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Auberger, Brokof und Grieshaber im Museum Folkwang

Unglaublich, aber wahr. Das Museum Folkwang in Essen hat einmal mehr eine besondere Ausstellung für den Besucher an die Wände gebracht. Das verbindende Element der drei Künstler Jan Brokof, Pidder Auberger und HAP Grieshaber ist der Holzschnitt, der jedoch von jedem der Schaffenden anders eingesetzt wurde. In drei nebeneinanderliegenden Ausstellungsbereichen werden „Der Westen war einsam“ von Jan Brokof, die Reihe „Fotografien und Holzschnitte“ von Pidder Auberger und „Serien und Plakate“ von HAP Grieshaber präsentiert. Ihre allesamt abstrahierten Werke sind jedoch nicht nur einen Besuch für Kenner wert, sondern auch für alle, die einfach neugierig auf andere Sichtweisen sind. Noch bis zum 3. April 2011 stehen die Türen des Museum Folkwang für alle offen.

[ruhr-guide] Das Museum Folkwang in Essen ist mittlerweile wirklich bekannt für seine außergewöhnlichen Ausstellungsideen und Jan Brokof " title=Präsentations-innovationen. Man denke da schnell noch einmal zurück an den großen Erfolg der letzten Ausstellung „Bilder einer Metropole – Die Impressionisten in Paris“, die am 28. Januar endete, mit über 270.000 begeisterten Besuchern und regelrechten Schlangen vor der Kasse. Nun beweist das Museum Folkwang Essen wiederum Mut und Know-How zu abstrakter Kunst. Mit den drei Einzelausstellungen von Jan Brokof, Pidder Auberger und HAP Grieshaber, die verbindend und vergleichend in einer Ausstellung gezeigt werden, wird der Museumsgast schon bald auf seine Kosten kommen.

Jan Brokof – „Der Westen war einsam“

Mit seinen nachdenklichen, ansatzweise pop-artistischen Bildern und Rauminstallationen zieht Jan Brokof unter dem AusstellungstitelJan Brokof " title= „Der Westen war einsam“ in den ersten Bereich der Ausstellungsreihe ein. Der Künstler, der in Dresden seinen kunstakademischen Abschluss machte, wuchs in Schwedt an der Oder auf. Dass er in Zeiten politischer Wechselbeziehungen und in einem typischen Plattenbauviertel aufwuchs ist als Hintergrundinformation schon fast erforderlich, um die beachtenswert authentischen Werke im Museum Folkwang nachvollziehen zu können. Schon immer beschäftigte er sich mit diversen gesellschaftlichen Verhältnissen, so auch die zwischen statischen Bauten, wie eben ein Plattenbau, und deren Bewohner. Aus seiner ganz eigenen Sicht nutzt Jan Brokof die Mittel des Comics und der Perspektive. Vor manch einem Werk mag man stehen bleiben und ist wie gefesselt. Gebannt auf das, was dort passiert. Ein Mädchen mit viel zu großen Cowboystiefeln steht dort am Geländer, dem Betrachter mit dem Rücken zugewandt, und schaut scheinbar emotionslos dem herunter prasselnden Regen zu. Ein anderes veranlasst den Betrachter selbst zum kleinen Jungen, der gen Himmel schaut und fast von den Hochhäusern gefangen genommen wird, zu werden. Seine Bilder scheinen zur Hälfte die Realität und zur anderen Hälfte eine ausgedachte Szene darzustellen.
Sie sind zum einen in schwarz-weiß gehalten und erinnern an frühere Comiczeichnungen und zum anderen bewusst knallbunt collagierte Bilder. Und das Thema des Hochhauses kommt immer wieder zum tragen.

Beeindruckend und faszinierend ist die begehbare Rauminstallation des Jugendzimmers Jan Brokofs. Hierfür hat er sein komplettesJan Brokof " title= Jugendzimmer originalgetreu in Holzschnitttechnik umgesetzt. Dem Museumsgast ist es durchaus erlaubt, dort hinein zu gehen und sich alles genauestens anzuschauen. Von ganz alleine kommt jedoch das Gefühl auf, nichts anfassen zu wollen, da man zum einen die vorherrschende Ordnung nicht durcheinander bringen möchte und zum anderen überrascht ist von jener Echtheit und Authentizität. Ganz anders und dennoch ebenso passend wirken daneben die kunterbunten Collagen Brokofs. Entweder überdimensional und detailreich wie das Werk „Ich reise (allein)“ oder auch kleiner und eingerahmt wie das Bild „Weltretter“ ziehen den Betrachter durch ihre Computerspiel-artige Gestaltung in ihren Bann. Besonders in seinen Collagen, die in den letzten Jahren entstanden sind, zieht Jan Brokof das Thema Politik noch mehr in den Vordergrund. Bei der Rauminstallation „Auflauf“, bei dem eine Meute kleiner und großer Plastikfigürchen durch eine trostlose, graue Hochhaussiedlung zieht, bleibt der Betrachter spätestens hängen und wundert sich über Jan Brokofs wunderbar subtile Art politisch-soziale Verhältnisse anzudeuten.

Pidder Auberger – „Fotografien und Holzschnitte“

Reißt man sich von Jan Brokofs Bereich los kommt man in einen zunächst ganz und gar nicht dazu passenden Ausstellungsraum mit schwarz-weißen Pidder Auberger " title=grafischen Fotografien Pidder Aubergers. Unter dem Titel „Fotografien und Holzschnitte“ werden hier unter anderem großformatige Cliché-verres, runde Fotografien und mit Offset-Farben gedruckte Holzschnitte präsentiert. Durch ihre abstrakte und unkonventionelle Art überzeugt der Künstler, der 1946 das Licht der Welt erblickte, den Museumsgänger auch als Nichtkenner. Pidder Auberger selbst bezeichnet sich wohl mehr als „Laborkünstler“ oder fotografischer Wissenschaftler. Warum, lässt sich mit einem Blick auf seine Werke leicht erkennen, denn er verfolgt keinesfalls eine weltbewegende Intention, sondern eher eine spielerische künstlerische Art die Dinge neuzuinterpretieren. So zeigt das Museum Folkwang Essen eine Reihe namens „Leica“, in der Pidder Auberger Fotos von alltäglichen Gegenständen und Orten als Hintergrund verwendet und durch daraufliegende Cliché-verres vervollständigt. Auf diese Art und Weise entstehen ganz neue Sichtweisen auf jene Orte und Objekte. Beide Techniken fügen sich ineinander und erschaffen etwas neuartiges.

Die Technik des Cliché-verre, welches hohes handwerklichen Können verlangt, ist ein Zusammenfügen von Fotografie und Handzeichnungen. Pidder Auberger " title=Es wird eine Glasplatte mit einer lichtundurchlässigen Beschichtung bestrichen, in welche man nun per Hand Formen und Figuren einritzt. Das Ganze legt man nun auf Fotopapier oder eine andere Glasplatte und belichtet diese so, dass man einen positiven Abzug der Handzeichnung erhält. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wandte man diese Technik an. Der Künstler Pidder Auberger greift dies nun noch einmal auf und lässt eigensinnige Welten entstehen, die den Betrachter faszinieren. In einem Schaukasten, der mittig im Ausstellungsraum zu finden ist, wird das Cliché-verre noch etwas genauer erläutert. Auch eine ungewöhnliche Arbeitsreihe zeigt die Aufhängung der „Metastasen“. Wie der Titel schon verrät handelt es sich hierbei um die künstlerische Behandlung des Themas „Krebs“.

Pidder Auberger erkrankte selbst daran und setzte sich sowohl fotografisch als auch zeichnerisch damit auseinander. Pidder Auberger istPidder Auberger " title= aber nicht nur Künstler, sondern auch Autor. Er verfasst regelmäßig Texte und stellt diese auf Lesetouren vor. So ist es nur logisch, dass auch die Ausstellung des Museum Folkwang von einer Hörprobe ebendieser Texte als Wandinstallation, nicht ablässt. Schon wie in früheren Ausstellungen gibt es die Möglichkeit durch Kopfhörer an den Wänden den Worten Pidder Aubergers zu lauschen. Seine plakatähnlichen Offset-Drucke erinnern nur von der Form her an die Cliché-verres und unterstreichen seine wissenschaftliche Herangehensweise. Im Jahre 1980 beschrieb er es selbst einmal so: „Bis zu meinen letzten Tagen werde ich mich in neue Abenteuer stürzen und stets weiter nach frischen Ausdrucksmöglichkeiten suchen. Das Ziel: Geld, Ruhm und eine schöne Geliebte.“

HAP Grieshaber – „Serien und Plakate“

Die letzte Ausstellung, die diese Dreierreihe abschließt, ist die erstmals kombinierte Exponatinstallation von Bildserien undHAP Grieshaber " title= gestalteten Plakaten HAP Grieshabers, der die Holzschnitttechnik definitiv für sich entdeckte. Zugegeben, zunächst erinnern die Werke Grieshabers den Betrachter an die für Kinder vereinfachte „Kartoffeldruck“-Technik. Doch schon bald fällt auf, dass HAP Grieshaber sich die Technik des Holzschnitts zu eigen gemacht hat und auf eine perfektionistische Art und Weise gekonnt Form, Farbe und Typografie einsetzt. Es verschwimmen förmlich die Grenzen zwischen freier Grafik und Plakatkunst, so dass man HAP Grieshaber durchaus als DEN Künstler des Holzschnitts verbuchen kann. Auch wenn der Hauptaugenmerk dieser Ausstellungsreihe auf der Serie des „Totentanz von Basel“ liegt, die mit dicht nebeneinander komplett bestückten Ausstellungswänden imposant aufwartet, sind die gezeigten Plakate ebenso beachtenswert, gar -wichtig. Der Künstler HAP Grieshaber hat es sich seiner Beständigkeit und Hartnäckigkeit zu verdanken, dass er dort angekommen war, wo er nun ist: In den kunsthistorischen Gedächtnissen der Soziologen und Wissenschaftler. Er war einer der ersten, die den Holzschnitt nicht nur als künstlerisches Mittel nutzten, sondern sich auch an gewagte Themen wie Politik, Gesellschaft, die menschliche Würde und Rechte der Bürger heranwagte.

Zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs war dies keineswegs normal oder legitim. Auch HAP Grieshaber spürte das am eigenen Leibe durch HAP Grieshaber " title=Unterdrückung der Nationalsozialisten. Der Künstler aber dachte nicht ans aufgeben und so lassen sich heute zahlreiche Werke Grieshabers im Museum Folkwang präsentieren. Seine Plakate, die für Theaterproduktionen oder Kunstausstellungseröffnungen dienten, weisen immer wieder politische Andeutungen auf – mal direkt, mal indirekt. Seine druckgrafischen Hauptwerke „Kreuzwege“ und „Totentanz von Basel“ sind in einer Fülle vorhanden, die darauf schließen lassen, dass Grieshaber nicht nur an die kleinen Liebhaber seiner Kunst dachte, sondern auch ein Stück weit die Welt verändern wollte. Er beschäftigte sich ausgiebig mit den Rechten und „Unrechten“ des Afroamerikaners der Gesellschaft und politischen Mächten gegenüber. Das Museum Folkwang besitzt selbst einen großen Anteil an Holzschnitten Grieshabers, welche man nicht nur in der jetzigen Ausstellung besichtigen kann. Das Deutsche Plakat Museum im Museum Folkwang erwarb einige wichtige Grafikdrucke des Künstlers und stellt diese fortwährend aus. Als besonderen Bonus für den interessierten Museumsbesucher gibt es in einem Schaukasten weitere Informationen über HAP Grieshaber und der Serie „Totentanz von Basel“. Ein kleines Büchlein, welches digital aufgearbeitet durchblättert werden kann, ermöglicht dem Gast einen noch tieferen Einblick in die Werkideen Grieshabers.

Weitere Infos gibt es in Buchform

Abschließend lässt sich nur noch sagen, dass das Museum Folkwang Essen durch die Dreierausstellung Brokofs, Aubergers und

„Revolutionär beeindruckend! – Druckwerkstatt“

Workshop für Schüler/innen der Klassen 1-13
120 Minuten
Kosten: 30 Euro plus Eintritt (0,50 Euro pro Schüler/in)
Anmeldung im Besucherbüro!

„Bildschöner Samstag: Revolutionär beeindruckend! – Druckwerkstatt“

Workshop für Kinder von 6-12 Jahren
Termine: 19.2.2011 und 5.3.2011
Zeit: 14.30-16 Uhr
Teilnahmebeitrag: 7 Euro (inklusive Eintritt)
Anmeldung im Besucherbüro!

„Mit Licht zeichnen – Fotogramme“

Workshop für Schüler/innen der Klassen 1-13
120 Minuten
Kosten: 55 Euro plus Eintritt (0,50 Euro pro Schüler/in)
Anmeldung im Besucherbüro!

Museum Folkwang Essen
Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag: 10-18 Uhr
Freitag: 10-22.30 Uhr
Montags geschlossen

Adresse:
Museumsplatz 1
45128 Essen

www.museum-folkwang.de

(anna-lisa konrad)
Fotos: Jan Brokof,
VG Bild-Kunst, Bonn 2010

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