Jakob Tuggener: ACS Ball, Grand Hotel Dolder, Zürich 1948

Jakob Tuggener „Ballnächte“

Der große Auftritt, schöne Kleider, geheimnisvolle Blicke: Die Fotografische Sammlung im Museum Folkwang Essen zeigte vom 16. April bis 19. Juni 2005 Fotografien des Jakob Tuggener: ACS Ball, Grand Hotel Dolder, Zürich 1948Schweizer Künstlers Jakob Tuggener. Schon seit den frühen 1930er Jahren tauchte er mit seiner Leica immer wieder in die Welt der Luxushotels ein.

[ruhr-guide] Das Thema ist nicht neu: Die nächtlichen Gelage der so genannten High Society, der Reichen und Schönen, haben schon zahlreiche Fotografen seit den 20er Jahren interessiert. Neben der Entdeckung der Technik als fotografisches Motiv war es auch das Thema Nacht, das Fotografen besonders in Frankreich, wie beispielsweise Brassaï in seinem Buch „Paris de nuit“, zur Beschäftigung mit der Dunkelheit und ihren feinsten Schattierungen in Schwarz inspirierte.

Die Ausstellung im Museum Folkwang zeigte Arbeiten des Schweizer Fotografen, Filmemachers und Malers Jakob Tuggener, der sich Zeit seines Lebens mit gegensätzlichen Themen auseinandersetzte: die Arbeit in der Fabrik, das Jakob Tuggener: Ungarischer Ball, Grand Hotel Dolder, Zürich 1935einfache Landleben und glanzvolle Bälle. Tuggener, 1904 in Zürich geboren, wurde vom deutschen expressionistischen Film der 20er Jahre beeinflusst und schaffte den Durchbruch als Fotograf mit seinem 1943 publizierten Buch „Fabrik“, ein, wie er es nannte „Bildepos der Technik“. Aber Jakob Tuggener faszinierten schon seit den frühen 1930er Jahren die Bälle im Hotel Baur au Lac, im Grand Hotel Dolder in Zürich und später im Palace Hotel in St. Moritz.

Noch lieber als in die Fabrikwelt tauchte er immer wieder mit seiner Leica in die Welt der Luxushotels ein. Dabei erhaschte er, meist völlig unbemerkt von den illustren Gästen, Details und Momente, Gesichtsausdrücke und Gesten, die er zu zahlreichen filmisch empfundenen Bildserien und Buchmaquetten mit je über 100 Fotografien verdichtete. Knisternde Erotik und gleichzeitig Einsamkeit, Ausgelassenheit und die daraus resultierende Erschöpfung, Jakob Tuggener: Ticinesiball, Grand Hotel Dolder, Zürich 1943Verrücktheit und Traum: Tuggener fängt in seinen Arbeiten intensive Stimmungsbilder durch seinen ausdrucks- starken, poetischen Stil ein.

Tuggeners Fotografien von Bällen wurden zu seinen Lebzeiten nie als Buch publiziert. Die Gegenwehr der abgebildeten Leute, die sich vor einer Bloßstellung fürchteten, war nur ein Grund. Erst jetzt und anlässlich seines 100. Geburtstages wird Tuggeners Buchmaquette „Ballnächte 1934-1950“ als unveränderte Originalausgabe herausgegeben – wie er es immer gewollt hat: als eine Reihe von Fotografien ohne jeglichen Text. Mit dieser Bildfolge wird der Betrachter wie in einem Stummfilm durch eine rauschende, fast endlos scheinende Ballnacht geführt – Tuggeners Traumwelt, aus der man erst im Morgengrauen wieder auftaucht.

Jakob Tuggener – Ballnächte

16. April – 19. Juni 2005

Museum Folkwang

Goethestr. 41
45128 Essen

(sl)

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