zurecht und knüpft persönliche Bindungen, die weitreichende Folgen für sein gegenwärtiges Leben haben … Während er sich tagsüber in Gesellschaft seiner Verlobten samt Anhängsel immer unwohler fühlt, entflieht er nach Mitternacht in seine geliebte Vergangenheit …

Wirklichkeitsflucht und märchenhafte Zeitreise zugleich

Woody Allen – mittlerweile 76-jährig – hat mit „Midnight in Paris“ ein verträumtes Märchen vorgelegt, dass auf der einen Seite bestens in sein künstlerisches Werk passt, aber auch erfrischend ideenreich wirkt. Seit 2005 arbeitet der gebürtige New Yorker regelmäßig in europäischen Gefilden: Für „Matchpoint“ und „Scoop“ verschlug es ihn nach London, mit „Vicky Christina Barcelona“ gastierte Allen in Spanien, jetzt ist erstmals seit „Alle sagen: I love you“ von 1996 Paris wieder an der Reihe. „Midnight in Paris“ lädt zum Träumen und Sinnieren ein. Was wäre, wenn man in einer anderen Zeit leben würde? Diese Frage stellt sich Gil mehrmals am Tag und spricht damit aus, was viele Menschen aus unterschiedlichen Gründen empfinden. Gil jedenfalls findet sich in den 20ern bestens aufgehoben. Zwischen all jenen Künstlern, Musikern und  Autoren fühlt er sich heimisch und verstanden. Anders als in der kühlen Gegenwart. Verlobte, deren Eltern, die Freunde – alle scheinen anders als er zu ticken und ihn absonderlich zu finden …

Woody Allen erweckt Hemingway, Dalí und Picasso

Ähnlich spannend gestaltet sich dieses märchenhafte Zurückgehen in der Zeit Filmszene: Midnight in Parisauch für den Zuschauer. Allen macht es seinem Publikum leicht, den Geschehnissen zu folgen und die Situation anzunehmen. Das Drehbuch fesselt, Gils Gespräche mit Hemingway und anderen Berühmtheiten dieser Zeit erweisen sich als pointiert, unterhaltsam und spitzfindig. Allens Erzählweise trifft locker und leichtfüssig genau ins Schwarze. Nicht nur das die verträumte Hauptfigur und dessen Empfindungen ad hoc die Sympathien der Zuschauer für sich behaupten kann, im Gegenzug  wirken sowohl die „Antagonisten“ wie auch die gegenwärtige Zeit unvollständig, aufgesetzt und oberflächlich als sei etwas abhanden gekommen, dass nur in der Vergangenheit aufblüht. Das gilt auch für Gil – erst dort kann seine Persönlichkeit aufblühen. Gesellschaft und Umfeld stoßen Gedanken und Entwicklungen an, die sich mehr als deutlich auf Gils gegenwärtiges Dasein auswirken. Das sorgt letztendlich für eine schöne Wendung, mit der Allen seine Zuschauer aus dem Film entlässt, nachdem eine traumhafte, verführerische aber auch inspirierende filmische Reise ihr Ende findet.

Auf DVD für Zuhause

Die vorliegende DVD aus dem Hause „Concorde Home Entertainment“ unterscheidet sich kaum von früheren Woody Allen Titeln. Vor allem zeigt sich das an der Abstinenz jeglicher Extras, was auf die Abneigung des Altmeisters gegen derartiges Material zurückzuführen ist. Lediglich der deutsche und englische Kinotrailer sind beigefügt. Abgesehen davon, macht die DVD in den Kriterien Bild und Ton eine gute Figur. Satte Farben, tolles Licht und gute Schärfewerte sorgen für die gute Optik. Der deutsche Ton liegt – etwas untypisch, aber bei Allen dann doch wieder nicht – als Dolby Digital und DTS Spur im 3.0-Format vor, das englische Original gibt es ausschließlich als Dolby Digital 3.0-Spur. Deutsche Untertitel können wahlweise eingeblendet werden. Obwohl die deutschsprachige Synchronisation bestens gelungen ist, empfiehlt sich das englische Original, das noch einen Tacken authentischer wirkt und wie der gesamte Film einfach viel Spass macht.

Als „Midnight in Paris“ im letzten Frühjahr vom Filmfestival in Cannes als Eröffnungsfilm ausgewählt wurde, zeichnete sich bereits vor dem weltweiten Kinostart der besondere Erfolg ab, der sich nach enthusiastischen Publikumsreaktionen an der südfranzösischen Côte d’Azur einstellte. Woody Allen hat mal wieder voll ins Schwarze getroffen, wovon sich ab sofort alle Heimkinofans überzeugen können.

(mo)
Fotocredit: Concorde Home Entertainment

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