Was meint der Dalai Lama mit Freiheit? Kabarettist und Naturwissenschaftler Vince Ebert bleibt nicht an der Oberfläche. Seine Themen beziehen sich auf die existenzielle Frage nach der Freiheit des Geistes und des Menschen selbst. Neongelbe Flatterbänder mit der Aufschrift „Ab hier Freiheit“ umwehen ihn und auf seiner Homepage steht sogar ein kleines Stück Freiraum in Form eines Bastelbogens zum Download bereit. Der Mann meint es ernst. Unter der Regie von Dr. Eckart von Hirschhausen ist Vince Ebert auch 2013 mit seinem Programm unterwegs und proklamiert für jeden sicht- und hörbar: Freiheit ist alles!
[ruhr-guide] Oft wurde auf dieser Welt schon um Freiheit gekämpft, egal ob es nun „Free Tibet“ oder „Die Mauer muss weg“ hieß. Besonders die Deutschen haben nach der Wende erfahren, was es heißt, frei zu sein. Doch was genau ist das freie Denken, zu dem Ebert schon 2008 in seinem erfolgreichen Programm „Denken lohnt sich“ aufrief? Wie weit schränken Facebook und EU-Verordnungen den eigenen Willen ein, ohne dass wir es merken? Vince Ebert, Diplom-Physiker mit Einserabschluss, bleibt nicht auf flachem Niveau, wenn es darum geht, politischen Ernst mit Kabarett aufzulockern. Dabei bleibt es gar nicht erst bei leeren Worten. Mit Tanzeinlagen, grenzwertigen Experimenten und Ironie will er den Freiheitskämpfer in jedem von uns wecken. Eine Anleitung zum freien Denken auf die andere Weise. So rechnet Vince Ebert auch mit einem querdenkenden Publikum, das sich auf seine Philosophien und den naturwissenschaftlichen Humor einlässt und nicht davor zurückschreckt, selbst zu denken.
Wissenschaft frei zugänglich für jeden
Die kabarettistische Karriere von Vince Ebert begann erst 1998, nachdem er bereits sein Studium abgeschlossen und in der Marktforschung gearbeitet hatte. Er trat auf verschiedenen Bühnen wie dem Schmidt Theater in Hamburg oder dem Kom(m)ödchen Düsseldorf auf und erlangte auch im Fernsehen bei den „Mitternachtsspitzen“ oder „TV total“ schnell Bekanntheit. Heute würde man ihn wohl am besten als Wissenschaftskabarettist bezeichnen. Denn Vince Ebert ist es wichtig, akademische Inhalte mit der passenden Prise Humor zu würzen, sodass sowohl der Studierte als auch der Laie Interesse an seinen Gedanken und Theorien bekommt. Schon 2004 erklärte Ebert: „Physik ist sexy“. Somit lassen sich beinahe Parallelen zu einem typischen Science Slam ziehen, wo es ebenfalls darum geht, naturwissenschaftliche Anliegen anschaulich und meist humoristisch und auch kritisch darzustellen.
Freiheit ist alles – 2013 auf Tour
Der kritische Blick ist es auch, der Vince Ebert als Kabarettist und Akademiker ausmacht. Auf der Bühne gestikuliert er, stellt seine Theorien auf dem „analogen iPad“ grafisch dar oder rockt zu Scheinwerferlicht und Nebel, um eine Studie zu prüfen, nach der Männer unterschiedlich attraktiv tanzen. Mit einer physikalischen Berechnung stellt er fest, dass es im Himmel wärmer ist als in der Hölle und ganz heiß geht es her, als er auf der Bühne Geld verbrennt. Macht einen diese Handlung freier? Vince Ebert provoziert und lässt das Publikum nachdenklich werden. So sperrt er sich vor der Pause mit seinem gelben Flatterband demonstrativ eine Raucherzone ab und steckt sich im Saal einen Glimmstängel an – als Nichtraucher. Nebenbei nutzt er die Freiheit ebenfalls, um sich zu politischen Fragen und Religionsfreiheit zu äußern. Zum Abschluss fordert er in einem musikalisch unterlegten Monolog noch einmal zur Gedankenfreiheit auf und wird dabei vom Publikum gefeiert.
Zauberei und Witz mit Niveau
Da darf natürlich eine Zugabe nicht fehlen. Von Regisseur Dr. Eckart von Hirschhausen angeleitet, gibt Ebert einige Zaubertricks zum besten, welche er mit einem gehauchten „magic“ unterstreicht und dem Zuschauer auf ironische Art Einblick in die Simplizität der Zauberkunst verleihen. Wer dann noch ein Stück Freiheit mit nach Hause nehmen will, erhält am Ausgang ein kleines Stück des gelben Flatterbands zum Mitnehmen. Die Mischung von Witz, Ironie und Denkanstoß ist beeindruckend und lässt knapp zwei Stunden genialen Kabaretts wie im Flug vergehen. Von Januar bis Dezember ist Vince Ebert deshalb unermüdlich in ganz Deutschland unterwegs, um den Leuten das Denken beizubringen, bevor es andere für sie tun. Dazu fordert er auch in seinem ersten Buch „Denken Sie selbst! – Sonst tun es andere für Sie“ auf.
Hirschhausen assistiert
Die Regie beim aktuellen Programm ist ebenfalls prominent. Dr. Eckart von Hirschhausen, mit seinem medizinischem Kabarett bekannt, unterstützte den lustigen Physiker tatkräftig – und das schon länger. Auf der Hörbuch-Version von Vince Eberts Buch spricht Hirschhausen persönlich das Vorwort. Der Krawattenmann 2009 weiß ebenso wie Ebert, dass Wissenschaft und Doktortitel keinesfalls davon abhalten, zu lachen – und erst recht nicht zu denken.
(sarah bauer)
Bildquellen:
Frank Eidel
Alexander Kursawe
Sarah Bauer