Hamborn 07: Einer der vielen Duisburger Traditionsvereine, Sinnbild für das gesamte Revier – und gesegnet mit einer ganz besonderen Beziehung zum Fernsehen.
[wmp] Es ist der 26. Dezember 1952. An diesem Zweiten Weihnachtstag bezwingt der Spielverein Hamborn 07 in der zweiten Runde des DFB-Pokals den FC St. Pauli auf dem Hamburger Heiligengeistfeld mit 4:3 nach Verlängerung. Das allein macht diesen Tag nicht zu einem denkwürdigen Datum. Vielmehr ist es die Entscheidung des Nordwestdeutschen Rundfunks (NWDR), dieses Spiel zu übertragen. Es ist das erste Fußballspiel überhaupt, das im deutschen Fernsehen live ausgestrahlt wird. Etwa viereinhalbtausend Menschen besitzen zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik einen Fernseher, rund viertausend Zuschauer verfolgen die spannende Partie im Stadion.
Gesponsert vom „Privatfernsehen“
Hamborn 07 und das Fernsehen: Mitte der 90er Jahre macht diese Verbindung den damals in die Landesliga abgerutschten Verein wieder über die Grenzen des Ruhrgebiets hinaus bekannt. Das ARD-Politmagazin „Privatfernsehen“ mit Moderator Friedrich Küppersbusch sponsert die Hamborner. In jeder Sendung gibt es einen fünfminütigen Bericht mit Hintergrundgeschichten und aktuellen Informationen über den Klub. Im Januar 1997 ermöglicht dieses Engagement eine Neuauflage des Spiels gegen den FC St. Pauli – übertragen im WDR-Fernsehen. Als Co-Kommentator berichtet der ehemalige Bundesliga-Profi und Trainer Horst Heese, einst Spieler in Hamborn. Auch Christoph Daum begann seine Spielerkarriere bei dem Duisburger Stadtteilverein.
Fahrstuhlmannschaft
„Hamborn 07“, erklärt Sporthistoriker Ralf Piorr, „spiegelt sehr schön die Geschichte des Ruhrgebiets wider: Es geht auf und ab.“ Die Geschichte des 1903 als Ballspiel-Club Hamborn gegründeten und vier Jahre später, nach der Fusion mit dem SV Marxloh, in SV Hamborn 07 umbenannten Vereins ist eng mit der Thyssen-Hütte verknüpft. 1954 wird das neu errichtete August-Thyssen-Stadion neue Heimstätte des Klubs. Im gleichen Jahr erhält er nach der Fusion mit den Sportfreunden Hamborn seinen jetzigen Namen Sportfreunde Hamborn 07. Doch auch diese Fusion kann nicht verhindern, dass die Hamborner nach mehreren Auf- und Abstiegen in den 50er und Anfang der 60er Jahre als Fahrstuhlmannschaft der Oberliga West gelten.
Löwen mit Adler im Wappen
Dass sich die Löwen auch in schwierigen Situationen zu helfen wussten, zeigt ein Blick auf die Oberliga-Saison 1949/50. Nach großem Verletzungspech fehlt den Hambornern ein Torhüter. Kein Problem: Die Handball-Abteilung hilft aus. Nationalkeeper Walter Schädlich stellt sich ins Fußballtor. Noch heute trägt die Mannschaft den Spitznamen „die Löwen“. Und das, obwohl ein schwarzer Adler auf gelbem Grund das Vereinswappen ziert. Der Spitzname ist ein Überbleibsel aus vergangenen Zeiten, als noch ein roter Löwe im alten Hamborner Wappen zu finden war. Die letzte sportliche Blütezeit bricht für die Löwen Mitte der 80er Jahre an. Nachdem sich der Klub von einem zwischenzeitlichen Absturz in die Niederungen der siebtklassigen Bezirksliga erholt hat, können die Sportfreunde in der damals drittklassigen Oberliga Derbys gegen Rot-Weiss Essen oder den Lokalrivalen MSV Duisburg austragen. Teilweise vor mehr als 10.000 Zuschauern. Mittlerweile kickt der Klub in der Verbandsliga Niederrhein, der fünfhöchsten Spielklasse.
(Jens Witte, WM-Portal Dortmund)
Fotos aus „Der Pott ist rund“. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Ralf Piorr. Lesen Sie zu diesem herausragenden Buch auch unsere Rezension zu Band 1 und Band 2.
Der Pott ist rund.
Das Lexikon des Revierfußballs
Band 1: Die Chronik 1945 bis 2005
Band 2: Die Vereine – 1945 bis 2005
Ralf Piorr (Hg.), Essen 2005 und 2006,
Klartext-Verlag, jeweils 29,95 Euro,
Band 1: ISBN 3-89861-358-5
Band 2: ISBN 3-89861-356-9