Entertainment der Luxusklasse: Am 3. März wurde in der seit 20 Jahren stillgelegten Henrichshütte in Hattingen wieder das „Feuer“ entfacht. Im edlen Zwirn und mit seiner 10-köpfigen Band Disko No.1 überzeugte Jan Delay mit einem grandiosen „Mercedes Dance“ und musikalischen Überraschungen. Kurzerhand ernannte der Chefstyler die Gebläsehalle zum Millennium Dome.
[ruhr-guide] Großer Andrang und ein für diesen Ort eher ungewöhnliches Parkplatzchaos herrschte vor der imposant erleuchteten Henrichshütte. Beinahe zum Ende seiner Tour verließ Jan Delay die obligatorischen Hallen und lud ins Industriedenkmal. Um 20:00 Uhr war es voll in der großen Gebläsehalle, keine Vorband, sondern Vinylartist DJ Mad bestritt das Vorprogramm auf der mit weißem Stoff verhängten Bühne. Sein mitreißender Mix aus Soul-Klassikern und Hip Hop heizte dem erstaunlich erwachsenen Publikum eine Stunde lang mächtig ein. Da gab es Beyoncés „Crazy In Love“ und das legendäre „Think“ von Aretha Franklin auf die Ohren, Public Enemys „Bring The Noise“ im Mix mit Justin Timberlakes „Signs“. Die Stimmung hätte nicht besser sein können und als um kurz nach 21:00 Uhr Herr Jan Philipp Eißfeldt die Bühne betrat, wurde es heiß wie eh und je auf der Hütte.
In perfekt sitzender Anzughose, weißem Hemd, weißen Schuhen und dem zum Markenzeichen gewordenen Hut sprang Jan Delay auf die Bühne und nöhlte zum Beat seines Beginner-Kollegen. „Wer braucht denn schon ’ne Band?“ Für die Old School Hip Hop-Fans unter den Zuschauern wäre dies genug gewesen, doch schließlich stand „Mercedes Dance“ auf dem Programm und so fiel alsbald der weiße Vorhang und die großartige Band Disko No.1 legten mehr als druckvoll los. Als Bandleader hatte Jan Delay zwei Stunden Konzertvergnügen versprochen, heraus kam ein Event der Extraklasse. Schon mit dem zweiten Song hatte er das Publikum fest im Griff, beim Ohrwurm und Gute-Laune-Song „Klar“ gab es kein Halten mehr. Und spätestens jetzt wurde im wahrsten Sinne des Songtitels klar, dass Herr Eißfeldt nicht nur seinen ganz eigenen Stil perfektioniert und damit genreübergreifend Reggae, Hip Hop oder einfach Pop mit Bigband-Style und einer gehörigen Portion Funk verknüpft hat, sondern dass er vor allem durch und durch ein Vollblut-Entertainer ist: „Wir fahren nicht mit Rußpartikelfilter und auch nicht mit Benzin.“
Entertainer No.1
Und als solcher verstand er es gekonnt, das Publikum zu unterhalten. Die bei anderen Konzerten bisweilen aufgesetzt wirkenden Mitmachspielchen sorgten hier für Lacher und Schenkelklopfer, die Gäste in der Henrichshütte mussten im Kopfrechnen gegen die Band antreten und beim Stop-Tanzen kam es zu den absurdesten Verrenkungen. Über Hattingen, oder vielmehr Bochum hatte sich Jan Delay vorher wohl schon so einige Gedanken gemacht, zumal die Musiker seiner Band ausnahmslos Werder Bremen-Fans sind. Neben Fußball und der Umbenennung der Gebläsehalle in den bedeutender klingenden „Millennium Dome“, musste Bochums prominentester Vertreter herhalten, bzw. dessen Bruder, der Chirurgen-Vogel.
„Türlich Türlich“
Neben großem Wortwitz überzeugten Jan Delay und seine „Muckerspacken“ doch vor allem durch musikalische Überraschungen. Das aktuelle Album „Mercedes Dance“ stand natürlich im Vordergrund, doch auch ältere Songs wie „Vergiftet“ oder das kleine Beginner-Medley mit „Gustav Gans“ und „Fäule“ gab es zu hören. Auch Coversongs standen auf dem Programm: 2Pacs „California Love“ groovte wie nie zuvor, „Push It“ von Salt’n’Pepa schlug in dieselbe Kerbe, zu Rio Reisers „Für immer und Dich“ kam Wunder- kerzenstimmung auf, zu „Ain’t no other“ von Christina Aguilera wurde wild getanzt und dann ertönten die ersten Klänge von Cameos 1986er Hit „Word Up“ und meisterhaft rappte Jan Delay hierzu das coole „Türlich Türlich (Sicher Dicker)“ seines Hamburger Kollegen Das Bo.
Nach 90 Minuten hatte sich Jan Delay auf der Bühne ausgetobt, getanzt, geschrieen, gekonnt den Bandleader gegeben, an den Congas gespielt. Zur obligatorischen ersten Zugabe gab es dann den Song „So schön“ und eine „Mercedes Dance“-Version des rotzigen „Seven Nation Army“ der White Stripes, das von den schon längst restlos begeisterten Fans noch lange weitergesungen wurde, nachdem es auf der Bühne bereits wieder dunkel geworden war. Aber so wurden Jan Delay und Disko No.1 zur zweiten Zugabe zurück geholt und mit dem Nena-Cover „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“ war klar, dass man Jan Delay irgendwo bald wieder auf einer Bühnen sehen wird.
(sl)