Wer hätte gedacht, dass aus dem N’Sync-Sänger einmal ein gefeierter Solokünstler, Grammy-Preisträger und Womanizer erster Garnitur würde? Noch vor 16 Jahren saß er als Kind irgendwo in Tennessee und hatte keine Ahnung von Dortmund. Zum deutschen Finale seiner „FUTURESEX/ LOVESSOUNDS World Tour“ rockte er die Westfalenhalle auf einer sensationellen Bühne und war noch einmal der Superstar zum (beinahe) Anfassen.
[ruhr-guide] Tanzen können sie, diese Ex-Boygroup-Typen, und sie legen eigentlich auch erst richtig los, wenn die Boygroup aufgelöst, der Babyspeck abtrainiert und die Stimme voll entwickelt ist. Dass ihm die harte (Tanz-)Schule gut getan hat und er mehr und mehr ein Vollblutmusiker wird, bewies Justin Timberlake, immerhin inzwischen 26 Jahre alt, beim deutschen Abschiedskonzert in der Dortmunder Westfalenhalle am 14. Juni 2007. 14.000 Fans – vom Teenie bis zum Mittvierziger – erlebten dort einen aalglatten Tänzer und Sänger, der durch die spektakuläre 360 Grad-Multimediabühne in der Mitte der Halle jeden Winkel bespielte und somit sehr nah an seinen Gästen war. Und umgekehrt. Über die Mitte, nach links vorne, nach rechts hinten, wieder in die Mitte, dann zurück und von vorn: Justin Timberlake gönnte sich keine Pause, sang und tanzte die ersten Stücke „FutureSex/LoveSounds“, „Like I love you“, „My love“, „Senorita“ und „Sexy Ladies“ in einem schnellen Tempo und mit perfekten Tanzeinlagen zusammen mit seiner überaus präsenten Crew.
What goes around
Aber nicht nur mächtig rasant und funky ging es zu, bei den ruhigen bis vor Schmalz triefenden Balladen setzte sich Justin Timberlake ans Piano in der Mitte der Bühne, im Mittelpunkt der Halle. Auf die herunterfahr- baren Stoffbahnen wurden kleine Filme projiziert, das beeindruckende Scheinwerferufo über ihm rotierte langsam und tauchte die Bühne in strahlendes Licht.
Die besten Songs seines Debütalbums „Justified“ aus dem Jahr 2004 und des aktuellen Longplayers „FutureSex/LoveSounds“ gab es zu hören. Vor allem die Kracher „Rock Your Body“ und „Sexy Back“ sorgten für ohrenbetäubendes Gekreische bei den zumeist weiblichen Fans. Was die Bühne an visuellen Spielereien hergab, wurde bei einer gar nicht kurzen Timberlake-Pause in einer Art Zeitreise durch die Timbaland’sche Musikgeschichte gezeigt. Der Mega-Produzent selbst fungierte als Zeremonienmeister, feuerte Technosounds, Funk und Rap in die begeisterte Menge. Von Michael Jackson, noch zu seinen Ernst zu nehmenden „Billy Jean“-Zeiten, über Missy Elliott, Destiny’s Child, Nelly Furtado bis zur im Jahr 2001 bei einem Flugzeugabsturz verunglückten Aaliyah gab es einen äußerst tanzbaren Zusammenschnitt zu hören und zu sehen – ein Multimediatreffen der Superstars. Und immer wieder erklangen Soundfragmente von Timbalands aktuellem Album „Shock Value“ – „Bounce“ lautete die Aufforderung ans Publikum.
Dann stand aber wieder ausnahmslos Justin Timberlake im Mittelpunkt des Geschehens, mit einem Medley und natürlich auch dem Schmachtfetzen „Cry Me A River“ hielt er den Kreischpegel in der Westfalenhalle auf höchstem Niveau. Nach über zwei Stunden zeigte er sich dann sichtlich entspannt aber beinahe schüchtern zur Zugabe am Piano. „Ich liebe Euch“ schrie er dann als Abschiedsgruß seinen deutschen Fans zu, denen er an diesem Abend nur räumlich nah war. Tanzen können sie, diese Ex-Boygroup-Typen und eine eindrucksvolle und bis ins kleinste Detail choreographierte Show abliefern. Echte Entertainer werden allerdings die wenigsten, aber vielleicht dauert es bei Herrn Timberlake einfach noch ein Weilchen, ein wahres Charisma und wahren Bühnencharme vollends auszubilden. Die Perfektion beherrscht er schon heute.
JUSTIN TIMBERLAKE
FUTURESEX/LOVESHOW World Tour
Mittwoch, 14. Juni 2007, 20.00 Uhr
Westfalenhalle 1, Rheinlanddamm 200, 44139 Dortmund
(sl)