Zwischen Duisburg und Bergkamen erstreckt sich eine in Europa einzigartige Landschaft: Der Emscher Landschaftspark. Diese grüne Lunge des Reviers beleuchtete die Wanderausstellung „graublaugrün – Das Revier atmet auf: Der Emscher Landschaftspark“. Die Schau setzte sich in beeindruckenden Bildern von Gelsenkirchen über das Rheinland bis Dortmund mit der Geschichte und der Zukunft der Landschaft im Ruhrgebiet auseinander.
[ruhr-guide] Drei Farben symbolisieren das Ruhrgebiet: Grau steht für den Geist des Ortes, für die Industrieruinen und die Vergangenheit des Reviers. Blau ist der Himmel über den Städten des größten Ballungszentrums Europas nicht erst seit dem Niedergang von Kohle und Stahl und ist sogleich zukunfts-weisend für die angestrebte Sauberkeit der Emscher. Grün steht schließlich für die entstandenen und noch in der Planung befindlichen Park- und Gartenanlagen.
Die vom Museum für Europäische Gartenkunst der Stiftung Schloss und Park Benrath in Düsseldorf erarbeitete Ausstellung beschäftigte sich mit dem Transformationsprozess, dem Strukturwandel, der im Ruhrgebiet vollzogen wurde und holte diesen ins Bewusstsein zurück. Vor allem außerhalb der Region besteht immer noch das Klischee vom dreckigen, grauen „Pott“. Mit historischen Lithographien, Plänen, Fotografien und Videos gab „graublaugrün“ einen Überblick von den Anfängen der Industrialisierung der Emscherzone, dem Raubbau an der im Norden dünn besiedelten Landschaft durch die Ansiedlung von Zechen und Fabriken ohne städtebauliche Ordnung, über die gestalterische Idee einzelner Grünräume, die auf einer Strecke von 70 Kilometern zum Aushängeschild einer gebeutelten Region geworden sind.
Dass das Ruhrgebiet in den Zeiten von Kohle und Stahl auch ein lebenswerter Raum war, zeigten einige Schwarzweiß-Fotografien. Dabei standen die Bilder „Trümmergrundstück in Essen-Segeroth“ von Horst Lang und „Fußballspiel auf einer Freifläche vor der August Thyssen-Hütte“ von Willy van Heckeren stellvertretend für den Spagat zwischen Industrie und Mensch. Den Rückzug der Industrie markierte ein Zusammenschnitt von Filmaufnahmen eines Hobbyfilmers, der akribisch Sprengungen und Abbrucharbeiten von Industrieanlagen mit nüchternem Blick dokumentierte. Vom Warnsignal bis zum Verrauchen der Staubwolke gingen Hallen, Schornsteine, Fördertürme und Gasometer unter Ohren betäubendem Krach zu Boden, und machten Platz für die Rückeroberung der Natur. Und wie die Natur sich ihren Platz zurück eroberte zeigten die fotografischen Aufnahmen der Parks und Gärten des Emscher Landschaftspark, die das industrielle Erbe künstlerisch-innovativ einbeziehen: Vom Landschaftspark Duisburg-Nord über den Westpark Bochum zum Seepark Lünen. Der Besucher sah die behutsamen Eingriffe in die Natur und bekam Lust, diese Orte selbst aufzusuchen.
Ein weiteres großes Thema der Ausstellung „graublaugrün“ waren die Landmarken, auf einem großen Plan vom Ruhrgebiet durch Fahnen markiert und von Kamp Lintfort bis Bönen die gesamte Emscherzone durchziehen. Als Landmarken fanden sich in der Ausstellung ebenso die erhaltenen und heute neu genutzten Industriegebäude selbst wie der Gasometer Oberhausen oder die Zeche Zollverein oder gestaltete Kunstwerke wie der Tetraeder in Bottrop und die Bramme für das Ruhrgebiet in Essen.
Mit dem Emscher Landschaftspark ist ein Landschaftstyp entstanden, der für die zeitgenössische Gestaltung von Industriebrachen in einer zersiedelten Stadtlandschaft international zum Vorbild geworden ist. Es ist die einmalige Symbiose von Industrienatur und Industriekultur, die diese neuartige Landschaft entlang der Emscher zu einer touristischen und gartenkünstlerischen Attraktion werden lässt. Auf dem Weg zum Landschaftspark sind die einzelnen Parks und Landschaftsgärten ein verbindendes Element im Ruhrgebiet. Denn nur durch diese neuen landschaftlichen und städtebaulichen Qualitäten kann der Strukturwandel im Ruhrgebiet fortgesetzt werden und attraktiv für neue Firmen und Unternehmen sein.
Sehr anschaulich ging die Ausstellung mit der Wahrnehmung einer Region um, und ist vor allem für diejenigen interessant, die das Ruhrgebiet bisher nicht von dieser Seite kennen gelernt haben.
(sl)