Zeche Bochum. Legende und Mythos

Zeche Bochum. Legende und Mythos

Vor einem guten Jahr feierte der legendärste Liveschuppen im Ruhrgebiet, der „bekannteste Club in Deutschland“ ein großes Jubiläum. Jetzt gibt es das Buch zur Kult-Location, in dem von 25 wilden Jahre erzählt wird und eine großartige fotografische Rückschau auf Stars und Gäste geworfen wird.

[ruhr-guide] Wer im Ruhrgebiet groß wurde und sich für Zeche Bochum. Legende und MythosMusik interessierte, landete irgendwann unweigerlich an der Prinz-Regent- Straße in Bochum. Hier, auf Zehenspitzen auf der vorderen Treppe stehend oder direkt vor der Bühne tobend, war man auf seinem ersten Konzert und auf der Bühne: die Lieblingsband! Das erste Konzert vergisst man nie, die ZECHE Bochum hatte fortan eine besondere Bedeutung für mehrere Generationen von Musikfreaks aus dem ganzen Lande.

Und trägt das Buch von Zechenmitbegründern, Machern, Revierkennern und Musikurgesteinen selbstverständlich zur Legendenbildung bei, „ist die ZECHE Bochum sicherlich eine lebende Legende und schon zu Lebzeiten zum Mythos geworden“. Hier werden Geschichte und Geschichten live erzählt, von Menschen die dabei waren, als es losging, als es rappelvoll war, als die absolute Lieblingsband spielte – lebendigste Geschichte auf der Bühne, davor und dahinter. Das Buch erzählt von der inoffiziellen Eröffnung am 6. November 1981, als die „Zapfer und der Service vom Ernstfall völlig überfordert“ waren oder „ZECHE Dreck“, die erste Schmiererei auf dem Klo, für Fassungslosigkeit sorgte, von Rockpalast-Nächten und ausverkauften Konzerten von beispielsweise R.E.M., kollabierenden Radau-Mädchen, die hyperventilierten, weil sich Blixa Bargeld mit dem Mikro die Lippe aufschlug, vom Kult-DJ Juno, der eine Menge Bier vertrug, von einem „zeitgenössischen Studentenhaschpunkdrogenhippie aus Herne-Süd … vom wilden Leben im Ruhrgebiet und der Kultur, die damit auch aufkam.

Die ganz Großen – alle waren da

Und natürlich von den Künstlern, Musikern und Bands, die in der ZECHE Bochum auftraten. Von ihnen wird viel erzählt, aber noch mehr gezeigt. Denn neben den vielen Geschichten von damals gibt es zahlreiche Fotografien, manchmal sogar doppelseitig und authentisch hauptsächlich in schwarz-weiß. Da schreit Rio Reiser ins Mikro, trägt Zeltinger abgekämpft ein Handtuch auf dem Kopf, sitzt John Cale allein im Scheinwerferlicht auf der Bühne, posen Laibach brandgefährlich, blickt Farin Urlaub gen Himmel, suchen Talk Talk die Nähe zum Publikum, wird Nena Backstage erwischt, trägt Götz Alsmann zwar schon Tolle, aber noch keine Brille, schnipst Chris Rea mit den Fingern, freut sich Herbert Grönemeyer sichtlich, fetzt Tina Turner über die Bühne. Man erfährt beim Durchblättern des Zechenbuchs nicht nur, dass sich die Top-Stars verschiedener Szenen die Klinke in die Hand gaben, vor allem die Atmosphäre ist zu spüren…

Vor allem, wenn man die Bilder der Besucher anschaut, jung, wild, Zechenleute. Manchmal stehen sie einfach nur rum, oder sitzen auf der Treppe – ein beliebter Sport noch heute. Es sind die 80er Jahre pur, wenn die glänzenden Pumps inmitten eines Scherbenhaufens stehen oder der Punk mit seiner weißen Ratte in der Hand und geschlossenen Augen Blues tanzt. Erinnerungen.

Kultur, Kultur, Kultur

Neben den sehr spannenden und bisweilen schrägen Erzählungen von Machern und Besuchern, dem großen Thema Jugend- wie Subkultur, kommt auch die echte Kultur im Buch „ZECHE Bochum. Legende und Mythos“ nicht zu kurz. So wird schnell offensichtlich, dass der Strukturwandel, die Neunutzung alter Industriegebäude, hier bereits betrieben wurde, als man im Ruhrgebiet noch lange keine Industriekultur kannte. Im Fahrwasser der ZECHE entstand das Studio Bochum und das Prinz Regent Theater. Und dann wird es bunt im Buch. Konzertfotos aus den letzten Jahren zeigen, dass es in der ZECHE nach wie vor rockt. Und Prof. Dieter Gorny weiß gar, dass „das große emotionale Erlebnis in Gestalt von live erlebter Musik eine ständig wachsende Nachfrage erlebt … „analoge“ Communitys (sind) trotz MySpace wieder in …“. Also: Auf in die ZECHE, aber erst das Buch lesen!

Claus Fr. Dürscheid / Bernd Kowalzik

Zeche Bochum
Legende und Mythos

1. Auflage November 2007, Klartext Verlag, Essen
196 Seiten, farb. Abb., € 19,95, ISBN 978-3-89861-624-9

(sl)

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