Feuerwerk in der Dortmunder Westfalenhalle, Dunkelheit und dichte Atmosphäre – eine Rocklegende tritt ab.
Nach dem Erscheinen ihres letzten Albums „Sting in the Tail“ machten sich die Scorpions im März auf den Weg zu ihrer großen Abschiedswelttournee, die bis 2012 andauern wird und etwa 200 Konzerte umfasst. Nun erreichten sie auch Dortmund und rockten die Westfalenhalle auf historische Weise.
[ruhr-guide] Schon am 24. Januar dieses Jahres stand es fest: Die Hardrock-Legende „Scorpions“ wird sich ein letztes Mal auf ihrer „Get Your Sting and Blackout Fare-Well“-Tour die Ehre geben, bevor sie endgültig von den großen Bühnen abtritt. Umso bedeutender und emotionaler sind die letzten Konzerte in Deutschland sowohl für die treuen Fans als auch für die Band selbst. Besonders die Anhänger aus dem Ruhrgebiet hatten das Glück, im Rahmen einiger Zusatzkonzerte aufgrund großer Nachfrage die Chance zu bekommen, das feierliche Ende einer 45-jährigen Bandgeschichte mitzuerleben. Am 27.11. rockten die Hannoveraner nun die gut gefüllte Westfalenhalle 1 – und das gute zweieinhalb Stunden lang. Eines war an diesem Abend nämlich klar: Niemand wollte so recht, dass er endete.
Bereits die Vorband „Edguy“ überzeugte mit lautem metallischen Sound, wobei die Stimme des Sängers Tobias Sammet ein wenig an Bruce Dickinson von Iron Maiden erinnerte.
Als dann Paweł Mąciwoda (Bass), Rudolf Schenker (Gitarre), Klaus Meine (Sänger), Matthias Jabs (Gitarre) und James Kottak (Schlagzeug) die Bühne betraten, war die Stimmung unter den Fans, die teilweise schon Stunden vor dem Konzert in der eisigen Kälte auf die besten Plätze geharrt hatten, gut vorgeheizt.
Auch Rockstars haben große Gefühle
Was dann folgte, war ein Feuerwerk aus Hardrock, Balladen, LED-Show und Pyrotechnik. Kracher wie „Tease Me Please Me“ und „Rock You Like a Hurricane“ brachten das Publikum zum Klatschen und Headbangen, während zum allbekannten „Wind of Change“ Bilder vom Mauerfall über die LED-Wände flackerten. Auch die bemerkenswerte Drumsolo-Einlage vom verrückten Kottak rief Erinnerungen wach. Während der etwa 15-minütigen One-Man-Show begleitete er die Discografie der Band, welche als Video über die Monitore lief. Sein Kommentar, als er sich schließlich durchnässt und mit wilder Frisur auf dem erhöhten Schlagzeug-Podest sein T-Shirt vom Leib reißt, fällt dementsprechend aus: „You kick ass!“, brüllt er der Menge zu und verteilt dabei reihenweise Drumsticks.
Die emotionale Geladenheit auf beiden Seiten war an diesem Abend unübersehbar. Als Klaus Meine die ins Publikum ragende Bühne betritt, um „The Best is Yet to Come“ anzustimmen, recken sich in der gesamten Halle Hände in die Luft. Das Licht erlischt und die Gitarren verstummen, als er das Mikrofon in Richtung der Fans hält und diese den Refrain überraschend laut tausendfach zurückgeben. Sichtlich berührt stimmt die Band die Zeilen wieder und wieder an; mehr Gefühl geht nicht.
Ein feierlicher Abgang
Gegen Ende folgt noch eine kleine Danksagung an die Fans und jahrelangen Helfer, deren Namen die Band von einem handgeschriebenen Zettel verlesen. Weit kommt sie damit jedoch nicht, da das Publikum den Dank mit hörbaren Standing Ovations sogleich zurückgibt.
Landesflaggen, Briefe und sogar ein Stofftier finden den Weg auf die Bühne, als die allerletzte Zugabe verklingt. Wer ein Pleck oder einen Drumstick fangen konnte, ist heute der glücklichste Mensch des Abends. Denn es sind Andenken an eine Band, die Geschichte geschrieben hat und es bald so nicht mehr geben wird – Fare Well, Scorpions!
(sarah bauer)
Bildquelle: Alexander Kursawe