Packeis, Foto: Simon Schwartz

Simon Schwartz – Geschichtsbilder. Comics und Graphic novels

Von dem eigenen Comic aus der Grundschulzeit, über ein neues “altes“ Mosaik-Heft bis hin zu Originalseiten seiner Comics: Die Ausstellung „Geschichtsbilder. Comics & Graphic novels“ in der Ludwiggalerie in Oberhausen zeigt von Ende September 2019 bis Mitte Januar 2020 die zahlreichen Facetten des Simon Schwartz und seinen Werken.

Packeis, Foto: Simon Schwartz

[ruhr-guide] Simon Schwartz` Werke sind geprägt von Geschichte – sei es seine eigene oder historische Vorkommnisse. Egal in welche Richtung es geht: intensive Recherche und eindrucksvolle Bilder sind immer ein Teil von Schwartz‘ Arbeiten.
Seine Künstlerkarriere begann 2002, als er beim Comicmagazin „Mosaik“ als Praktikant arbeitete. Dies war allerdings nicht das erste Mal, das Schwartz mit Mosaik in Kontakt kam. Schon bereits in seiner Kindheit war er begeisterter Leser des Heftes. Ein Freund seiner Eltern, der ebenfalls aus der DDR ausgereist war, war der Grund dafür. Dieser hatte nämlich nichts als seine komplette Mosaik-Sammlung mitgenommen. Ein halbes Jahr nach Beginn seines Praktikums wurde er bei Mosaik angestellt, zeichnete fortan Neben- und Hintergrundfiguren und gestaltete sogar ein paar Cover. Nach insgesamt zwei Jahren verließ Schwarz dann schlussendlich die Redaktion des Magazins. Die Ursache war die Arbeitsweise Mosaiks. Der einheitliche Stil schränkte ihn zunehmend künstlerisch ein, sodass er schließlich von 2004 bis 2009 Illustration an der HAW in Hamburg bei Anke Feuchtenberger studierte. Sie ist eine der wichtigsten Einflüsse der Arbeitsweise von Simon Schwartz. Zu den stilistischen Einflüssen gehören eher Seth, Mosaik-Zeichner Hannes Hegen und Chris Ware. Letzterer vor allem wegen seiner innovativen Erzähltechnik. Auf diese legt Schwartz nämlich besonders großen Wert, sowohl bei seinen eigenen, wie auch fremden Arbeiten. Text und Zeichnung sollen eine Einheit bilden, weswegen er über zeichnerische Fehler eher hinwegsieht, als über eine uninteressante Geschichte ohne Tiefe.

Erste Schritte

Der erste Stopp bei einem Rundgang durch die Ausstellung sind einige Lithografien aus dem Studium des Künstlers. Düster und schaurig sehen die Arbeiten zum Roman „Der Golem“ aus. Viel Drüben!, Foto: Simon Schwartz dunkler als man von Schwartz gewohnt ist. Die Seiten von „Die Moritaten“, die danach zu sehen sind, hat Simon Schwartz parallel zu seiner Arbeit bei Mosaik angefertigt. Die Sammlung der Geschichten hat er 2006 zu Beginn seines Studiums in limitierter Auflage verlegt. Durch verschiedene Faktoren des Studiums verunsichert, wandte sich der Künstler vorerst vom Comic ab und konzentrierte sich den Rest seines Studiums größtenteils auf Druckgrafiken, darunter auch die zuvor gesehenen Lithografien. Simon Schwartz‘ Diplomarbeit, welche auch gleichzeitig sein Comic-Debüt „Drüben!“ ist, reiht sich danach ein. Die Erzählung über die Ausreise seiner Eltern aus der DDR, erschien, passend zum Thema, in der Woche des 20. Jahrestages des Mauerfalls. Schwartz meint, lediglich ein glücklicher Zufall. Dieses Debüt liegt bereits 10 Jahre in der Vergangenheit, aber natürlich war der Künstler seitdem nicht untätig.

Neben den Auszügen aus dem autobiografischen Werk „Drüben!“ kann man einige der Originalseiten zu „Packeis“ bestaunen. Das Graphic Novel handelt von Matthew Henson, einem afroamerikanischen Polarforscher, der angeblich den Nordpol 1909 mit Robert Edwin Peary als erste Expeditionsmannschaft erreichte. Im März 2012 ist Packeis erschienen, und noch im gleichen Jahr wurde Simon Schwartz mit dem Max-und-Moritz- Preis für den „Besten deutschsprachigen Comic“ ausgezeichnet.

VitaObscura, Simon Schwartz

Einzigartige Geschichten

Weiteren Biografien widmet sich Simon Schwartz in „Vita Obscura“, einem Sammelband bestehend aus halbseitigen Comicstrips, die von Januar 2012 bis August 2016 in der Wochenzeitung „der Freitag“ erschienen sind. Diese Biografien sind aber lange nicht so “normal“, wie die von Drüben! oder Packeis. Oftmals unbekannt und garantiert skurril: der Dieb von Einsteins Gehirn, die siamesischen Zwillinge Chang und Eng Bunker, die dieser Krankheit überhaupt erst einen Namen gaben oder der Arzt James Barry, der den ersten erfolgreichen Kaiserschnitt durchführte und vermutlich eine Frau war. Bei den Werken von „Blutige Kohle“ geht es nicht ganz so skurril, aber sicher umso tragischer weiter. Die zwölf Episoden der Comicserie erzählen die Geschichte der Bergarbeiteraufstände in den USA. 1913 begannen die Aufstände und wurden nach 8 Jahren durch Einsatz der US-Luftwaffe gegen die eigene Bevölkerung beendet. In jeder Folge werden die Geschehnisse von einer anderen beteiligten Person geschildert. Koloriert wurde das ganze mit Tusche und Aquarellfarbe und erscheint dadurch extra ausdrucksstark.

Revolutionen

Direkt neben den Seiten von Blutige Kohle finden sich die Werke der ebenso schwerwiegenden Geschichte von „IKON“. Die nach 5 Jahren Arbeit erschienene Graphic Novel nimmt Ikonenmalerei, Foto: Simon Schwartz uns mit ins das 20. Jahrhundert. Der Russe Gleb Botkin, der Sohn des Leibarztes des russischen Zaren ist, verliert während der Oktoberrevolution seine eng Vertraute Anastasia, die Zarentochter. Jahre später trifft der Ikonenmaler Botkin im amerikanischen Exil auf die verloren geglaubte Anastasia, die in Wahrheit nur eine psychisch kranke Frau ist, die in ihrem Irrglauben Anspruch auf den russischen Thron erhebt. Neben einigen Originalseiten finden sich auch Bilder, die an russisch-orthodoxen Ikonen angelehnt sind.

2012 gestaltete Simon Schwartz zusammen mit der Agentur freybeuter die knapp 40 Meter lange Fassade des „Kubus der Friedlichen Revolution“ in Erfurt. Auf der Grundlage von über 100 historischen Fotos der Ereignisse im Herbst 1989, fertigte Schwartz 45 Bilder in einem Maßstab von 1:10 an, die hinterher digital vergrößert und auf Glasplatten gedruckt wurden. Der Glaskubus ist ein Teil der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße in der ehemaligen Stasi-Zentrale. Eine Auswahl von Originalzeichnungen hängt nun in der Ludwiggalerie in Oberhausen.

Simon Schwartz – Geschichtsbilder. Comics & Graphic novels

Ludwiggalerie Schloss Oberhausen
Konrad-Adenauer-Allee 46
46049 Oberhausen

29. September 2019 bis 19. Januar 2020

Programm:

Lesung von und mit Simon Schwartz aus der Graphic Novel PACKEIS. Mit anschließendem Gespräch zwischen Simon Schwartz und Dr. Christine Vogt.
So, 27.10. | 15 Uhr | Eintritt frei

Führungen mit der Kuratorin der Ausstellung und Direktorin der LUDWIGGALERIE Dr. Christine Vogt
So, 24.11. | 15 Uhr
So, 12.01.20 | 16 Uhr
Eintritt frei!

Fotos: Werke von Simon Schwartz

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