Auch wenn manche Kulturbanausen die Heimat der Currywurst im Rheinland oder in Berlin verorten, das wahre Kernland der Currywurst-Bewegung findet sich im Ruhrgebiet. Und hier liegen auch die 50 kultigsten Pommesbuden des ganzen Landes – alle erfolgreich von der Pommespolizei getestet und im „Pommesführer Ruhr“ zusammengetragen. Wegweisend und und sehr unterhaltsam!
[ruhr-guide] Genau 10 Jahre hat es gedauert, bis der Pommesführer Ruhr neu aufgelegt wurde. Vermutlich hat das Ermittler-Team der Pommespolizei um Henning Prinz – mit dabei Marius Ebel, Holger Müller und Klaus Friedrich – so lange gebraucht, um die angefutterten Kilos ihrer investigativen Recherchen wieder loszuwerden. Bald aber war es wieder an der Zeit, die Frittenranch anne Ecke erneut unter die Lupe zu nehmen und die 50 kultigsten Buden zwischen Emscher und Ruhr im neuen „Pommesführer Ruhr“ zusammenzutragen. Nach wenigen Wochen hat sich der Pommesführer Ruhr schon 10.000 Mal verkauft und seit längerem steht bereits die 2. Auflage in den Regalen der Buchhändler.
Currywurst-Pommes-Mayo
Die Currywurst, beziehungsweise deren besonders reviertypischer Vertreter CPM, neudeutsch auch als Currywurst-Pommes-Mayo bekannt oder auch, wie Axel Schröder sie gerne nennt, „Hamm-Uentroper Carpachio im Dialog mit Ganges und Mumbai“ und das Ruhrgebiet – ein lange Liebesgeschichte. Erfunden wurde die Currywurst 1962 in Datteln von Curry-Franz – zumindest verbürgt sich dafür Manni Breuckmann –, besungen wurde sie vom Revierbarden Herbert Grönemeyer, gegessen wird sie täglich von Millionen Süchtigen zwischen Lippe und Ruhr. Und den Stoff bekommen sie täglich in einer anderen Revierinstitution – der Pommesbude. Obwohl die knallharten Recherchen der Pommespolizei ergeben haben, dass keine Pommesbude im Ruhrgebiet tatsächlich das Wort Bude im Namen führt, wissen wir nun, dass für den durchschnittlichen Tagesbedarf an Currywurst im Pott 1.732 Schweine ihr Leben lassen müssen, die durchschnittliche Universalbude um 11.06 Uhr öffnet, den Abhängigen ab 21.34 Uhr die Leibspeise verweigert und das 82 Prozent der befragten Currywurst-Artisten das Fett genauso häufig wechseln wie ihre Unterwäsche. Wer wirklich wissen will, wie oft das ist, muss sich allerdings den Pommesführer Ruhr zulegen.
Vom Bratwursthäuschen zum Sattmacher
Neben diesen statistischen Glanzleistungen findet sich im „Pommesführer Ruhr“ natürlich vor allem eins – der knallharte Test der Pommesbuden mit besonderem Schwerpunkt auf der Zubereitung von CPM. Von der bekanntesten Currybude des Ruhrgebiets, dem Bratwursthäuschen am Engelbertbrunnen in Bochum – hier wird die besungene echte „Dönninghaus“ serviert – über den Profigrill in Wattenscheid – hier brät ein echter Sternekoch – bis hin zu den echten Geheimtipps des Reviers wie dem Glückauf-Grill in Dorsten oder dem Distel-Grill in Herten findet der Leser hier die Crème de la Crème der Revierbuden.
Und als altes Recklinghäuser Urgestein trägt die Pommespolizei nicht nur die 4350 – was waren das noch für Zeiten – im Namen, sondern hat natürlich auch eine der kleinsten und unscheinbarsten Recklinghäuser Sehenswürdigkeiten in ihrem Buch ein Denkmal gesetzt: dem Imbiss Döveling. Besondere Berühmtheit erlangte dieser nicht nur durch seine CPM sondern vor allem durch die fantastischen Brathähnchen, auf Schleichwegen aus Holland importiert, und der unglaublichen Gewürzmischung in der das beneidenswerte Federvieh baden durfte. Heute wird die geheime Formel in die ganze Welt exportiert.
Zu jedem Grill wissen die Autoren Spannendes, Historisches, Seltsames zu berichten. Genauso
skurril wie die Geschichten sind die zusammengetragenen und eigenhändig gefälschten Statistiken, die besten Bücher aller Zeiten, die von Heiko Sakurai wie immer treffend illustrierten „Wurst und Spiele“ von Beijing 2008 und die höchst amüsanten Bekenntnisse zahlreicher Promis. Wer wusste schon, das wir Dieter Krebs den Text zu „Currywurst“ zu verdanken haben, das Schimmi Currywurst-Pommes-Mayo nur aus der Schale isst oder das Hennes Bender seine Pommes am liebsten in Malzessig ertränkt.
Klasse Texte und Fotos
Das Buch Pommesführer Ruhr hat allerdings noch mehr zu bieten als großartige Texte: Ob Eddi Berkenberg, der sich Pommestüte und Currywurst auf den Unterarm tätowieren lies, die Sattmacher-Ikone oder der Beweis, das Dövelings Feinste Grill-Würze auch bei Schnupfen hilft – sie alle wurden von dem Hamburger Fotografen Marc Eckardt fantastisch in Szene gesetzt. Ein zeitloses Dokument des wahren Ruhrgebiets!
Fazit: Eigentlich stellt sich zum Schluss nur die Frage: was ist hier eigentlich kultiger: dieses Buch oder die getesteten Frittenbuden? Wer noch ein wirklich außergewöhnliches Geschenk sucht, sollte den „Pommesführer Ruhrgebiet“ ins Auge fassen. Aber besser gleich zwei bestellen – einer findet mit Sicherheit den Weg in das eigene Bücherregal.
Pommesführer Ruhr
Die 50 kultigsten Buden
Essen 2008, Klartext-Verlag, Taschenbuchformat, ca. 116 Seiten, ISBN: 3898619982, 9,95 Euro.
(pj)