Ein Bochumer lernt das Leben! Das 2001 erschienene Erstlingswerk des Bochumer Ex-Tresenlesers erinnert stark an Nick Hornby und leiht bei Florian Illies.
Nimmt man den Titel als metaphorisch, bedeutet „Liegen lernen“ nichts anderes als Erwachsen werden. Und das versucht Frank Goosens Protagonist Helmut in seinem Roman.
Es geht im ersten Kapitel um die Jugend von Helmut, der in einem Arbeiterhaushalt aufwächst und der die Höhen und Tiefen der 80er Jahre erlebt. Bald trifft er auf Britta, die Neue in der Klasse. Sie ist intelligenter als er, ihre Eltern sind Akademiker, und sie wickelt ihn um den Finger. Noch vor dem Abitur aber geht seine große Liebe nach Amerika, und sein Leben scheint damit vorbei. Seine anschließende Zeit an einer „Betonuni“ verbringt er mit zahlreichen, zum Scheitern verurteilten Beziehungsgeschichten, denn jede Frau, die Helmut trifft, wird natürlich mit Britta verglichen.
Während im ersten Kapitel die herrlichen Erinnerungen an die 80er unterhaltsamer sind als beispielsweise Florian Illies sezierende, dokumentarische Betrachtungsweisen, tritt im zweiten Kapitel das große Vorbild Nick Hornby auf den Plan, wobei „Liegen lernen“ an den Charme und Witz von High Fidelity lange nicht heran kommt.
Aber Helmut’s Martyrium nimmt seinen Lauf. Bei einem Besuch bei seinem alten Freund Mücke in Berlin trifft er Britta auf einer Technoparty wieder. Bei einer Begegnung in einer von Alkohol und Drogen geschwängerten Nacht beginnt das Bild, das er sich von ihr aufgebaut hat, zu bröckeln, und ihm wird klar, dass sie ihn nur verarscht hat. Hier, auf dem eigentlichen Höhepunktes des Buches, gewinnt „Liegen lernen“ an Tempo, bevor es sich moralistisch in das Heute zurückflüchtet. Am Ende hat Helmut eine Freundin, die er wirklich liebt, und das Trauma Britta scheint überwunden!
Es bleibt zu fragen, welchen Bezug die auf dem Titel des Buches abgebildete Vinyl-Platte mit den Titeln der Kapitel hat. Denn Musik spielt in diesem Roman keine zentrale Position – der Protagonist kauft Schallplatten von Bruce Springsteen und verbindet Gefühle damit – und wahre Pop-Literatur verbirgt sich zwischen den Buchseiten ebenso wenig. „Liegen lernen“ ist ein leicht geschriebener Roman, der sich butterweich lesen lässt.
(sl/jk)