Wenn einem die Stadt Münster in den Sinn kommt, denkt man sofort an Fahrräder! Die Münsteraner legen viele Strecken auf dem Rad zurück und so kann ihre Stadt getrost als Fahrradmetropole bezeichnet werden! In diesem Sommer jedoch wandelt sich die beschauliche Stadt gar zu einer Kunstmetropole, denn namhafte Künstler aus aller Welt sind gekommen um ihre Skulpturen auszustellen. Das zieht allerhand Besucher und Kunstliebhaber an. Und was machen diese in einer Stadt wie Münster? Sie schwingen sich aufs Rad und entdecken die Kunst.
[ruhr-guide] Zum vierten Mal finden nun in einem zehnjährigen Rhytmus die Skulptur Projekte statt. Ihr Macher ist heute noch dabei! Kasper König setzte sich 1977 zusammen mit Klaus Bußmann, langjähriger Direktor des Westfälischen Landesmuseums, gegen Politik, Verwaltung und entsetzte Einwohner durch und etablierten die Skulptur Projekte in der zeitgenössischen Kunstszene. Nachdem die Skandale 1977 und 1987 groß waren, dankte es ihnen schließlich die Bevölkerung 1997. Auch die strömende Besuchermenge gab ihnen Recht, 500.000 Menschen kamen zu den letzten Skulptur Projekten nach Münster. Und auf die von der Stadt Münster erworbenen Kunstwerke wie z.B. die „Giant Pool Balls“ von Claes Oldenburg am Aasee mag man erst recht nicht mehr verzichten.
Zusammen mit der Kuratorin Brigitte Franzen und der assoziierten Kuratorin Carina Path hat Kasper König in diesem Jahr nach dreijähriger Vorbereitungszeit auch dieses Mal wieder interessante Künstler nach Westfalen geholt. 36 sind es an der Zahl, die allesamt nach Münster aufgebrochen sind, um sich dem ambivalenten Verhältnis von Kunst und Öffentlichkeit zu stellen. Die Kunstproduktion soll sich mit den Gegebenheiten vor Ort beschäftigen und den Einzelnen mit einbeziehen und aktiv teilhaben lassen. So z.B. das Projekt von Mark Wallinger, denn um einen hauchdünnen Faden, eine 0,6 Millimeter dünne Angelschnur in 4,5 m Höhe von Haus zu Haus in einem Umkreis von fünf Kilometern Umfang durch die Stadt zu spannen, brauchte er die Einwilligung von zahlreichen Hausbesitzern zwei Dübel an ihre Hauswand anzubringen. Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich, es gab sofortige Zustimmung aber auch Skepsis. Gar nicht so leicht, den sturen Münsteraner zu überzeugen … Doch am Ende konnte das Projekt verwirklicht werden. Was hat es mit diesem Kreis auf sich, der münsteraner Hausbesitzer zu einer Gemeinschaft verbindet? Bei seinem minimalistischen Projekt beschäftigt sich der britische Künstler mit Grenzziehungen und damit verbundenen Ab- und Eingrenzungen.
Kunst im städtischen Raum – die Künstler waren eingeladen sich mit dem spezifischen Gegebenheiten der Stadt auseinanderzusetzen. Vom Ortsmittelpunkt, dem Domplatz, ausgehend erstrecken sich die Kunstwerke im Stadtkern und dem Promenadenring entlang. Einige Projekte sind außerhalb der Innenstadt zu finden, sie zog es an den Aasee. So haben manche Künstler auch bewusst einen Platz außerhalb der Innenstadt gewählt, um das Thema Natur im Kontrast zur Stadt zu behandeln. So wie der Pole Pawel Althammer einen Trampelpfad am Aasee angelegt hat, der über Wiesen und Felder führt, jedoch an einem Gerstenfeld abrupt endet. Wo geht es weiter? Das kann sich der Kunstentdecker selber überlegen. So ist jeder aufgefordert sich nicht leiten zu lassen, sondern aktiv mitzumachen.
Öffentliche Führungen
Auf die Vermittlung von Kunst wird in diesem Jahr ein Schwerpunkt gesetzt. Insgesamt werden 302 öffentliche Führungen, auch für Menschen mit Höhrbehinderung und gehörlose Menschen angeboten. Auch werden Rundgänge für Menschen mit geistiger Behinderung organisiert. Darüber hinaus steht dem Einzelbesucher ein handlicher Multimedia-Guide zur Verfügung oder er kann an Fahrradführungen teilnehmen. Insbesondere werden auch Kinder, Jugendliche und Familien vom Angebot der Sommerakademie angesprochen. Hier können sich die Jüngeren den ganzen Sommer lang, angefangen von dreistündigen bis dreitägigen Programmen, intensiv mit der Ausstellung auseinandersetzten und selber kreativ tätig werden. Das Ziel ist es, alle in die Diskussion miteinzubeziehen – Diskussionsgrundlage liefern die 34 Projekte der zeitgenössischen Kunstszene mit Sicherheit.
Denn die ausgestellten Werke weichen von dem klassischen Skulpturbegriff ab. Sie reichen von einer verschönerten WC-Anlage am Domplatz von Hans-Peter Feldmann, einer sprechenden Blume aus bemalten Surfbrettern von Marko Lehanka, die uns mit stockender Stimme verwirrende Geschichten erzählt, dem Petting Zoo (Streichelzoo) von Mike Kelley bis zu Theaterstücken und Videoinstallationen.
Die Künstler wollen mit ihren Kunstwerken Aufmerksamkeit erregen, um sich von der Stadtkulisse abzuheben. Ihre Kunst soll die Oberfläche durchdringen und neue Sichtweisen im Hinblick auf die Stadt und die Öffentlichkeit schaffen. Es lohnt sich hinzufahren und sich der Diskussion zu stellen!
Bis zum 30. September haben Sie noch die Möglichkeit die Skulptur Projekte selber anzuschauen. Es gibt drei Infopunkte in der Stadt, die immer von 10-22 Uhr geöffnet haben:
Metropoliskino am Hauptbahnhof
Goldenen Pavillion „Switch+“, Rothenburg 30
Westfälisches Landesmuseum, Domplatz 10
Wenn Sie sich für eine Führung interessieren oder für das Angebot der Sommerakademie, melden Sie sich vorher an:
Besucherbüro
skulptur projekte münster 07
0049 (0)251 5907-201
Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr
besucherbuero@skulptur-projekte.de
Tipp
Es ist ein schönes Erlebnis die münsteraner Skulpturenvielfalt zu erradeln:
Vor dem LWL-Landesmuseum gibt es einen Fahrradverleih
Leihgebühr: halber Tag: 5,- €, ganzer Tag: 10,- €
Für weitere Infos:
www.skulptur-projekte.de
(kt)