Alter schützt vor Kreischen nicht: 12 Jahre nach ihrem Konzert in Dortmund wurden Gary Barlow, Mark Owen, Jason Orange und Howard Donald frenetisch in der KöPi-Arena gefeiert. Mit alten Songs in neuem Gewand und neuen Songs der Marke Pophymne überzeugten Take That bei ihrem letzten Konzert in Deutschland sowie einer bunten, verspielten, rasanten und witzigen Show – Tanzeinlagen inklusive.
[ruhr-guide] Damals, Anfang bis Mitte der 90er Jahre waren sie die Boygroup schlechthin. Die jungen Fans fielen reihenweise in Ohnmacht, wie heute bei Tokio Hotel, die älteren Fans gaben nicht zu Fans zu sein. Jetzt, ein Jahrzehnt später, reiht man sich gemeinsam und sehr diszipliniert in die Reihe vor der Konzertarena – von Massenhysterie keine Spur, Pop ist erwachsen geworden. Und so standen die alten und neuen Take That-Fans aus dem Ruhrgebiet, den Niederlanden, Belgien und England am Abend des 7. November vor der Arena in Oberhausen, ignorierten den Nieselregen und eine wichtige Frage beherrschte die Gespräche: Wird Howard auftreten? Er trat auf und war damit der Star des Abends.
Beautiful World
Als Support sorgten Jamie Scott & The Town mit ihrem soliden Singer-Songwriter-Sound und vor allem mit ihrem Hit „Standing in the Rain“ für angenehme Kuschelstimmung.
Aber dann: Ein Gewitter aus pompösen Barockklängen schallte durch die ausverkaufte Arena, auf der runden Bühne im hinteren Teil der Halle spielten Geigerinnen, tanzte die Entourage in gewaltigen Kostümen. Über die Hauptbühne flimmerten Projektionen, eine Reise durch das All. Dann wurde es dunkel und da standen sie: Gary Barlow, Mark Owen, Jason Orange und Howard Donald zelebrierten vor martialischer Architekturkulisse ihren Song „Reach Out“. Und spätestens jetzt merkte auch der letzte Zweifler was es in den nächsten zwei Stunden geboten bekommen sollte: eine Live-Show auf höchstem Niveau. Und eine Reise um die Welt, schließlich lautete der Titel der Tour „Beautiful World“.
Und natürlich standen da die besten Songs des aktuellen Albums auf dem Programm, die Songs aus der Boygroup-Ära wurden in völlig neuen Versionen gespielt. Da wurden aus den ursprünglichen Tanzknallern „It only takes a minute“ oder „Could it be magic“ wunderbare Balladen, „Everything changes“ wurde sehr percussiv gespielt und bei „Relight my Fire“ wurde gleich eine ganze Voodoo-Show mit toller Pyrotechnik inszeniert.
Routiniert und mit sehr viel Spaß präsentierten Take That ihre Show. Zugleich waren sie traurig darüber, dass ihre Tour durch Deutschland schon wieder vorüber ist. Und immer wieder gab es Applaus für Howard Donald, der zum ersten Mal auf der Deutschlandtour beinahe beim ganzen Programm auf der Bühne dabei war, lediglich die Tanzperformances, die sehr viel Körpereinsatz erforderten, ließ er aus.
Tänzerische Höchstleistungen
Stichwort Tanz: Da gab es dann noch die Stücke „Sure“ und „Pray“, bei denen Gary, Mark und Jason beinahe wie früher zu tänzerischen Höchstleistungen aufliefen – nicht ohne das eine oder andere Schmunzeln hinsichtlich der zum Teil doch sehr unmodisch gewordenen Verrenkungen. Ein Song allerdings bedurfte keinerlei Tanzeinlagen, der Höhepunkt des Abends war mit Sicherheit das programmatische „Back for good“, das von den Fans lauthals mitgesungen wurde. Noch einmal die Arme in die Luft reißen konnte man dann zum Ohrwurm „Never forget“, bei dem allerhand technische Rafinessen ein wunderbares Bühnenbild mit Laufband und Videoprojektionen zum Einsatz kamen.
Nach eindrucksvollen 90 Minuten verabschiedeten sich Take That aus dem Ruhrgebiet, mit dankenden Worten an ihre Fans. Und diese mussten ihre Jungs gar nicht lange bitten: Zur Zugabe „Shine“ verwandelte sich die Bühne in einen Tanzsalon der 20er Jahre und Mark Owen ließ in altbewährter Manier die Mädchen- bzw. Frauenherzen höher schlagen. „Pray“ war dann der Abschlusstitel und es wurde noch einmal getanzt.
Das einhellige Fazit lautet: Das war mal ein richtig gutes Popkonzert. Man konnte ein wenig aus seiner Jugendzeit in die Gegenwart retten ohne die Stressfaktoren wie Kreislaufkollaps vor der Bühne, stundenlanges hysterisches Kreischen, Heulkrämpfe usw. So macht Musik einfach Spaß. Da bleibt zu hoffen, dass Take That nicht wieder zu ihren „richtigen Jobs“ zurückkehren, sondern ihrem Publikum noch lange erhalten bleiben!
(sl)