Bis zum 30. April 2004 zeigte die Städtische Galerie in Bottrop mit der Ausstellung Kunstpfade die Ergebnisse eines einmaligen Kunstprojekts im Ruhrgebiet. Es wurden Fotografien von Claudia Bendlin und Angelika Schilling sowie Werke von 27 Künstler ausgestellt, die Motive längs der A42 zeigen.
[ruhr-guide] Die Umgebung einer Autobahn ist als Motivwahl für ein Kunstprojekt zunächst als ungewöhnlich anzusehen. Entlang der A42 von Duisburg nach Dortmund finden sich jedoch zahlreiche Ansichten, die bewußt oder unbewußt zur Betrachtung einladen. Halden, Gasometer, Fabriken und die inzwischen für das Ruhrgebiet typischen Landmarken waren der Auslöser für die Fotografinnen Claudia Bendlin und Angelika Schilling eben diesen zu betätigen, und sich am Projekt der Kunstgemeinschaft Bottrop zu beteiligen.
Dass die Fotografinnen nicht an irgendeine Vorgabe gebunden waren, zeigten die unterschiedlichen Ergebnisse ihrer Darstellungen. So zeigt die Aufnahme „Pyramide“ von Angelika Schilling den flüchtigen Eindruck eines kaum zu realisierenden Objekts. Wie eine Touristin auf Motivjagd scheint die Fotografin dieses Objekt vom vorbeifahrenden Wagen aus aufgenommen zu haben. Die Pyramide ist nur im Ausschnitt abgebildet. So bleibt die Umgebung in der sie sich befindet undefiniert. In den Fensterscheiben spiegelt sich der bewölkte Himmel des Ruhrgebiets wodurch die Flüchtigkeit des Eindrucks noch verstärkt wird. Die Fotografie „Bramme Essen“ von Claudia Bendlin zeigt eine andere Herangehensweise an das Thema. Ihre Arbeit zeigt eine undefinierte weite Landschaft, aus der sehr bedrohlich die Bramme herausragt. Die Menschen im Hintergrund geben einen ungefähren Hinweis auf die Größe des Objekts, spielen aber für das Bild im besonderen keine relevante Rolle. Vielmehr stellt die Fotografin hier eine menschenfeindliche Landschaft in einer romantisch anmutenden Gegenlichtsituation dar, und weist somit auf die Gegensätze von Landschaft und Industrie, von Mensch und Maschine in der Region Ruhrgebiet.
Die an dem Kunstprojekt weiterhin beteiligten Künstler bekamen von einer Jury eine Auswahl aus den Ergebnissen der fotografischen Exkursionen entlang der A42 vorgelegt, um sich in rein subjektiver Sicht mit den realistischen Bildvorlagen nun künstlerisch auseinanderzusetzen. Die Ergebnisse dieser Beschäftigungen waren in der Ausstellung „Kunstpfade im Revier“ nicht als Korrespondenz, als direkte Gegenüberstellung angelegt. Das Konzept sah vielmehr zwei eigenständige Interpretationsbereiche in der Ausstellung realisiert, wodurch der Betrachter aufgefordert war, die dennoch vorhandenen Korrespondenzen zwischen den verschiedenen Darstellungsmedien zu suchen.
Insgesamt war die Ausstellung in der Städtischen Galerie mit seinem ungewöhnlichen Kunstprojekt und seiner gewagten Motivwahl eine gelungene Schau verschiedener Medien und Umgangsweisen mit einem Thema. Daneben zeigten die „Kunstpfade“ eine völlig neue Sicht auf das Revier, auf vielleicht bekannte Orte, aber unbekannte Ansichten.
(sl)