Der Regionalcomic „aufRuhr. 16 Comics aus dem Ruhrgebiet“ präsentiert seine ganz eigene Sicht auf das Ruhrgebiet. Fernab von Erlebnisgastronomie in stillgelegten Zechen oder grauen Betonwüsten, Arbeitslosigkeit und Strukturwandel erzählen keine Touristenführer sondern Insassen skurrile, witzige und nachdenkliche Geschichten über das Revier.
[ruhr-guide] „Das Ruhrgebiet als Kulturhauptstadt! Was sagen Sie dazu, Jamiri?“ wird der Hauszeichner von Spiegel und Unicum im Opener des von ihm herausgegebenen Comic-Bandes „aufRuhr“ gefragt. Seine Antwort ist typisch Jamiri: „Ach. Dieser Ort allein ist weder faszinierend, schön oder angenehm. Deshalb müssen die, die hier leben, das Faszinierende, Schöne und Angenehme immer wieder selbst dem Ort hinzufügen.“ Und was dann folgt ist ein deutliches „Pflopp“! Noch Fragen?
Dieses „Pflopp“ konnte man vermutlich auch hören, nachdem Jamiri erst einmal ein Bier aufgemacht hat, als die Arbeit getan war. Immerhin hat ihn nach eigener Aussage noch keine Publikation so viele Nerven gekostet wie „aufRuhr“. Aber zu seiner Beruhigung: Die Anstrengung hat sich gelohnt! Herausgekommen ist mit „aufRuhr“ ein bunter Reigen von Comic-Künstlern aus dem Ruhrgebiet, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Gemeinsam ist den sechzehn Autoren allein das Thema Ruhrgebiet. Und, wie Fritz Eckenga in seinem Vorwort anführt: „Hier wurden nicht Ortsfremde zu Touristenführern umgeschult, hier waren echte Insassen am Werk!“ Und das wird schon nach wenigen Seiten deutlich. Die Geschichten in „aufRuhr“ handeln nicht von der schönen neuen Industriekulturwelt des Reviers, aber ebenso wenig von den Klischees des grauen, betonierten Ruhrgebiets mit seinen Zechen und Trinkhallen. Diese Comics sind anders, ganz anders.
Stahlgolem und Zugvögel
Ob Zugvögel, die lieber bei einem Glas Pils sitzen bleiben, als sich auf den Weg zu machen, Dinosaurier, die Fußball spielen, Rentner, die einen schweren Tag am Fenster hinter sich bringen, ein Stahlgolem – konstruiert von alten Ruhrpottmalochern – der eines Tages das CentrO plattwalzen wird oder Wölfi, der Sänger der Wattenscheider Kultband Kassierer, der das Fliegen lernt – selten hat man solch eine Bandbreite an skurrilen und unterschiedlichen Geschichten in einem Buch zum Ruhrgebiet gefunden.
Zwischendurch warten in „aufRuhr“ auf den geneigten Betrachter alte Bekannte, so beispielsweise „Die seltsamen Abenteuer der Ente Alfred Jodocus Kwak“, die der gebürtige Hattinger Harald Siepermann zusammen mit Herman van Veen zeichnet. Oder auch Dr. Bubi Livingston von Johann „Hansi“ Kiefersauer, der schon seit Jahren aus der WAZ nicht mehr wegzudenken ist. Weiterhin mit dabei sind die Comic-Größen Katrin Assmann, Martin Baltscheit, Vincent Burmeister, Hendrik Dorgathen, Helge Jepsen, Ulf K., Frank Lucas, Ari Plikat, Christian Schellewald, Rainer Stock, Toddy, Klaus Trommer und Michael Vogt.
Grandioser Start
Erschienen ist „aufRuhr“ als erster Titel bei KonturBlau. Der neue Verlag wird unter der Leitung von Dirk Niewöhner ausschließlich Regionales verlegen und sich räumlich auf NRW konzentrieren. Neben Comics werden auch Bildbände und Bücher zum Verlagsprogramm gehören.
Fazit: Der Comic-Band „aufRuhr“ ist ganz großes Kino! Selten hat man eine solche Bandbreite an herausragenden Comic-Künstlern in einem Buch versammelt gesehen, die sich auf so unterschiedliche Weise dem Thema Ruhrgebiet nähern, ohne auch nur ansatzweise in Klischees zu verfallen – egal ob alten oder neuen. Unbedingt lesen! Darauf erstmal ein „Pflopp“!
aufRuhr. 16 Comics aus dem Ruhrgebiet
Hrsg. Jan-Michael Richter (Jamiri), Vorwort von Fritz Eckenga, ISBN 13: 978-3-939565-00-0, ISBN 10: 3-939565-00-8, 56 Seiten, durchgehend farbig, Hardcover, Format DIN A4, Preis 14,00 Euro
(pk)