Brigitte Kraemer: Mann und Auto

Brigitte Kraemer: Mann und Auto

Er bewundert es, streichelt es, er putzt es, er sitzt darin, davor, dahinter, daneben, er liegt drunter, er kocht darin, er lebt darin, er posiert vor ihm, er spiegelt sich in seinem Chrom wider, er liebt es. Die Fotografien von Brigitte Kraemer liefern die männlichen Variante von Pin-Up-Fotos, das im Klartext Verlag erschienene Buch zeigt die ungehinderte Lust am Objekt, zwischen Besitzerstolz und Geilheit.

[ruhr-guide] Als Frau betrachte ich meinen Kleinwagen als Gebrauchsgegenstand, als praktisches Vehikel den Brigitte Kraemer: Mann und AutoÖPNV zu unterwandern, als fahrbaren Untersatz. Ich tanke es, fahre es in unregelmäßigen und auch oft zu langen Abständen durch die Waschanlage, konktrolliere hin und wieder den Ölstand und vor längeren Fahrten den Reifendruck, fülle, wenn erforderlich, Kühl- und Scheibenwisch- wasser nach. Nicht mehr und nicht weniger. Männer dagegen gehen anders mit ihrem Auto um. Das habe ich immer gewusst, durch das vorliegende Buch mit den Fotografien von Brigitte Kraemer wird die Ahnung offen gelegt: Mann und Auto gehören zusammen wie Topf und Deckel, dabei ist das „Auto für den richtigen Mann, was für den archaischen Menschen ein Gott war, ein Gegenstand absoluter Hingabe, anhaltender Unterwerfung und ergebener Pflege“ (Jürgen Lodemann im Vorwort). Wir haben es schon immer gewußt, jetzt liegt der Beweis in Buchform vor, mit 108 Fotografien in schwarzweiß oder Farbe.

Und so findet man in „Mann und Auto“ den Mann und das Objekt seiner Begierde, in allen nur erdenklichen Lebenslagen. Da fängt das Buch fast schon programmatisch mit der Nachwuchsförderung an: Die ersten beiden Aufnahmen zeigen stolze Väter, die ihre männlichen Sprösslinge an ihr Heiligtum heranführen und machen diese somit zu den stolzesten Sohnemännern – und da greift der dem Führerscheinalter weit entfernte Bursche schon einmal beherzt zum Lenkrad. Nur zwei Seiten später sehen die Beifahrer gänzlich anders aus: Hier ist es ein Teddybär im XXL-Format, die Trophäe im Cabrio, dort ist es der Hund, ein Cocker Spaniel, der neben seinem Herrchen ebenfalls eine gute Figur abgibt.

Warum mag der Mann das Auto?

Diese Frage stellt sich Frau an sich, im Buch „Mann und Auto“ auch Gerburg Jahnke im Vorwort. Dabei schlawenzelt sie um die Beantwortung dergestalt herum, dass sie lieber von ihrer eigenen Erfahrung mit einem VW Bus, bei dem der Motor hinten war, mit Mechanikern in Rippenunterhemden und den sauberen Computerfachleuten mit Hausmeisterkitteln in den heutigen modernen Werkstätten erzählt. Dann aber doch: „Wenn der Mann seine Frau nicht verstehen kann, wenn er nicht weiß, warum sie nicht funktioniert, wenn es keine Werkstatt für verhaltensauffällige Frauen gibt und wenn sie sich nicht an den Kontrollrechner anschließen lässt, wenn er ihren Blinker nicht sieht und ihre Lichthupe nicht wahrnimmt, wenn er nicht folgen kann, warum sie sich nach rechts wendet und dann wieder woanders hin und wenn er gar nicht versteht, warum sie plötzlich anhält und nicht wieder anspringen will, dann ist das für einen Mann – zugegebenermaßen – eine schwierige, wenn nicht gar unbefriedigende Situation … Der Mann – frustriert und verunsichert – macht sich auf die Suche nach etwas weniger Unkompliziertem und findet: das Auto!“

Fazit: Der Bildband „Mann und Auto“ zeigt eine ganz besondere Verbundenheit von Mensch und Maschine, ob cool, kreativ oder absurd. So kennt man den Mann, hat ihn aber, aufgrund dieser bildgewaltigen Fülle, noch nie so gesehen.

Brigitte Kraemer: Mann und Auto

Fotobuch, 128 Seiten, zahlreiche, zum Teil farbige Abbildungen, Festeinband, 24,90 Euro, ISBN 3-89861-658-4, Klartext Verlag Essen, 2007
Mit einem Vorwort von Jürgen Lodemann und Gerburg Jahnke.

(sl)

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