Wäre er ein Bauwerk, hätte man ihn 2010 sicher zu einem Leuchtturmprojekt erklärt. Autor und Kabarettist Frank Goosen, in Bochum geboren und ein wahres Kind des Ruhrgebiets, das seine Heimat liebt und stolz darauf ist! Dies wird in seinen inzwischen zahlreichen Büchern und Auftritten mehr als deutlich. Die Atmosphäre ist stets ruhrig, ein schwacher Hauch von Kohle hängt in der Luft und am Ende bleibt die Erkenntnis: „Woanders is auch scheisse“. Dieser Slogan, auch Teil seines neusten Romans „Radio Heimat“, ist bereits auf Tassen, Koffergurte und Buttons gedruckt auf dem Markt erhältlich. Man sieht: Frank Goosen – eine ganz eigene Marke.
[ruhr-guide] Eigentlich zeichnete sich der Erfolgsweg, auf dem das Ruhrpottoriginal heute wandert, schon ganz früh ab. 1969, als Frank Goosen gerade einmal drei Jahre alt war, trat er im Speisesaal eines Hotels spontan als Sänger auf und ging danach gleich geschäftsmäßig mit der Mütze rum. Ein Mensch, der schon früh mitten im Leben stand. Seine ersten richtigen Auftritte beginnen für den examinierten Magister in Geschichte, Politik und Germanistik allerdings erst 1992. Seit jener Zeit ist der Name Goosen eng mit Jochen Malmsheimer verbunden. Das Team versuchte sich erfolgreich und preisgekrönt am humorvollen „Tresenlesen“ und schaffte es bis zur Trennung im Jahr 2000 auf knapp tausend Auftritte. Kurz darauf erscheint auch Goosens erster Roman „Liegen lernen“, in dem er die Stimmung der Achtziger aufgreift. Die folgenden Druckwerke wie „Pokorny lacht“, „Pink Moon“ oder der Bestseller „So viel Zeit“ rückten Frank Goosen neben Bühnenprogrammen und humorvollen Sportkolumnen in VfL-Gewandung weiter in den Mittelpunkt – längst über die Grenzen des Ruhrgebiets hinaus. Nun, im Kulturhauptstadtjahr 2010, erschien sein dazu mehr als passender Roman „Radio Heimat“. Bereits vier Wochen nach dem Erscheinen steht das Buch auf Platz 3 der SPIEGEL-Bestseller-Liste.
Radio Heimat – liebevolle Ironie
Gerade 2010 wurde das Ruhrgebiet als Kulturhauptstadt vielen ein Begriff, die eher „von weiter wech“ kamen und nur ein grobes Bild von Menschen und Geschichte hatten. Dabei agiert Frank Goosen mit seinem aktuellen Buch „Radio Heimat“ mit den verschiedenen Kurzgeschichten wie ein Reiseführer für Fremde und bleibt zugleich der wissende Vertraute für den Ruhri. Mit seinem speziellen unverkennbaren Humor stellt er die Eigenheiten des Reviers in das nostalgische Licht seiner Kindheit, berichtet über die ein oder andere Kneipentour und lässt vor allem auch die Menschen zu Wort kommen. So beispielsweise Schrebergartennachbar Theo oder den „Laberfürsten“, der niemanden zu Wort kommen lässt aber immer bestens über Sportergebnisse und Wetter bescheid weiß. Auch die dicken Frauen in Blümchenschürze bleiben nicht unerwähnt wie ebenfalls das große Thema Fußball.
Schalke und Dortmund vereint im Publikum
Irritiert ist Frank Goosen nur, als er in erster Reihe einen Dortmunder neben einem Schalke-Fan sitzen sieht. Eilig zückt er sein Fotohandy, um diesen einmaligen Anblick abzulichten. „Wieso sitzt ihr hier so? Wieso kloppt ihr euch nicht?“, fällt dem Comedian dazu nur noch ein. Munter geht es weiter mit den Sprachgepflogenheiten des Ruhrgebietlers. Wörter wie „Restaurant“ oder „Cousin“ erhalten von Frank Goosen den speziellen Akzent aus Gelsenkirchen-Buer. Am Ende des Programms begibt er sich dann noch auf eine längere Zugfahrt im ICE, wo er einem Münchener Urgestein begegnet. Goosen schildert darauf folgende Auseinandersetzungen über die unglaubliche Natur im Revier bis hin zur Verteidigung der ruhrigen Grundwerte wie Maloche und Kohle, wobei auch ein wenig bayrischer Zungenschlag über Goosens Lippen kommt. Doch gleich stellt er klar, dass er diese Mundart niemals richtig sprechen würde – selbst wenn er es könnte. Das bunt gemischte Publikum johlt und der Abend ist gelungen – wat willste mehr?
Der Name ist Programm
Frank Goosen, seit Oktober 2010 auch Mitglied des Aufsichtsrates beim VfL Bochum, hat viele seiner Romane auch als Hörbücher auf den Markt gebracht. Sein Roman „Liegen Lernen“ wurde sogar verfilmt und lief 2003 in den Kinos.
Auch einige seiner legendär lustigen Programme sind auf CD gepresst. 1999 erschien erstmalig eine Liveaufzeichnung seines „Always kill your Darlings oder alles nur Spaß“.
Auch sein weihnachtliches Kult-Programm „Krippenblues“ ist aufgenommen worden. Dabei wollte Frank Goosen das seit 2000 bestehende Projekt zwischenzeitlich sogar einstellen. Ein engagiertes Publikum protestierte jedoch dagegen, „die volle Wahrheit über Weihnachten“ in der Versenkung verschwinden zu lassen und wollte lieber weiterhin die Lachmuskeln beim satirischen Blick auf das Fest und seine Katastrophen anstrengen. So ist kein Ende des Programms abzusehen.
Frank Goosen als Ruhr-Star
Frank Goosen, ein Typ, wie kaum ein anderer. Ein originaler Ruhri, der sich selbst treu bleibt und womöglich deshalb so erfolgreich ist. Auf der Pressekonferenz zum Stilleben erschien er neben Geschäftsführer Oliver Scheytt und Fritz Pleitgen in einem seiner knallblauen A 40 T-Shirts. Dabei vertritt er jedoch auch seine eigene Meinung. Als der neue Reiseführer „Metropole Ruhr“ erschien, wies Pleitgen angetan auf den Wandel zum Grünen im Ruhrgebiet hin, wogegen Goosen die ständigen Verweise auf das grüne Ruhrgebiet inzwischen leid ist und dies im Anschluss auch kund tat.
Dass er sich inzwischen locker mit den Großen messen kann, bewies auch sein Auftritt auf dem Zeltfestival neben Bülent Ceylan, den Simple Minds und Jan Delay. Auch traf Goosen im Jahr der Kulturhauptstadt mit der Lesereihe LiteraTour zusammen und warb dort auf seine Art für das Revier. Doch trotz seiner Bekanntheit weit über das Revier hinaus, bleibt er der Mensch von nebenan. Ebenfalls 2010 suchte der Bochumer Fußball-Autor Ben Redelings im Rahmen eines öffentlichen Wettbewerbs das schönste und skurrilste Klo-Foto. Unter zahlreichen Einsendungen aus der Bevölkerung schickte dabei auch Frank Goosen ein Bild seines VfL-blauen „Potts“ ein.
In seinem Revier
Der blau-weiße Leuchtturm der Kulturhauptstadt strahlt also auch nach RUHR.2010 weiter. Momentan sendet er auf Radio Heimat und Weihnachten wird sicher der nächste Krippenblues angestimmt. Frank Goosen hat sich in der Kabarett-Landschaft ebenso einen Namen gemacht, wie unter den Buchautoren. Dabei bleibt er immer authentisch, greifbar und heimatverbunden. Seine Shows sind oft schon im Voraus ausverkauft. Er tritt sowohl in Berlin und München als auch in Dorsten und Werne auf, wobei 2011 zudem wieder das Zeltfestival auf dem Tour-Plan steht. Doch das war beinahe klar, denn „woanders is auch scheisse“.
Frank Goosen – Radio Heimat
(sb)
Bildquellen:
philippwente.com
Volker Wiciok
Juliane Katzer