Wie traumhaft war das denn bitte?! Das diesjährige Traumzeit Festival 2011 im Landschaftspark Duisburg Nord endete am vergangenen Sonntag, dem 3.7., und ist somit nun leider wieder passé – zumindest für dieses Jahr. Es war leuchtend-bunt. Es war gemütlich-verrückt. Es war einfach wieder einmalig! Kein anderes Festival ist vergleichbar mit diesem besonderen Event. Bands und Acts aus fast aller Welt kamen, sahen und siegten und erfreuten uns mit ihren Songs und Showeinlagen. Auch an farbenfrohen Lichtinstallationen auf dem gesamten Gelände des Landschaftsparkes wurde nicht gespart.
[ruhr-guide] Dieses Festival ist wirklich ein Unikat unter allen Open-Air-Events des Sommers.
Man mag meinen, dass es wohl als eines der ganz besonderen und kreativsten im Ruhrgebiet gilt. Schon im letzten Jahr luden Bands wie Efterklang, Kollaborationen wie Helge Schneider & José Gonzales oder das französische Orchestra Surnatural zum Eintauchen in andere Sphären ein. Einmal wieder frei sein. Die Gedanken lösen und einfach den Abend genießen. Genau das konnte man letztes Jahr wunderbar tun – ganze drei Tage lang. Und auch diesmal waren es wieder drei kunterbunte Tage mit vielen Eindrücken und Sounds, die noch bis heute im Ohr klingeln, die die Festivalbesucher mitnehmen konnten.
Dabei sein!?
Auch dieses Jahr wartete das Team des Traumzeit Festivals einmal mehr mit einem großartigen Programm auf. Von Caribou, Ólafur Arnalds, Amiina, Patrick Wolf feat. Alec Empire bis hin zu Mogwai, der 2-Kopf-Bands Hundreds und vielen, vielen weiteren gab es sowohl in der Kraftzentrale, der Pumpenhalle, der Gießhalle und auf der Bühne vor dem Gasometer einiges zu sehen und zu hören. Von überall kamen sie her. Aus Schweden, China, Brasilien, England oder sogar Island fanden sich Bands und Soloprojekte, die mit ihren ganz eigenen Musikstilen und Soundkombinationen alte Geister neu erweckten. Wie oft sah man freudestrahlende, tanzende Ü-50er. Oder Familienväter, die ihren Kaufmannsjob zurückließen und sich dafür ergeben. Wie oft kam man ganz einfach über den Künstler und seine Songs ins Gespräch. Oder konnte sich gemütlich in die Liegestühle der improvisierten Mini-Strandbar der Duisburger Bar „Goldengrün“ mit einem leckeren Cocktail in der Hand setzen und der Musik auf der Bühne des Gasometer lauschen – wahlweise natürlich auch mit etwas essbarem in der Hand.
Ein Highlight nach dem anderen beglückte die Ohren und Augen der Zuschauer. Zum einen hinterließen wohl Caribou einen bleibenden Eindruck, als auch Patrick Wolf, der mit Alec Empire performte, und auch die Band hundreds, die die Gießhalle bespielte und mit einer farbenreichen Lichtshow beeindruckte.
Der erste Tag …
Am Freitag, dem 1. Juli 2011, ging es also los: die Traumzeit 2011 startete! Mit Vorfreude, die noch vom letzten Jahr herrührte, folgten viele Sympathisanten und Träumer der Einladung zum Festival. Denn auch ohne Tageskarte konnte man über das bunt bestrahlte Landschaftspark-Gelände flanieren, sich einen Crêpes gönnen und zumindest den Bands vor dem Gasometer Gehör schenken. Im jeweiligen Foyer stehengeblieben, konnte dem bunten Getummel im inneren der Halle durchaus gelauscht werden. In der Kraftzentrale selbst versorgte der ursprüngliche Engländer und Mathematiker Daniel Victor Snaith, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Caribou, das Publikum mit zahlreichen elektronischen Hits und Sounds. Unterstützt von drei weiteren Bühnenmitgliedern lieferten sie dem Publikum, die weitestgehend nur für Caribou zum Traumzeit Festival gepilgert waren, ein tolles Set ab. Die Bühne, ein besonderes Highlight diesen Jahres, war in mitten aller aufgebaut worden – und zudem ebenerdig. Keine Erhöhung störte also die persönliche Kontaktaufnahme zu den Fans.
Schön war zu beobachten, dass zunächst eine Art Sitzkonzert seinen Platz fand, doch schon nach kurzer Zeit das gesamte Publikum stand und zu der Musik der Band kräftig tanzte und feierte. Zum Abschluss gab es ihren berühmtesten Hit „Sun“ in einer extra langen Version, die Frontmann Daniel mit den Worten „Do you wanna dance? Come on stage! Come on, get near to us!?“ einleitete. Ein famoser Ausklang, denn wann hat man eine Band schon einmal so nah vor sich stehen, während sie Musik machen?!
Caribou, Mogwai, Ólafur Arnalds
Nach Caribou hieß es: Mogwai angucken! Also, schnell rüber gehuscht zur Gießhalle und schnell vor der Bühne positioniert. In freudiger Erwartung, war es jedoch recht schwer der Band ohne Ohropax Gehör zu schenken. Der zu laute Sound schmerzte doch leicht in den Ohren, doch der Show an sich tat dies keinen Abbruch. Die Engländer Mogwai lieferten wie gewohnt gut ab und heimsten ordentlichen Applaus ein. Der Geheimtipp des Abends jedoch schien ein junger Mann zu sein, der so bubenhaft und schüchtern am Klavier saß und über seine Songs erzählte, dass man ihm gar nicht abkaufen wollte, welch wunderbare Musik er macht. Die Rede ist von Ólafur Arnalds. Wo Caribou eher die bekannten Hits lieferten und zum Party machen einluden, so konnte man bei Ólafur Arnalds sich eher hinsetzen, zurücklehnen, genießen und der Musik Bewunderung schenken. In einem gemütlichen Wohnzimmer mit Sesseln, Sofas und alten Lampen griff jeder zu seinem Instrument. Mit einer Kombination aus Klavier, Geige, Bratsche, ein paar elektronischen Einflüssen und einem gewissen Maß an Melancholie präsentierte der 25-jährige Isländer mit seiner Band wirklich großartige, traumhafte Stücke. Kein Wunder, dass sie schon mit Sigur Rós auf Tour waren.
Der letzte Tag …
Nach einem wunderbaren Samstag, dem 2.7., der unter anderem von dem Frauen-Streichquartett Amiina, Bands wie Bauchklang, Que sera sera und dem Trio aXolot bestritten wurde, folgte natürlich noch die Nacht der Nächte: die Traumzeit Partynacht. Ab 22 Uhr hieß es: tanzen, tanzen, tanzen. Bis es dann am Sonntag, dem 3.7., dann soweit war, dass es hieß: der letzte Tag bricht an. Wieder einmal bebte die Kraftzentrale: Mit Patrick Wolf und Alec Empire gab es einen wahren Blumenstrauß der guten Sounds. Eine deutsch-englische Kollaboration, die überzeugte! Und das nicht nur, weil beide jungen Männer attraktiv sind und zusammen recht viel Spaß auf der Bühne hatten, nein, besonders Patrick Wolf überzeugte und begeisterte mit seiner einzigartigen, kraftvollen Stimme, die man ihm nicht wirklich zutrauen würde. Den inneren kleinen ‚Opern-Punk‘ liebte das Publikum aber schon nach kurzer Zeit.
Patrick Wolf, Alec Empire, Hundreds
Geständigerweise war ihr Stilmix für einige jedoch etwas zu experimentell. Viele ‚ältere‘ Gäste hatten sich auf eine angenehmes Sitzkonzert á la Ólafur Arnalds mit ruhiger Musik eingestellt und verließen recht bald ihre Plätze. Der Stil der beiden war eher progressiv als ruhig, dennoch für die Dagebliebenen ein echtes Highlight! Patrick Wolf nutzte die Wohnzimmer-Bühne vollends aus. Er wanderte umher, stieg auf den Klavierhocker, nahm die Lampe in die Hand oder ging durch die Tür – gefühlte zwanzig Mal (Scheinbar seine liebste Requisite). Alec Empire hingegen blieb weitestgehend an seinem DJ-Pult stehen, wie könnte er auch anders? Dennoch gab er sein Bestes das Publikum, welches schon kräftig am Tanzen war, mit Handzeichen weiter zu animieren. Patrick Wolf schnappte sich sogar ein paar Mädels am Bühnenrand und tanzte mit ihnen auf der Bühne selbst. Etwas verschüchtert und zugleich stolz murmelten sie dann bestimmt etwas wie: „Patrick Wolf hat mir mit getanzt!?“. Mit reichlich Applaus wurden jene beiden Künstler dann nach nur knapp einer Stunde, was wohl auf den zu langen Soundcheck zuvor zurückzuführen ist, vom Publikum entlassen.
Die Hallen bebten!
Zum guten Abschluss des Ganzen gab es dann in der Gießhalle eine 2-Kopf-Band mit dem schönen Namen Hundreds. Eva und Philipp Milner, die die Band ausmachen, sind zum einen Geschwister und zum anderen wunderbare Musiker. Auf der Bühne werden beide von zwei weiteren Musikern an den Drums verstärkt, die den Sound live komplettieren. Frontfrau Eva gab nicht nur von Anfang an auf der Bühne Vollgas, sondern bezauberte mit ihrer kraftvollen und warmen Stimme. Unglaublich, denn die Hundreds-Sängerin ist körperlich eher der Model-Typ anstatt Gospel-Singer. Auch fielen im Laufe des Konzertes immer mehr Kleidungsstücke von Evas zartem Körper. Von einer Art Mantel bis schließlich zum schwarzen Ganzkörper-Beinkleid. Mit dem ersten Titel „My Racoon“ hatten sie schon zu Beginn alle Zuhörer auf ihrer Seite. Eine wirklich tolle Lichtshow, grandiose Musik, tolle Moves und eine Menge Spaß auf der Bühne überzeugten schließlich jeden. Ihre elektronisch beeinflusste Musik könnte man sowohl als Filmmusik als auch zum Tanzen gehen in die Charts einspeisen. Ein Genre wird bedient, welches alt und jung zugleich gut finden – was sich in einer geforderten Zugabe am letzten Tag des Traumzeit Festivals 2011 bestätigte! Und natürlich kamen Eva und ihr Bruder Philipp noch einmal auf die Bühne, um einen weiteren Song zu performen.
Termine für 2012 frei halten!?
Genau, wie auch solch ein außergewöhnlich schönes Event nach einer Zugabe verlangt! Gut, dass jenes Festival schon eine kleine Tradition aufweisen kann, so dass wir uns keine Sorgen darüber machen brauchen: Das Traumzeit Festival 2012 steht fest! Und wird uns mit Sicherheit auch den nächsten Sommer fantastischer machen!
… Mehr Fotos vom Traumzeit Festival 2011 gibt es auch auf facebook: ruhr-guide!
(anna-lisa konrad)
Fotos: Anna-Lisa Konrad