Der Mythos der Unabsteigbaren beginnt. Der VfL Bochum in der Saison 1973/74: (oben v.li.) Tenhagen, Köper, Walitza, Eggeling, Fechner, Galeski. (Mitte) Trainer Höher, Gerland, Laufer, Lameck, Dewinski, Eggert, Balte. (vorne) Etterich, Majgl, Scholz, Bradler, Fromm, Versen.

VfL Bochum: Ungewollt und doch beliebt

Das Wort fehlt bis heute im Duden, trotzdem wurde es bis in die frühen Neunziger zum Inbegriff des VfL Bochum: „Unabsteigbar“. So nannten erst die Fans und später halb Fußball-Deutschland den Verein aus dem Ruhrgebiet, der zwei Jahrzehnte lang ununterbrochen in der 1. Fußball-Bundesliga kickte.

[wmp] Heute sieht das ganz anders aus: Aus den „Unabsteigbaren“ ist eine Fahrstuhlmannschaft geworden. Doch wie früher nehmen es die Fans mit Humor – und singen eben: „Wir steigen auf, wir steigen ab – und zwischendurch UEFA-Cup!“

Entgegen der heutigen Vereinsbenennung Der Mythos der Unabsteigbaren beginnt. Der VfL Bochum in der Saison 1973/74: (oben v.li.) Tenhagen, Köper, Walitza, Eggeling, Fechner, Galeski. (Mitte) Trainer Höher, Gerland, Laufer, Lameck, Dewinski, Eggert, Balte. (vorne) Etterich, Majgl, Scholz, Bradler, Fromm, Versen.VfL 1848 ist der Verein erst 1938 entstanden. Damals fusionierten TV 1848, TuS 08 und SV Germania 06 auf Drängen der nationalsozialistischen Stadtverwaltung: „Im Nazi-Deutschland sollte die Großstadt Bochum auch einen repräsentativen Fußball-Verein bekommen“, erklärt Fußballhistoriker Ralf Piorr. Das Ziel: Die damalige Gauhauptstadt sollte ein sportliches Aushängeschild erhalten, das den FC Schalke 04 als stärkste westdeutsche Mannschaft ablösen sollte.

Verein mit zwei Lagern

Von vornherein war die Fusion aber mit Schwierigkeiten behaftet. Denn für den VfL schlossen sich Klubs zusammen, die sich spinnefeind waren: Germania 06, ein „Proletarierverein“, und TuS Bochum, ein „Verein für Schlipsträger“. „Dadurch fehlte es dem jungen Verein von vornherein an Ausstrahlungskraft“, sagt Piorr und erklärt damit auch, warum noch heute nur wenige Bochum-Fans aus dem Umland kommen. „Bochum blieb durch seine Geschichte ein Stadtverein.“

Es dauerte bis in die Sechziger, bis der VfL erstmals richtig auf sich aufmerksam machte. 1967/68 sorgte der Regionalligist im DFB-Pokal für Furore und schaltete mit Karlsruhe, Stuttgart, Mönchengladbach und Bayern München vier Bundesligisten aus. Erst im Finale war der Siegeszug der Bochumer beendet. Die Erfolgsgeschichte aber sollte weitergehen: 1971 war der Verein von der Castroper Straße erstmals erstklassig. Und blieb es auf Jahre.

1979 bester Klub im Pott

Höhepunkte waren 1976 das „Jahrhundertspiel“ gegen die Bayern, als sich der VfL nach großem Kampf 5:6 geschlagen geben musste, und die Spielzeit 1978/79. Sie schloss Bochum erstmals als bester Ruhrgebietsklub ab – auf Platz 8 noch vor dem BVB, Schalke und Duisburg. Die Zeit legendärer VfL-Akteure wie Rekordspieler Michael „Ata“ Lameck (518 Einsätze), Walter Oswald, Frank Benatelli und Lothar Woelk begann: Der Mythos der „Unabsteigbaren“ war geboren.

Abstieg der „Unabsteigbaren“

Später machten Namen wie Stefan Kuntz, Michael Rzehaczek, Frank „Funny“ Heinemann und Ralf „Katze“ Zumdick auf sich aufmerksam. Erneut kamen die Bochumer 1988 ins Pokalfinale, zogen aber gegen Eintracht Frankfurt den Kürzeren. Zu dieser Zeit war der VfL ununterbrochen 17 Jahre in der 1. Liga – häufig hatten sich die Westfalen erst am letzten Spieltag gerettet. Fünf weitere Jahre folgten. 1993 war das Glück dann aber endgültig aufgebraucht: Der erste Abstieg der einst „Unabsteigbaren“ war besiegelt.

Fahrstuhlverein mit UEFA-Cup-Auftritten

Seither hat sich der VfL mit fünf Und endet: Bis heute ist der VfL fünf Mal aus der ersten Liga abgestiegen. Aber – und das ist eine rekordverdächtige Leistung – man ist auch immer sofort wieder aufgestiegen. Peter Neururer und sein Kapitän Darius Wosz nach dem Abstieg 2005. (Bild: firo)Auf- und sechs Abstiegen zum Fahrstuhlverein entwickelt. Nicht aber, ohne weiter für Furore zu sorgen: So qualifizierte sich Bochum unter Trainer Klaus Toppmöller als Aufsteiger 1997 direkt für den UEFA-Cup und hieß plötzlich europäische Topklubs wie Ajax Amsterdam, den FC Brügge oder Trabzonspor im Ruhrstadion willkommen. 2004 zog Bochum als Fünfter nochmals ins internationale Geschäft ein, scheiterte aber unglücklich an Standard Lüttich. Ein schlechtes Omen: Bochum stieg in der gleichen Saison mit fliegenden Fahnen ab. Doch der Wiederaufstieg ist geglückt: Ab der kommenden Saison ist Bochum wieder erstklassig.

(Norman Stahl, WM-Portal Dortmund)

Fotos Der Pott ist rundaus „Der Pott ist rund“. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ralf Piorr. Lesen Sie zu diesem herausragenden Buch auch unsere Rezension zu Band 1 und Band 2.

Der Pott ist rund.
Das Lexikon des Revierfußballs
Band 1: Die Chronik 1945 bis 2005
Band 2: Die Vereine – 1945 bis 2005

Ralf Piorr (Hg.), Essen 2005 und 2006,
Klartext-Verlag, jeweils 29,95 Euro,
Band 1: ISBN 3-89861-358-5
Band 2: ISBN 3-89861-356-9

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