Auberger, Brokof und Grieshaber im Museum Folkwang
Unglaublich, aber wahr. Das Museum Folkwang in Essen hat einmal mehr eine besondere Ausstellung für den Besucher an die Wände gebracht. Das verbindende Element der drei Künstler Jan Brokof, Pidder Auberger und HAP Grieshaber ist der Holzschnitt, der jedoch von jedem der Schaffenden anders eingesetzt wurde. In drei nebeneinanderliegenden Ausstellungsbereichen werden "Der Westen war einsam" von Jan Brokof, die Reihe "Fotografien und Holzschnitte" von Pidder Auberger und "Serien und Plakate" von HAP Grieshaber präsentiert. Ihre allesamt abstrahierten Werke sind jedoch nicht nur einen Besuch für Kenner wert, sondern auch für alle, die einfach neugierig auf andere Sichtweisen sind. Noch bis zum 3. April 2011 stehen die Türen des Museum Folkwang für alle offen.
Archiv: 19.02.2011 [ruhr-guide] Das Museum Folkwang in Essen ist mittlerweile wirklich bekannt für seine außergewöhnlichen Ausstellungsideen und

Jan Brokof - "Der Westen war einsam"
Mit seinen nachdenklichen, ansatzweise pop-artistischen Bildern und Rauminstallationen zieht Jan Brokof unter dem Ausstellungstitel
Beeindruckend und faszinierend ist die begehbare Rauminstallation des Jugendzimmers Jan Brokofs. Hierfür hat er sein komplettes Jugendzimmer originalgetreu in Holzschnitttechnik umgesetzt. Dem Museumsgast ist es durchaus erlaubt, dort hinein zu gehen und sich alles genauestens anzuschauen. Von ganz alleine kommt jedoch das Gefühl auf, nichts anfassen zu wollen, da man zum einen die vorherrschende Ordnung nicht durcheinander bringen möchte und zum anderen überrascht ist von jener Echtheit und Authentizität. Ganz anders und dennoch ebenso passend wirken daneben die kunterbunten Collagen Brokofs. Entweder überdimensional und detailreich wie das Werk "Ich reise (allein)" oder auch kleiner und eingerahmt wie das Bild "Weltretter" ziehen den Betrachter durch ihre Computerspiel-artige Gestaltung in ihren Bann. Besonders in seinen Collagen, die in den letzten Jahren entstanden sind, zieht Jan Brokof das Thema Politik noch mehr in den Vordergrund. Bei der Rauminstallation "Auflauf", bei dem eine Meute kleiner und großer Plastikfigürchen durch eine trostlose, graue Hochhaussiedlung zieht, bleibt der Betrachter spätestens hängen und wundert sich über Jan Brokofs wunderbar subtile Art politisch-soziale Verhältnisse anzudeuten.
Pidder Auberger - "Fotografien und Holzschnitte"
Reißt man sich von Jan Brokofs Bereich los kommt man in einen zunächst ganz und gar nicht dazu passenden Ausstellungsraum mit schwarz-weißen
Die Technik des Cliché-verre, welches hohes handwerklichen Können verlangt, ist ein Zusammenfügen von Fotografie und Handzeichnungen. Es wird eine Glasplatte mit einer lichtundurchlässigen Beschichtung bestrichen, in welche man nun per Hand Formen und Figuren einritzt. Das Ganze legt man nun auf Fotopapier oder eine andere Glasplatte und belichtet diese so, dass man einen positiven Abzug der Handzeichnung erhält. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wandte man diese Technik an. Der Künstler Pidder Auberger greift dies nun noch einmal auf und lässt eigensinnige Welten entstehen, die den Betrachter faszinieren. In einem Schaukasten, der mittig im Ausstellungsraum zu finden ist, wird das Cliché-verre noch etwas genauer erläutert. Auch eine ungewöhnliche Arbeitsreihe zeigt die Aufhängung der "Metastasen". Wie der Titel schon verrät handelt es sich hierbei um die künstlerische Behandlung des Themas "Krebs".
Pidder Auberger erkrankte selbst daran und setzte sich sowohl fotografisch als auch zeichnerisch damit auseinander. Pidder Auberger ist aber nicht nur Künstler, sondern auch Autor. Er verfasst regelmäßig Texte und stellt diese auf Lesetouren vor. So ist es nur logisch, dass auch die Ausstellung des Museum Folkwang von einer Hörprobe ebendieser Texte als Wandinstallation, nicht ablässt. Schon wie in früheren Ausstellungen gibt es die Möglichkeit durch Kopfhörer an den Wänden den Worten Pidder Aubergers zu lauschen. Seine plakatähnlichen Offset-Drucke erinnern nur von der Form her an die Cliché-verres und unterstreichen seine wissenschaftliche Herangehensweise. Im Jahre 1980 beschrieb er es selbst einmal so: "Bis zu meinen letzten Tagen werde ich mich in neue Abenteuer stürzen und stets weiter nach frischen Ausdrucksmöglichkeiten suchen. Das Ziel: Geld, Ruhm und eine schöne Geliebte."
HAP Grieshaber - "Serien und Plakate"
Die letzte Ausstellung, die diese Dreierreihe abschließt, ist die erstmals kombinierte Exponatinstallation von Bildserien und
Zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs war dies keineswegs normal oder legitim. Auch HAP Grieshaber spürte das am eigenen Leibe durch Unterdrückung der Nationalsozialisten. Der Künstler aber dachte nicht ans aufgeben und so lassen sich heute zahlreiche Werke Grieshabers im Museum Folkwang präsentieren. Seine Plakate, die für Theaterproduktionen oder Kunstausstellungseröffnungen dienten, weisen immer wieder politische Andeutungen auf - mal direkt, mal indirekt. Seine druckgrafischen Hauptwerke "Kreuzwege" und "Totentanz von Basel" sind in einer Fülle vorhanden, die darauf schließen lassen, dass Grieshaber nicht nur an die kleinen Liebhaber seiner Kunst dachte, sondern auch ein Stück weit die Welt verändern wollte. Er beschäftigte sich ausgiebig mit den Rechten und "Unrechten" des Afroamerikaners der Gesellschaft und politischen Mächten gegenüber. Das Museum Folkwang besitzt selbst einen großen Anteil an Holzschnitten Grieshabers, welche man nicht nur in der jetzigen Ausstellung besichtigen kann. Das Deutsche Plakat Museum im Museum Folkwang erwarb einige wichtige Grafikdrucke des Künstlers und stellt diese fortwährend aus. Als besonderen Bonus für den interessierten Museumsbesucher gibt es in einem Schaukasten weitere Informationen über HAP Grieshaber und der Serie "Totentanz von Basel". Ein kleines Büchlein, welches digital aufgearbeitet durchblättert werden kann, ermöglicht dem Gast einen noch tieferen Einblick in die Werkideen Grieshabers.
Weitere Infos gibt es in Buchform
Abschließend lässt sich nur noch sagen, dass das Museum Folkwang Essen durch die Dreierausstellung Brokofs, Aubergers und
Workshops für Schüler/innen
Und noch ein Highlight schließt sich an jene Ausstellung an: Die Künstler Jan Brokof sowie Pidder Auberger haben sich bereit erklärt Workshops für Schüler und Schülerinnen bis zur 13. Klasse anzubieten.Unter dem Titel "Revolutionär beeindruckend! - Druckwerkstatt" wird Jan Brokof mit Theorie und viel Praxis den Teilnehmern versuchen die Holzdrucktechnik ein Stück weiter näher zu bringen.
Bei Pidder Auberger heißt es dann "Mit Licht zeichnen – Fotogramme". In aktiver Zusammenarbeit werden die Teilnehmer zu "Solarfotografen" ohne Kamera und ohne Stift.
"Revolutionär beeindruckend! - Druckwerkstatt"
Workshop für Schüler/innen der Klassen 1-13120 Minuten
Kosten: 30 Euro plus Eintritt (0,50 Euro pro Schüler/in)
Anmeldung im Besucherbüro!
"Bildschöner Samstag: Revolutionär beeindruckend! - Druckwerkstatt"
Workshop für Kinder von 6-12 JahrenTermine: 19.2.2011 und 5.3.2011
Zeit: 14.30-16 Uhr
Teilnahmebeitrag: 7 Euro (inklusive Eintritt)
Anmeldung im Besucherbüro!
"Mit Licht zeichnen - Fotogramme"
Workshop für Schüler/innen der Klassen 1-13120 Minuten
Kosten: 55 Euro plus Eintritt (0,50 Euro pro Schüler/in)
Anmeldung im Besucherbüro!
Museum Folkwang Essen
Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag: 10-18 Uhr
Freitag: 10-22.30 Uhr
Montags geschlossen
Adresse:
Museumsplatz 1
45128 Essen
(anna-lisa konrad)
Fotos: Jan Brokof,
VG Bild-Kunst, Bonn 2010