Die erste Westfalenhalle in Dortmund war zeitweise die größte Halle Europas, speziell für Sportwettkämpfe, Messen oder Bühnenfestspiele vorgesehen. Das Gebäude hat seitdem eine wechselvolle Vergangenheit vorzuweisen. Bereits in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts errichtet, wurde es im Krieg zerstört, um anschließend neu aufgebaut zu werden. Mittlerweile stehen neun Hallen auf dem Gelände. Das Mehrhallensystem ist einzigartig und funktioniert deshalb auch gut in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Heute blickt das Management zufrieden auf die Bilanzen.
[ruhr-guide] Die unruhigen Zeiten des Ruhrkampfes und der französischen Besatzung lagen längst zurück. Mit der Währungsreform stabilisierte sich die wirtschaftliche Lage, ein passender Zeitpunkt, um wieder in die Zukunft zu investieren. Pünktlich am 1. April 1925 begannen deshalb die Vorbereitungen für einen Neubau in Dortmund mit dem Namen Westfalenhalle. Viele tausende Erwerbslose, die im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme dem Bau zugeteilt waren, begannen alsbald mit den Arbeiten. Verantwortlich für das Werk war der Dortmunder Architekt Hans Strobel. Der Dortmunder Volkspark war sein größtes Projekt. Dazu gehörte neben der Westfalenhalle auch die Kampfbahn „Rote Erde“, die Volkswiese und das Schwimmstadion. Hans Strobel fasste diese Mammutaufgabe in folgende Worte: „Als ich den Zirkelschlag machte, stand mir die zukünftige Gestaltung des Volksparks klar vor Augen: die Kampfbahn das Herz, die Westfalenhalle die Krone“.
Die Holzkonstruktion bot 15.000 Besuchern Platz
Die zunehmende wirtschaftliche Stabilisierung ließ eine Phase beginnen, die auch als die sogenannten „Goldenen Zwanziger Jahre“ in die Geschichte einging. Dem kulturellen Leben wurde wieder Bedeutung zuteil, die Lust auf Unterhaltung wuchs. Die Westfalenhalle kam da gerade richtig, als sie am 28. November 1925 eröffnete. Die damalige Holzkonstruktion bot 15.000 Besuchern Platz. Unter dem Dach befanden sich Festsäle, eine Reitbahn und Stallungen für 400 Pferde und natürlich die Radrennbahn. Die Westfalenhalle diente als Veranstaltungsort für Messen, Bühnenfestspiele, Sportwettkämpfe wie Eissportturnieren oder eben dem berühmten Sechstage-Rennen. Das erste Rennen war 1926, das letzte im Jahr 1934. Die ovale Form der Radrenn-Bahn gab dieser Halle auch die für sie typische Form. Hier besiegte auch 1927 der Boxer Max Schmeling den Belgier Fernand Delarge und wurde Europameister.
Die Westfalenhalle als Gefangenenlager
Aus der Zeit des Nationalsozialismus ist überliefert, dass die Halle für Propagandazwecke genutzt wurde. Bereits 1932 hielt Hitler hier mehrere Reden im Zuge seines Wahlkampfes. Mit Kriegsbeginn 1939 beschlagnahmte die Wehrmacht das Gelände und richtete ein Gefangenenlager ein. Die Kriegsgefangenen des Stammlagers „Stalag VI/D“ dienten alsbald der ortsansässigen Industrie als billige Arbeitskräfte. Bis 1941 wurden die Häftlinge in der Halle untergebracht. Mit steigender Zahl der Kriegsgefangenen, hauptsächlich aus Polen, Frankreich, UdSSR, wurden Holzbaracken auf dem umliegenden Gelände des Westfalenparks errichtet. Siebzehn Hektar umfasste das Lager, zeitgleich waren bis zu 10.000 Menschen dort eingesperrt. Im Laufe der Zeit wurden dort 70.000 Gefangene und Zwangsarbeiter unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht und mussten der Schwerindustrie zur Verfügung stehen. Viele überlebten die Strapazen nicht. Im Mai 1944 starben durch einen Bombenangriff Häftlinge, die in der Halle untergebracht waren. Die Westfalenhalle wurde dabei komplett zerstört. Seit 2007 erinnert ein Gedenkstein an die Menschen des Stammlager VI/D. Er steht vor der Westfalenhalle 3.
Neubau und Neubeginn: Der Bundespräsident eröffnet 1952 die Westfalenhalle
Schon kurz nach dem Krieg beschloss der Rat der Stadt den Neubau der Westfalenhalle. 1952 eröffnete der damalige Bundespräsident Theodor Heuss das Gebäude. Es ist eine Betonkonstruktion mit freischwebendem Dach, so dass auf störende Stützpfeiler im Innenraum verzichtet werden konnte. Die Westfalenhalle 1 oder auch die „Große Westfalenhalle“ hat einen Innenraum von 2.800 m² Fläche und 24,5 m Höhe. Vierzehntausend Menschen finden insgesamt Platz, die Ränge sind für 9.500 Personen ausgelegt. Regelmäßig wird die Halle renoviert, die mittlerweile unter Denkmalschutz steht. Noch im Eröffnungsjahr wurde die Erfolgsshow „Holiday on Ice“ präsentiert. Im selben Jahrzehnt machte die Westfalenhalle ihrem alten Ruf als Messeort wieder alle Ehre: unter anderem mit der Gartenausstellung „Blumenparadies“, mit der Hausfrauenmesse „Die Frau und ihre Welt“ oder auch der Möbelmesse „Wohne und lebe zeitgemäß“. Aber auch Fachausstellungen für das Bäckereihandwerk oder für das Hotel- und Gaststättengewerbe etablierten sich hier.
Die Fußball-Bundesliga wird gegründet
Hallenzuwachs gab es mit den sechziger Jahren, die Hallen 2,3 und 4 wurden errichtet. Das war insbesondere für die stets größer werdenden Ausstellungen wichtig. Zum Beispiel die bundesweit erste Bildungsmesse mit den Namen „Schule Gestern-Heute-Morgen“. Im Jahr 1962 wurde übrigens im Goldsaal des Kongresszentrums der Westfalenhallen die 1. Bundesliga gegründet. Der 14. DFB-Bundestag diskutierte den Sinn einer zentralen Spielklasse an Stelle der regionalen Oberliga. Zu Beginn der siebziger Jahre trat der legendäre „Dortmunder Herbst“ seinen Siegeszug an. Es ist die bisher erfolgreichste Messe in den Westfalenhallen.
Chris de Burghs Karrierestart
1984 war der geschichtsträchtige Veranstaltungsort das Sprungbrett für den Sänger Chris de Burgh. Der Ire schaffte im Rahmen der „Nacht der Lieder“ den Durchbruch. Ein sportliches Highlight der achtziger Jahre war unter anderem 1983 das Hallen-Motocross, das 1989 mit dem ADAC Super-Cross einen Höhepunkt fand und Deutschland weit Premiere hatte. Im Laufe der Jahre wurden noch zwei weitere Hallen gebaut und außerdem das Messezentrum. In den folgenden Jahrzehnten gaben sich sportliche, musikalische Veranstaltungen und Messen der Superlative die Hand. Im Oktober 1994 wurde in Halle 1 die erste Nokia Night of the Proms (Klassik trifft Pop) veranstaltet. Die Jugendmesse „You“ hatte 1996 Premiere und 1998 fanden die ersten Deutschen Meisterschaften der Hirschrufer statt.
Ein neues viel versprechendes Jahrtausend
Der Komplex wurde im neuen Jahrtausend mit der Halle 3B noch einmal aufgestockt, um den Messeveranstaltungen gerecht zu werden. Die Besucherzahl ließ im Jahr 2006 auch nicht zu wünschen übrig. Zu verschiedenen sportlichen Höhepunkten kamen rund 170.000 Besucher in die Westfalenhalle 1, darunter war das Sechs-Tage-Rennen, der Große Weihnachtspreis und das Internationale Reitturnier.
Die Große Westfalenhalle ist mit 30 Weltmeisterschaften, 50 Europameisterschaften und 8000 Künstlern, die dort aufgetreten sind, immer noch die Halle mit dem größten Eventfaktor.
In den Jahren 2015 und 2016 wurde das Kongresszentrum modernisiert und das Projekt „Welcome2018“ angekündigt. Eine 4500 m² große Eingangshalle, die die Besucherführung und den Einlassbereich barrierefrei und moderner gestaltet hat, wurde gebaut und neue Gastronomie- und Konferenzbereiche wurden geschaffen. Im März 2019 wurde der Messeeingang Nord offiziell eröffnet. Auch für die Zukunft sind viele weitere Projekte geplant.
Das bewährte Mehrhallenkonzept
Die Westfalenhallen überzeugen durch ihr Mehrhallenkonzept. Sollte sich im Laufe des Vorverkaufs erweisen, dass mehr oder auch weniger Plätze bereit stehen sollten, kann die Veranstaltung innerhalb des Gebäudekomplexes umziehen. Die Besucher müssen dann nicht den Ort, sondern nur den Eingang wechseln. Das Veranstaltungszentrum trägt sich ohne öffentliche Gelder, was durchaus nicht üblich ist. Aber auf Grund der Flexibilität der Örtlichkeit kann schnell auf Entwicklungen reagiert werden.
Westfalenhallen Dortmund
Rheinlanddamm 200
(fürs Navigationssytem bitte „Strobelallee 45“ angeben)
44139 Dortmund
Tel. 0231 / 12 04-0
Infos und Termine unter www.westfalenhallen.de.
Fotos 1: QuadroguysGmbH
Foto 2: Henrik Schipper