Der ÖPNV im Ruhrgebiet
Ganz im Sinne der Reklame “Besucht euch mal wieder”, mit der die DB Regio derzeit wirbt, und vor dem Hintergrund des anthropogenen Klimawandels hat sicherlich der ein oder andere schon einmal die häufigere Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Erwägung gezogen. Nicht wenige von denen, die sich dafür entschieden haben, das Auto zu Hause zu lassen, mögen anschließend ihre Entscheidung bereut haben – und Pendler sehen sich mit dem “Problem Nahverkehr” im Ruhrgebiet (arbeits-)täglich konfrontiert.

Im Verkehrsnetz gefangen
Gerade in einer Metropolregion wie dem Ruhrgebiet wäre ein vernünftig ausgebautes und funktionierendes Nahverkehrsnetz wichtig, da hier potentiell Millionen von Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind bzw. diese nutzen wollen, da es umweltschonender und zumindest theoretisch entspannter ist als die Autofahrt auf verstopften Straßen. Durch die oft knapp bemessene und durch Verspätungen und Ausfälle weiter beschnittene Umstiegszeit und die nicht immer aktuellen Informationen im Internet wird die “Nahverkehrserfahrung” jedoch leider oft zu einem stressigeren Unterfangen als ein kalkulierbar langer Stau auf einschlägigen Hauptverkehrsadern.Modernisierung? Um einige Jahrzehnte verspätet und blockiert
Aufgrund der teilweise engen Straßen in den bevölkerungsreichen Städten des Ruhrgebiets wurden bei der Einführung von Straßen- und U-Bahnen sogenannte Metergleise (1000mm Schienenabstand) anstelle der gewöhnlichen, 1435mm breiten Normalgleise verlegt. Manche Städte sind im Laufe der Zeit ganz oder teilweise auf breitere Gleise umgestiegen, mit der Folge, dass Straßenbahnen oft nicht zwischen zwei Städten verkehren können, da die Gleise für sie zu breit bzw. zu schmal sind. Die Modernisierung des Netzes sollte bis Ende des vorigen Jahrhunderts abgeschlossen sein, aber neben Schwierigkeiten in den Kommunen und zwischen den Verbänden spielte auch die nachlassende Förderung durch Land und Bund eine Rolle – Sie können sich denken, welche Partei jeweils an welcher Stelle die Schuld für die entstehenden Probleme sucht. Auch die “Verkehrsverbandslandschaft” bietet einen interessanten Anblick, der einen in der Zeit zurückversetzt, erinnert er doch an den politischen Flickenteppich, der Deutschland Anfang des 19. Jahrhunderts war: Im Ruhrgebiet gibt es nicht weniger als 20 Verkehrsverbände, von den einige in der Tat schon Ende des 19. Jahrhunderts gegründet wurden. So fahren in einer Stadt Trams, U- und Straßenbahnen auf verschieden breiten Gleisen für mehrere Verkehrsbetriebe, und ich kann Ihnen nur wünschen, dass Ihnen das bisher noch nicht dadurch auffiel, dass Sie überraschend mit einem Nahverkehrsticket bestimmte Linien nicht nutzen durften. Falls doch, ahnen Sie nun jedenfalls, was dahinter steckt.
Verschenktes Potential
Lohnt es sich überhaupt, sich über diese Probleme zu ereifern? Definitiv, denn nicht nur sind manche Nutzer des ÖPNV auf diesen angewiesen, sondern viele Leute sehen auch die Vorteile in diesen Fortbewegungsmitteln und würden sie deshalb möglicherweise auch vermehrt nutzen, wenn einige der Probleme behoben würden, wie z. B. eine bessere Anbindung und Kommunikation der Städte des Ruhrgebiets untereinander. Wie einleitend bereits erwähnt, bieten gerade vor dem Hintergrund des anthropogenen Klimawandels (und insgesamt steigender Kraftstoff-Preise) öffentliche Verkehrsmittel eine umweltschonendere Alternative, zumal bspw. Züge sich nicht stauen und im Stop-and-Go-Verkehr Schadstoffe ausstoßen. Billiger sind Bus und Bahn leider oft nicht – angesichts immenser jährlicher Gewinne der Deutsche Bahn AG wäre es vielleicht angemessen, Fahrpreise (und eventuell einige Gehälter in den Chefetagen der DB) nach unten hin anzupassen. Auch ein Betonen der Umweltfreundlichkeit mag von Nutzen sein, werben Verkehrsverbände und Bahn doch bislang nur selten damit. Bezüglich der – verglichen mit einigen anderen Staaten – recht eklatanten Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn könnten Verkehrsmodelle anderer Staaten wie der Schweiz einem Praxistest auf unseren Schienen und Straßen unterzogen werden. Ich für meinen Teil würde gern als “Testperson” mitwirken!Foto: pixabay / 995645
(fw)