Das LWL-Römermuseum in Haltern am See zeigt die Ergebnisse von über 100 Jahren archäologischer Forschung. Vor genau 114 Jahren begannen dort die ersten Ausgrabungen römisch-militärischer Standorte. Das Museum präsentiert die Geschichte der Römerlager an der Lippe und speziell die des Halterner Lagers in einem modernen Museum „zum Anfassen“. Im neuen Römerpark Aliso werden zukünftige römische Militäranlagen rekonstruiert. Und auch in diesem Jahr ist das LWL-Römermuseum bei den Römertagen „Brot und Spiele“ mit dabei und hat ein breites Programm für seine großen und kleinen Gäste vorbereitet.

[ruhr-guide] In Haltern am See, einem ehemaligen Legionslager an der Lippe, zeigt das LWL-Römermuseum die Ergebnisse von fast 100 Jahren archäologischer Forschung. Die Lippe war der ideale Nachschubweg für die römischen Legionen, da das Umland mit seinen Sümpfen und dichten Wäldern nur schwer passierbar war. So entstanden entlang des Flusses römische Lager, die den Nachschub sichern sollten: Holsterhausen, Haltern, Oberaden, Beckinghausen und Anreppen. Haltern selbst gilt heutzutage als einer der am besten erforschten und bis jetzt größten militärischen Ausgrabungsstätten des gesamten Römischen Reiches. Als Militärstützpunkt, vermuten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, war Haltern eine der Schaltstellen, um die Eroberung Germaniens voran zu treiben.
Nicht nur ein Militärlager
Doch schon damals war Haltern nachweislich mehr als nur ein einfaches militärisches Legionslager. Die Archäologen und Archäologinnen sind sich sicher, dass hier ein zentraler Verwaltungsstandort eingerichtet werden sollte. So sind durch Gräberfunde die Anwesenheit von Zivilisten und Zivilistinnen sowie Handwerkern und Handwerkerinnen nachgewiesen. Ebenso wurde hier Eisen verarbeitet und besondere Keramik, die Terra Sigillata, produziert und exportiert. Ausgräber und Ausgräberinnen fanden auch ein Hauptlager, mehrere Marsch- und Feldlager, eine Töpferei und ein Gräberfeld nördlich der Lippe sowie eine Marinebasis am Ufer. Schon 1838 machte der preußische Major Friedrich Wilhelm Schmidt am Annaberg eine militärische Siedlung der Römer ausfindig. Noch bis heute finden mit kleineren Unterbrechungen größere und kleinere Ausgrabungsaktionen in Haltern und der Umgebung statt. Obwohl 1987 das Gebiet unter Denkmalschutz gestellt wurde, dürfen durch Baumaßnahmen oder Zerstörung bedrohte Teilgebiete von Archäologen und Archäologinnen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe untersucht werden. Somit wurde schon ein Viertel des Hauptlagers erfasst und historische Funde datiert. Der „Haltern-Horizont“ gilt als der zeitliche Ausgangspunkt aller Funde Europas, Nordafrikas und Vorderasiens und ist mit seiner Bedeutung unter den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt bekannt. Auch der Durchbruch der modernen Ausgrabungstechnik lässt sich auf Haltern zurückführen, denn hier erforschte man erstmals den sandigen Boden nach Verfärbungen und versuchte sie zu interpretieren. So entstanden ganze Grundrisse von Häusern und Befestigungsgräben aus der damaligen Zeit.
Geschichte zum Anfassen im Römermuseum
Vor genau 114 Jahren fanden die ersten Ausgrabungen statt, doch zunächst konnte nur ein provisorisches Museum in einer alten Rektoratsschule eingerichtet werden. Es folgten ein Neubau, das „Römisch-Germanische Museum“, sowie dessen Zerstörung 1945 bei einem Bombenangriff. Erst 1985 fand man eine dauerhafte Lösung und eröffnete somit 1993 das LWL-Römermuseum in Haltern am See. Es wurde entlang der ehemaligen Befestigungsanlagen errichtet und die spitzen Oberlichter auf dem begrünten Dach erinnern an die Zelte der Legionäre. Im LWL-Römermuseum wird die 28-jährige Geschichte der Römerlager an der Lippe in einem modernen Museum präsentiert. Anhand vielfältiger Exponate wird die römisch-germanische Geschichte lebendig erzählt. Anfassen und mitmachen wird dabei im LWL-Römermuseum in Haltern groß geschrieben: Der Besucher kann hier mit dem Griffel Worte in das Wachs einer Schreibtafel ritzen oder die Strapazen der Legionären in Form des schweren Marschgepäcks auf dem Rücken nachvollziehen.
Vielfältige Sonderveranstaltungen
Neben frei ausgestellten Großexponaten, wie z. B. einem Legionärszelt, runden Vitrinen, Ton- und Videodokumente das lehrreiche Angebot ab. Dass auch Geschichte spannend und aktuell sein kann, zeigt die „Tagesschau“ aus dem Jahr 4 n. Chr., wo die lateinischen Begriffe hier keinesfalls das Studium der toten Sprache fordern, da alle Originalschriftzüge übersetzt sind. Insgesamt ergibt sich aus der Gesamtkomposition ein interessantes Bild der Römerzeit in Germanien.
Museumspädagogik wird im LWL-Römermuseum ein hoher Stellenwert eingeräumt. Vielfältige Sonderveranstaltungen wie Filmvorführungen, Brot und Spiele, Sonderführungen und Workshops runden das Angebot ab. Das LWL-Römermuseum in Haltern am See ist sowohl für Erwachsene als auch für Kinder ein spannendes Erlebnis und unbedingt zu empfehlen! Das Museum ist darüber hinaus barrierefrei zugänglich.
Römerpark Aliso
Im April 2012 begannen die Arbeiten am neuen 4,8 Hektar großen „Römerpark Aliso“. Die Archäologen wollten den wichtigsten Militärkomplex der Römer rechts des Rheins nicht nur ausgraben, sondern anschließend auch zum Teil rekonstruieren. Im Sommer 2016 ist der neue Römerpark Aliso eröffnet worden und lädt seitdem zu einer weiteren Erkundungstour ein.
Carpe Noctem: Flucht aus Aliso – Europas erster „Römer-Escape-Room“
Wenn Du ein Fan von Rätseln und Denkaufgaben bist, dann solltest Du dem Römerpark Aliso unbedingt einen Besuch abstatten. Denn dort gibt es seit September 2022 einen Escape-Room. Es ist der erste „Römer-Escape-Room“ Europas. Termine können ab sofort gebucht werden. Der Escape-Room wurde von der Firma Adventurebox Münster errichtet, in Zusammenarbeit mit LWL-Wissenschaftler:innen. Den Gästen wird ein authentisches Erlebnis, möglichst nah am echten Römischen Reich geboten. Deswegen befindet sich der Escape-Room auch in einer historischen Kulisse, in einem rekonstruierten Wachhaus auf dem Außengelände des Römerparks. Das Gebäude wurde 2013 entdeckt und liegt am äußeren Bereich des Lagers. Vermutlich wurden hier Waffen gelagert und Schutzpersonal auf fast 120 Quadratmetern untergebracht, um das Lager im Falle eines Angriffs verteidigen zu können.
Passend zu der Kulisse handelt das Spiel im Römer-Escape-Room von der Verteidigung des Römerlagers Aliso. Die Teilnehmenden müssen sich in eine Zeit vor 2.000 Jahren zurück versetzen. Sie sind die letzten Legionäre in dem Lager und werden von den Germanen belagert. Die Gruppe muss aus dem Wachhaus entkommen, da die Nahrung knapp wird und die Okkupation des Lagers droht. Um fliehen zu können, muss zuerst der gut versteckte Fluchtplan gefunden werden. Das Spiel basiert zum Großteil auf historischen Überlieferungen und dauert ca. 60 Minuten. Es können zwei bis sechs Personen teilnehmen und das empfohlene Mindestalter beträgt 14 Jahre.
Weitere Informationen und Terminbuchungen gibt es unter https://shop.lwl-roemermuseum-haltern.de/#/product/tour/1646.
Neues Angebot für gehörlose Menschen
„Inklusion von Menschen mit Einschränkungen“ – unter dem Motto steht der neue Video-Guide für die Römerbaustelle Aliso. Der Video-Guide ist speziell für Gehörlose entwickelt worden mit dem Ziel jedem Menschen möglichst genau die gleichen Informationen zur Ausstellung zugänglich zu machen. Der Video-Guide wird auch nicht von irgendwem geleitet, sondern von Lucius Caedicius persönlich. Eingekleidet in Tunika und Legionärskleidung macht sich Lucius gemeinsam mit den Menschen auf Tour durch den Römerpark. Diese Neuheit ergänzt das bereits bestehende Angebot für Gehörlose im LWL, ist aber auch von Menschen ohne diese Einschränkung nutzbar. Einfach Kopfhörer anschließen und Lucius Caedicius folgen.
Tipp: Wenn Sie nach Haltern am See kommen, sollten Sie nicht den Stausee, die Stever oder die Westruper Heide verpassen. Natürlich lohnt sich auch ein Bummel durch die beschauliche Altstadt. Wenn Sie sich weiter für die römisch-germanische Geschichte interessieren, sollten Sie unbedingt auch den Archäologischen Park in Xanten besuchen! Und in Bergkamen erwartet Sie der Römerpark Bergkamen.
LWL Römermuseum Haltern am See
Weseler Str. 100
45721 Haltern am See
Tel: 02364 9376-0
Email: lwl-roemermuseum@lwl.org
Anfahrt:
A43, Abf. Haltern am See, bzw. B58 nach Haltern am See, von dort circa 1,5 km Richtung Innenstadt
Öffnungszeiten:
LWL-Römermuseum:
Dienstag bis Freitag 9 – 17 Uhr
Samstags, Sonntags und Feiertage 10 – 18 Uhr
Montags, am 24.12., 25.12., 31.12. und 01.01. geschlossen
Römerbaustelle Aliso:
24.03.-27.10. geöffnet
Eintrittspreise:
Erwachsene: 7 Euro
Erwachsene in Gruppen ab 16 Personen: 6 Euro
Kinder und Jugendliche (bis 17 Jahre): frei
Ermäßigungsberechtigte: 3,50 Euro
Kostenfreier Eintritt:
Inhaberinnen und Inhaber von RUHR.TOPCARDS erhalten einmalig freien Eintritt.
Inhaberinnen und Inhaber von LWL/LVR MuseumCards erhalten freien Eintritt.
Weitere Informationen hier und hier.
(Stand: März 2025, Angaben ohne Gewähr)
Foto 1 & 3: LWL/Hähnel
Foto 2: LWL
Foto 4: LWL/J. Großekathöfer