Mit „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ erscheint jetzt ein ganz besonderes Highlight des fantastischen Films von Kinomagier Terry Gilliam auf DVD und Blu-ray für zu Hause. Der 1000 Jahre alte Doktor Parnassus hat im Tauschgeschäft mit dem Teufel die Seele seiner Tochter Valentina für die eigene Unsterblichkeit verhökert. Als der Leibhaftige nun seinen Lohn fordert, wetteifert der geläuterte Parnassus um die Aufhebung der skurrilen Abmachung. Ein buntes, phantastisches Ringen im Hier und Jetzt, aber auch diesseits der realen Welt, entbrennt.
[ruhr-guide] Regisseur Terry Gilliam, einstiges Mitglied der britischen Erfolgskomiker Monty Python, arbeitet seit einigen Jahren neben seinen diversen Tätigkeiten als Drehbuchschautor oder Animationsspezialist erfolgreich im Regie-Fach. Seinem Schaffen entsprungen sonderbare, verrückte und verdrehte Filme wie „Brazil“, „Fear and Loathing in Las Vegas“, „12 Monkeys“ oder die „Brothers Grimm“. Dabei schöpft er mit Vorliebe aus dem Bereich der Fantasie, die Märchenwelten sind sein Metier. In seinem aktuellen Film „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ kombiniert Gilliam viele seiner früheren Themen zu einem bunten Mix aus Fantasy- und Märchenfilm.
Eine Geschichte aus der magischen Welt der Fantasie
Der 1000 Jahre alte Doktor Parnassus (Christopher Plummer) zieht zusammen mit seiner Tochter Valentina (Lily Cole) und einer Reihe Schausteller in seiner Wanderzirkus-Pferdekutsche durch London. Ein Pakt mit dem Teufel (Tom Waits) hat ihm das unendliche Leben beschafft, aber auch eine große Bürde auferlegt. Die Seele seiner Tochter muss an den Leibhaftigen gehen, sobald sie 16 Jahre alt wird – und genau dieser Geburtstag steht jetzt vor der Tür.
Als der Fiesling auftritt um seine Absichten anzukündigen, geht der verspielt-berechnende Unterweltfürst einen Wettstreit mit dem verzweifelten Parnassus ein, bei dem erneut Valentina auf dem Spiel steht. Wer als erstes fünf Seelen für sich gewinnen kann, gewinnt. Der verwunderte Zuschauer fragt sich spätestens jetzt „Wie kann denn das gehen?“. In der Welt des Terry Gilliam, der zusätzlich Autor und Produzent seines eigenen Filmes ist, wird alles möglich. Im Zirkuswagen hat Parnassus nämlich einen magischen Spiegel, der nachdem jemand hindurch geschritten ist, diesem seine innere Vorstellungswelt offenbart. Und genau darin lauert die Entscheidung zwischen gut und böse, hell und dunkel. Wird die gute Wahl getroffen, punktet Parnassus, andernfalls reibt sich der Teufel die Hände und Valentina rückt näher.
Verwirrt? Es kommt noch mehr! Denn nur Tony (Heath Ledger) – den die Gruppe um Parnassus in London aufliest – vermag es, die notwendige Aufmerksamkeit zu generieren, um Leute dazu zu bewegen, durch den Spiegel zu gehen. Am Ende mischen sich alle Erzählstränge und die kuriose Geschichte kommt zum gebührenden Ende, doch Gilliam wäre nicht Gilliam, wenn sein Film auf gewöhnliche Art und Weise enden würde. Der Zuschauer kann sich daher auf eine Achterbahnfahrt gefasst machen, die ihn in die fantastische Welt des Doktor Parnassus entführt. Gilliam konzipiert diese mit diebischer Freude und hat sie bis zum Exzess mit Symboliken und Anleihen an Literatur und Kunst zum Platzen aufgebläht.
Erschwerte Produktionsbedingungen
Das derart verrückte Produktionen wie die des „Doktor Parnassus“ nach gänzlich eigenen Regeln zustande kommen, weiß auch Terry Gilliam. Der talentierte Märchenerzähler hat im Grunde genommen immer alle Zügel selbst in der Hand, schreibt er doch häufig die Geschichten seiner verrückten Filme selbst und führt Regie. Doch was macht ein Regisseur, wenn sein Hauptdarsteller stirbt? So geschehen beim Dreh vom Gilliams „Parnassus“-Projekts. Als im Januar 2008 Heath Ledger („The Dark Knight“) durch eine Überdosis Medikamente verstirbt, droht das Projekt zu versiegen. Doch nicht zuletzt dem Andenken an Ledger ist die Idee entsprungen, nicht-fertige Szenen mit anderen Schauspielern zu drehen und den Film zu komplettieren. Dazu bat der Regisseur drei Schauspieler die Ledger nahestanden und so die Gelegenheit bekamen, dessen letztes Filmprojekt zu vervollständigen. Kurzerhand sprangen Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell ein und spielten Ledgers Charakter Tony. Wie kann das funktionieren? Ganz einfach: Beim Durchschreiten des mystischen Spiegels kommt mehrfach eine andere Persönlichkeit Tonys hervor, die von den drei Hollywoodgrößen verkörpert werden. Eine meisterhafte Idee des Regisseurs die es ermöglicht, gebührendes Andenken in Filmform zu realisieren.
Kein typischer Film
Wer Terry Gilliam kennt weiß, dass der Kauz keine gewöhnlichen Filme macht. Und so strotzt „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ auch nur so vor phantastischen Ansätzen und wirren Ideen. Alleine der Einfall, hinter einem Spiegel die innere Vorstellungswelt der Personen, die ihn durchschritten haben, zu präsentieren, ist zauberhaftes Kino pur. Die mystische Story um Unsterblichkeit und den Preis, den man bereit ist, für seinen Egoismus zu zahlen, hat mehr zu bieten als typisches Formelkino aus Hollywood. Auch Parnassus erfährt seine persönliche Läuterung als er Valentina hergeben soll. Er beginnt zu realisieren, welch selbstsüchtige Abmachung er getroffen hat. Und so kommt die Geschichte um den fiesen und verspielten Teufel so richtig in Gang, der erneut seine Spielchen spielt, welche auch dem Zuschauer ernste Fragen stellen. Themen wie Tod, Moral oder Unsterblichkeit sind ebenso Bestandteil des Filminhaltes wie verschachtelte Parabeln über Schuld, Sühne und den wahren Geist der Menschen.
Leider gelingt es Terry Gilliam nicht immer, eine verständliche Ordnung in den Film zu bekommen. Zu wirr geht das Ganze voran, sodass der Zuschauer spitzbübisch aufpassen und helle kombinieren muss, um der Story folgen zu können. Hier übertreibt es der Regisseur ein wenig, mehr Sorgfalt in seiner Erzählung wäre für den Zuschauer zu wünschen, damit dieser dem Gebotenen auch folgen kann. Trotzdem ist „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ ein unterhaltsamer Film geworden, der durch sein fantasievolles Setdesign punktet und den Zuschauer in die bunten Hirnwelten der Protagonisten entführt und so vor allem ein visuelles Happening ist. Darüber hinaus überzeugen die Darsteller, vor allem die vier Tony-Mimen agieren erstklassig. Christopher Plummer mit Verne Troyer an seiner Seite, Lily Cole und Musiker Tom Waits sind einfach toll in ihren Rollen.
Extras satt – Umfangreich ausgestattete Bonus-DVD
Die Umsetzung des Märchenspektakels auf der diesem Text zugrunde liegenden Doppel-DVD ist als gelungen zu loben. Auf Disc 1 befindet sich der Hauptfilm, dessen Bildqualität souverän erscheint. Ordentliche Kontraste sorgen für einen tollen Farbeindruck, der vor allem bei den computergenerierten Bildern der Vorstellungswelten wichtig ist. Ebenfalls kann die Bildschärfe überzeugen, Bildfehler oder andere Unsauberkeiten sind nicht aufgefallen. Eine überdurchschnittliche Umsetzung. Diese Einschätzung gilt auch für die Tonqualität, die deutsche Fassung sowie das englische Original liegen als Dolby Digital 5.1 Spuren vor, sogar eine DTS Fassung gibt es mit der deutschen Sprachversion. Dazu können deutsche Untertitel für Hörgeschädigte optional verwendet werden. Die erste DVD bietet als Extras den ergänzenden Audiokommentar des Regisseurs, zu dem deutsche Untertitel eingeblendet werden können. Ein nützliches Feature, um die Sicht des Machers kennen zu lernen und gegebenenfalls neue Perspektiven zu gewinnen.
Dazu gibt es ein kurzes Videofeature, in dem Gilliam einleitende Worte an den Zuschauer richtet, und den deutschen sowie den englischen Kinotrailer. Wechselt man zur zweiten DVD, erscheint ein fülliges Bankett an Extras. Entfernte Szenen, Kostümproben mit Ledger, Videofeatures zur Entstehung und der Umsetzung des Films und diverse Interviews. Mit einer Laufzeit von knappen 65 Minuten wird diese Sonder-DVD zur brauchbaren Beilage, die vor allem für Cineasten und Filmfans, die nach Hintergrundinfos lechzen, interessant sind. „Das Kabinett des Doktor Parnassus“ wartet als hervorragend aufbereitete Doppel-DVD (oder auf Blu-ray) mit vielen Features und Specials für den deutschem Heimkinomarkt auf.
(mo)
Bildquelle: Concorde Home Entertainment