Pink Turns Blue im Zwischenfall
am 15.05.2004.
Nach dem Verschwinden der Band 1994 fand am Samstag der offizielle Reunion-Gig der wichtigsten deutschen Wave-Band der 80er und Frühneunziger statt.
Gegründet wurde die Band 1986 durch Thomas Elbern und Mic Jogwer. Nach der ersten LP verlässt Thomas Elbern die Band, moderiert bei WDR 1 „Graffiti“, später bei 1Live den „Heimatkult“ und gründete die Band Escape with Romeo. Pink turns Blue entwickeln ihren Stil vom Gitarren-Wave des Debüts weiter, um mit Janez Krizaj (Laibach) als Produzent eine sehr eigenständige, kantige Spielart des Wave zu entwickeln. Als in diesem Bereich nach 3 weiteren Alben alle Emotionen ausgelotet waren, suchte die Band eine neue Herausforderung und emigrierte nach London. Dort experimentierten PTB mit groovenden Rave-Sounds, wurden Teil der dortigen Shoegazer-Szene und nahmen mit Dave Allen (Cure, Sister of Mercy) ein punkiges Gitarren-Album auf. Dann war es still. 10 Jahre später sind Pink turns Blue wieder da und besinnen sich auf ihre Wurzeln.
Solche Konzerte sind ja auch immer eine sentimentale Angelegenheit, weil einem nicht nur bewusst wird wie alt man nun ist, sondern es werden längst vergessene oder vermeintlich verarbeitete Erinnerungen durch die Songs hervorgekramt. Pink turns Blue hatten dieses Konzert schon lange via Internet angekündigt, eine CD mit dem Titel „Re-Union“ herausgebracht und so war es im Zwischenfall brechendvoll. Es lag diese gespannte Erwartung auf ein großes Ereignis im Raum. Und keiner sollte enttäuscht werden.
Da ich etwas zu spät kam, habe ich den Auftritt der Vorgruppe Cold nicht ganz verfolgen können. Cold spielten einen netten (lt. Flyer old-school!) Wave-Rock. Meiner Meinung nach lag der Sänger zwar mit seinem Gesang immer einen halben Ton daneben, aber egal – war trotzdem gut. Für Cold war dies der CD-Release Gig und von der Resonanz des Publikums war der Auftritt wohl auch ein Erfolg. Die CD entstand übrigens unter Mitwirkung von Andi Sex Gang und Faith and the Muse – große Namen also. Reinhören kann nicht schaden.
Dann kamen Pink turns Blue mit Mic Jogwer (Gesang, Gitarre), Thomas Elbern (Gitarre), Reini Walter (Bass), Brigid Anderson (Keybord, Tamburion) und Louis Pavlou (Schlagzeug). Nicht mehr als abgrissene Typen von einst, sondern im schicken Anzug. Als der treibende Basslauf von „Your Master is Calling“ beginnt, ist das Publikum nicht mehr zu halten. Und da ist dann auch wieder dieses bittersüße Gefühl, das EA 80 mit der Textzeile „manchmal bin ich glücklich traurig zu sein“ perfekt beschrieben. Mic singt mit charismatischer Stimme, schreit, kreischt – versucht Inhalte, die sich nicht in Worte fassen lassen, in Form von Tönen, Harmonien oder auch Dissonanzen auszudrücken. Mal steht er entrückt mit Schellenkranz am Mikro, mal steht er mitten im Publikum und singt. Gitarrenwände bauen eine getragene Atmosphäre auf, die durch die warmen Soundbögen der Keyboarderin unterstützt werden. Die Songauswahl bestand vor allem aus Stücken des ersten Albums und so dominierten die echolotenden Wave-Gitarren von Thomas Elbern den Sound. Das Publikum reagiert frenetisch auf die Lieder und feiert die Band. Und mit „Michelle“, „7 Years“, „Catholic Sunday“, „If two Worlds kiss“ und „Touch the skies“ wurden so ziemlich alle großen Stücke aus der Deutschland-Phase von Pink turns Blue gespielt. Interessant auch wie die Stücke der sphärischen, minimalistischen Aerdt LP in das Live-Konzept umarrangiert wurden. Nach zweimaligen Zugaben endete das Konzert mit dem Gefühl, bei einem schönen und großen Konzertereignis dabei gewesen zu sein. Und als dann noch auf dem Fernseher im Zwischenfall das Ende vom Grand Prix lief und Max mit seinem Scheißlied abgeschlagen im Mittelfeld lag, war der Abend vollends perfekt.
Weitere Konzertkritiken finden Sie unter UnRuhr.de, dem neuen Musikmagazin im Ruhrgebiet.
(Mic)