Seit geraumer Zeit entdecken immer mehr Schulklassen die Blockflöte wieder. In der Regel ist sie für alle finanzierbar, sie ist klein und passt eigentlich in jede Schultasche. Was liegt näher, als zunächst einmal denjenigen einen Workshop anzubieten, die anschließend die Instrumentenbauprojekte betreuen sollen.
Neue Wege beschreitet die Firma Mollenhauer seit geraumer Zeit in Sachen Blockflötenbau. Ausgestattet mit einer Reihe von Rohlingen, dem entsprechenden Zubehör und mindestens einem Bohrständer werden immer häufiger außerhalb des Firmensitzes in Fulda verschiedene Instrumente der Modellpalette gebaut. Gedacht sind derartige Aktionen eigentlich für Schulklassen, denn man hat festgestellt, dass sich diejenigen, die ihr Instrument selbst bauen, anschließend nicht mehr davon trennen möchten. Was liegt näher, als zunächst einmal denjenigen einen Workshop anzubieten, die anschließend die Instrumentenbauprojekte betreuen sollen.
Die Idee eines Blockflötenbauseminars für Lehrerinnen und Lehrer war im vergangenen Jahr im Landesinstitut in Soest im Rahmen eines mehrtägigen Workshops mit dem Schwerpunkt Klassenmusizieren entstanden. Viele Monate sind seither vergangen und lange war nicht klar, ob die Mindestteilnehmerzahl erreicht werden würde. Am 16. April konnte das Projekt dann durchgeführt werden, denn kurzfristig waren noch einige Interessenten aufmerksam geworden. Beste Voraussetzungen bot der Tagungsort mitten im Oberbergischen, vom Großraum Köln aus ebenso gut zu erreichen wie von Norden oder Süden über die A 45. Die Instrumente, die im Rahmen des Seminars entstanden sind, sind ohne Einschränkungen einsatzfähig und diejenigen, die entweder eine Alt- oder eine Sopranflöte gebaut haben, sind nicht mehr davon abzubringen, eine solche Maßnahme möglichst schnell in der eigenen Schule anzubieten.
Häufig arbeiten Schule und Musikschule eng zusammen, insbesondere dann, wenn mit einem aufwändigeren Instrumentarium gearbeitet wird. Überall dort, wo sich Musikklassen bereits etabliert haben, finden Überlegungen statt, die Angebote auszuweiten. In der Regel entwickeln sich derartige Profilklassen zu einer Art Aushängeschild für die Schule. Sie sind zuständig für musikalische Rahmenprogramme zahlreicher schulischer Veranstaltungen.
Nach wie vor ist allerdings die Frage unbeantwortet, welche Angebote denjenigen gemacht werden, die – aus welchen Gründen auch immer – keinen Platz in einer solchen Profilklasse finden.
Für einen Teil der Schülerinnen und Schüler beginnt die musikalische Grundausbildung erst an der weiterführenden Schule. Alles spricht dafür, diese Grundausbildung möglichst praxisnah beginnen zulassen.
Seit geraumer Zeit entdecken immer mehr Schulklassen die Blockflöte wieder. In der Regel ist sie für alle finanzierbar, sie ist klein und passt eigentlich in jede Schultasche. Nichts spricht dagegen, mit dem Instrument so zu arbeiten, wie es auch in zahlreichen anderen Konzepten geschieht: mit wenigen Tönen und einem entsprechend arrangierten Playback lassen sich schnell erste Erfolgserlebnisse anbahnen. Dass das tatsächlich funktioniert, belegen inzwischen zahlreiche Beispiele von Schulen, in denen ganze Jahrgangsstufen das Instrument entdeckt haben. Zumindest dort konnten eine Reihe von hartnäckigen Vorurteilen überwunden werden.
Es mag Menschen geben, die sich nur ungern an quasi-traumatische Kindheitserlebnisse mit dem Instrument erinnern. Bisweilen wurde es von Gegnern – nicht ganz zu Unrecht – als hölzerner Inbegriff der Anspruchslosigkeit bezeichnet. Es muss kaum erwähnt werden, dass bei einer Arbeit im Rahmen des schulischen Musikunterrichts eine Reihe von Qualitätsmerkmalen berücksichtigt werden sollten. Übrigens gibt es seit langer Zeit auch hochwertige Instrumente aus Kunststoff. Das Traditionsunternehmen Mollenhauer beispielsweise bietet ein Einsteigermodell an, das inzwischen auch preislich mit Herstellern von Massenprodukten konkurrieren kann.
Alle Bausätze bestehen übrigens aus einem Kunststoffkopf, der in Einzelteilen geliefert wird, und einem Unterteil aus Holz. Die einzelnen Tonlöcher werden gebohrt und nachbehandelt. Am Ende des Lehrgangs werden die Instrumente zum Leben erweckt, indem erste Töne sanft angeblasen werden. Geübt wird in den Kursen grundsätzlich zunächst an einem ausgemusterten Unterteil einer Flöte.
Am Ende des Tages werden Ideen ausgetauscht. Denkbar wäre zum Beispiel die Einrichtung einer Blockflötenklasse. Im Laufe des Schuljahres könnte sich dann ein Workshop anschließen, im dem wahlweise entweder eine Sopran-, eine Altflöte oder ein Clarineau gebaut würde. Das Clarineau ist übrigens eine Kreuzung aus Blockflöte und Klarinette. Besonders in den mittleren Lagen kommt es dem Klarinettenklang erstaunlich nahe.
Welche Voraussetzungen müssten Interessenten an einer Blockflötenklasse mitbringen? Bei genauem Hinsehen stellt sich eine solche Frage eigentlich nicht, denn einzige Voraussetzung ist das Interesse an einem solchen Projekt. Die Arbeit mit der Blockflöte bietet zahlreiche Varianten, so dass auch diejenigen gefordert und gefördert würden, die bereits Vorerfahrungen haben. Nach einem Workshop, in dem – je nach Interesse – verschiedene Instrumente gebaut werden, entsteht ein Klassenorchester, das sich klanglich sehr deutlich von einer reinen Blockflötengruppe unterscheidet. Ein solches Modell könnte eine echte Alternative zu Profilklassen mit Musikschwerpunkt (Bläser-, Streicherklasse) sein, denn der finanzielle und organisatorische Aufwand bleibt auch dann überschaubar, wenn es in mehreren Klassen parallel zum Einsatz käme. Eine solche Klasse wäre im engeren Sinne keine Profilklasse, denn es gibt keine Auswahlkriterien (kein Instrumentalvorspiel, kein Eingangstest, keine Bevorzugung leistungsstarker Schüler …). Im Idealfall ließe sich das Modell auf einen ganzen Jahrgang übertragen.
Spätestens seit der Bastian-Studie, einer Langzeituntersuchung an Berliner Grundschulen, ist die Praxis des Musikunterrichts stärker ins Blickfeld geraten. Zwar ist unbestritten, dass die tatsächlichen Ergebnisse der Studie häufig überinterpretiert und nicht immer sachlich gehandelt wurden (Musik macht intelligent!), aber wenn nur ein Funken Wahrheit an der Aussage von Eckart Altenmüller ist, dass ein Kind die neuronalen Netzwerke, die es im Zusammenhang mit dem Spielen eines Instruments anlegt, nie wieder verliert, dann sollte das Grund genug sein, über oben skizzierte Angebote ernsthaft nachzudenken. Abgesehen davon sollte man aber vielleicht im Zusammenhang mit Musikpraxis nicht in erster Linie einen möglichen Aufbau von Karrieren im Blick haben, sondern vielmehr eine gesteigerte Lebensqualität.
(Stefan Wennemann)